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Bissgeschick um Mitternacht

Titel: Bissgeschick um Mitternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Gehm
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bleiben nur noch Sekunden. Macht mir alles nach«, sagte Ludo. Er warf einen letzten Blick auf die Bindau. Das Wasser kräuselte sich leicht und die silberne Gischt kündigte schon von den unaufhaltsam nahenden Wassermassen. Dann schloss Ludo die Augen. Er streckte die Arme mit den Handflächen nach oben zur Seite aus und wackelte mit den Fingern.
    Helene, Daka und Silvania blinzelten unter halb geschlossenen Augen zu Ludo und machten ihm alles nach.
    Ludo wippte in den Knien und blies die Backen auf. Es sah aus, als würde er Luft in seine Backen pumpen. Dann ließ er die ganze Luft mit einem Mal aus seinem Mund und machte dabei ein Geräusch wie ein Gewichtheber, der 200 Kilo stemmt. Jetzt stülpte Ludo die Lippen leicht nach außen und machte: »Auuuoooooo.«
    »Auuuooooo«, jaulten Helene, Daka und Silvania.
    Ludo streckte die Arme jetzt vor seinen Körper. Er drehte die Handflächen nach unten, dem Wasser zu. Abermals wackelte er mit den Fingern. Mit einer Stimme, die tief aus seinem Inneren kam, brummte er: »Huuujaaaatschaaa!«
    »Huuujaaaatschaaa!«, brummten Helene, Daka und Silvania.
    Ludo hob die Arme langsam über den Kopf und rief: »Oooolluuuummbaaaa!«
    »Oooolluuuummbaaaa!«, riefen Helene, Daka und Silvania, schielten zu Ludo, hoben die Arme über den Kopf und wackelten genau wie er mit den Fingern.
    Das Rauschen vom Fluss wurde immer lauter. Es klang, als würde ein ganzer Ozean auf die gusseiserne Brücke zurollen. Samt Haien, Walen und Containerschiffen.
    Silvania schielte zu Ludo. Er hatte die Augen geschlossen, streckte die Arme jetzt wieder seitlich aus, wackelte mit den Fingern und ging in die Knie. Er schien die Welt und die Gefahr um sich herum vergessen zu haben und wirkte so entspannt wie ein Frührentner beim Senioren-Yoga.
    Daka dagegen hatte Ludo einen Moment vergessen. Sie starrte auf die Bindau. Wie ein schwarz-silberner Teppich lag der Fluss unter ihnen. Doch am Horizont, kaum mehr als fünfzig Meter von ihnen entfernt, begann der Teppich sich zu wellen. Noch war es nur undeutlich zu erkennen, doch das immer lauter werdende Rauschen ließ keinen Zweifel: Etwas Gewaltiges kam auf sie zu.
    Drei Sekunden später riss Helene Mund und Augen auf, als sie die Flutwelle sah. Wie eine gigantische Wasserwand rollte sie auf der Bindau flussabwärts. Sie war höher als alle Bäume, Häuser und Masten. Sie war ein riesengroßes, fettes, schwarzes Ungetüm mit schäumenden Gischtzähnen, gefräßig und unaufhaltsam. »Die Flutwelle!«, schrie Helene.

Kampf auf
der Brücke
    H elene starrte die Flutwelle ein paar Sekunden lang an. Dann hatte sie genug gesehen. Sie wollte nur noch eins: So schnell wie möglich von der Brücke rennen.
    »Halt!«, rief Ludo. »Jeder bleibt auf seiner Position. Wir müssen die Wassermassen aufhalten. Wir müssen die Geister beschwören. Wir müssen!«
    Helene hielt inne. »Aber die Flutwelle ist jeden Moment hier. Sie wird alles hinwegspülen. Die Bäume, die Häuser, die Brücke, uns ...«
    »Nicht, wenn wir die Geister rechtzeitig beschwören«, beharrte Ludo. »Wir müssen es versuchen.«
    Daka, die schon von der Brücke abgehoben hatte, landete wieder.
    Silvania, die zwei seitliche Ausstellschritte Richtung Ufer gemacht hatte, machte zwei Schritte zurück auf die Brücke. »Na schön. Du hast in deiner Vision ja gesehen, dass wir es schaffen, richtig?«
    Ludo kratzte sich kurz hinter dem Ohr.
    »Ludo?« Silvania sah Ludo eindringlich an.
    Plötzlich krachte eine riesengroße Tanne um, nur wenige Meter von ihnen entfernt. Die Flutwelle hatte sie umgeworfen, als wäre sie ein Streichholz.
    »Schnell, versuchen wir es!«, rief Ludo. »Denkt dabei an irgendwelche Geister.« Er ging wieder in Position, die Arme an der Seite. »Auuuoooooo.«
    »Auuuoooooo«, jaulten Helene, Daka und Silvania. Doch keine von ihnen hatte die Augen wie Ludo geschlossen. Sie starrten voller Entsetzen auf die riesige, turmhohe Welle, die direkt auf sie zurollte.
    »Huuujaaaatschaaa!«, brummte Ludo.
    »Huuujaaaatschaaa!«, brummten Helene, Daka und Silvania mit belegten Stimmen.
    Silvania musste gar nicht mit den Fingern wackeln. Sie zitterten von ganz alleine. Mit rot geränderten Augen starrte sie auf die wild schäumende Gischt, die sie jeden Moment verschlingen würde.
    Daka, die am liebsten mit Regenschirm unter die Dusche stieg, musterte die gewaltige Wasserwand voller Abscheu. Wasser war widerlich. Es war nass, schmeckte nach Fischpups und war höchstens zum Feuerlöschen gut.
    Helene

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