Black CATS - Parrish, L: Black CATS
abgefahren. Aber als ich das hier gesehen hab, dachte ich, das ist doch genau das, wonach Sie suchen.«
»Ist es auch. Und ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie mich so schnell angerufen haben.«
Wie magisch angezogen von der Blüte, trat Wyatt an das Nachtschränkchen, immer noch sorgsam darauf bedacht, keine Leichenteile oder Schildchen mit Spurennummern zu berühren, von denen der Boden übersät war. Zum Glück war diese Blumensorte geruchlos – nicht wie die am Tatort in Virginia. Letztes Mal hatte der Täter eine Osterlilie hinterlassen, deren Duft Wyatt immer an Bestattungsunternehmen, Särge und Trauer erinnerte. Damals war das Zimmer bereits vom Geruch des Todes erfüllt gewesen, genau wie dieses hier. Die Blume hatte alles noch schlimmer gemacht.
Diese war immerhin erträglich. Sie war hübsch – die orangen Blütenblätter liefen zwar schon braun an und welkten an den Rändern, waren aber noch nicht abgefallen. Offensichtlich war sie geschnitten worden, als sie sich gerade zu öffnen begann – kurz bevor sie ihre ganze Pracht entfaltete.
Das Brüllen des Tigers, mit dem raschen Hieb einer Klinge vorzeitig beendet. Ein Sinnbild für das, was in diesem Zimmer vorgefallen war? Für den Grund all dessen?
Es gab noch vieles, was Wyatt über Todd Fuller in Erfahrung bringen musste. Er wollte herausfinden, ob im Ort hinter vorgehaltener Hand irgendwelche Gerüchte über ihn kursierten. Gerüchte, die sich hartnäckig hielten – trotz seines guten Rufs als hervorragender Zahnarzt, Familienvater und großzügiger Spender an Kinderhilfswerke. Wyatt musste sich ein Bild davon machen, wie die Beziehung zwischen ihm und seiner mädchenhaften Frau ausgesehen hatte. Und am dringendsten wollte er wissen, was genau Fuller hier getrieben hatte, so weit weg von zu Hause, in diesem schäbigen Hotel.
Sollte sich herausstellen, dass dieser Fall den letzten beiden ähnelte, vermutete Wyatt, dass sich die Antwort auf all diese Fragen auf der Festplatte des Mannes verbarg. Seine Browserchronik würde offenbaren, dass er geheime, perverse Websites besucht hatte, die einen eher sadistisch veranlagten Menschenschlag ansprachen. Sein E-Mail-Archiv würde den Schriftverkehr zwischen Mörder und Opfer enthalten. Und darin würde unzweifelhaft ein Kind zur Sprache kommen.
Ja, wenn Fuller den anderen Opfern glich, dann war er in dem Glauben zu diesem Hotel gefahren, dass er hier einen Vater mit seinem Sohn oder seiner Tochter vorfinden würde – bereit, ihn oder sie skrupellos auszubeuten.
»Und, was hat es damit auf sich? Ein Blumenhändler, der sich über die Rosenpreise zum Valentinstag aufregt und austickt?«
Wyatt zwang sich zu einem schwachen Lächeln. »Nicht ganz«, antwortete er, ohne sich zu dem Detective umzudrehen. Er musste dem Mann noch einige Fragen stellen, doch jetzt lag sein Augenmerk erst einmal auf dieser Lilie. Und auf dem einen Tropfen Blut, der daneben prangte, dunkel geronnen auf der billigen furnierten Tischplatte. War das Blut versehentlich von den behandschuhten Fingerspitzen des Mörders getropft, als er behutsam seine Visitenkarte abgelegt hatte?
Noch mehr Bildersprache. Die zarte Blume neben dem Symbol für Gewalt schlechthin – vergossenes Blut – als platte Anspielung auf die verdorbene Unschuld.
Kein Versehen. Der Tropfen war Absicht.
Einer der Spurensicherer sah kurz auf. »An so ’nem Ort finden wir Tausende von Fingerabdrücken.«
»Mit Sicherheit.«
Am Bettpfosten, auf dem Tisch. An der Tür, an den Wänden, auf der Fernbedienung für den Fernseher, auf dem Eiskübel. Und keiner davon wäre von Bedeutung.
Denn keiner würde mit einem der unzähligen Fingerabdrücke übereinstimmen, die in dem Hotelzimmer bei Trenton, New Jersey, oder in dem anderen in Dumfries, Virginia, gefunden worden waren. Sämtliche Abdrücke, und seien sie noch so verwischt oder unvollständig, würden von den zahllosen Reisenden stammen, die vor Tagen, Wochen oder Monaten hier übernachtet hatten.
Eine winzige Spur von Puder und ein kleiner Gummifetzen hatten den Ermittlern verraten, dass der Täter Einweghandschuhe benutzte, wie Ärzte sie verwendeten. Und falls er sie zwischendurch auszog, wischte er alles, was er angefasst hatte, gründlich ab. Die Badarmaturen waren blitzblank gewesen – die einzige Stelle, wo sich nicht einmal der Hauch eines Abdrucks gefunden hatte. Wyatt ging davon aus, dass der Täter den Wasserhahn mit bloßen Händen angefasst hatte, als er das Blut von seinem Werkzeug und von
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