Black Dagger 15 - Vampirseele
wahrscheinlich ganz gut werden.
Und Letzteres … er gab ihr circa zehn Minuten, denn sie hatte seinen Blick bereits auf sich gezogen. Und Mar arbeitete schnell – nicht nur am Empfang.
Auf der anderen Seite der Stadt, fernab von den Bars und Tattoostudios in der Trade Street, in einem Viertel mit Sandsteingebäuden und Kopfsteinpflastergassen, stand Xhex an einem Erkerfenster und blickte durch die alte, verzogene Scheibe nach draußen.
Sie war nackt und fror, und ihr Körper war mit blauen Flecken übersät.
Aber sie war nicht schwach.
Unten auf dem Gehsteig spazierte eine Menschenfrau mit einem kleinen Kläffer an der Leine und ihrem Handy am Ohr vorbei. Auf der anderen Straßenseite saßen die Bewohner der eleganten Altbauwohnungen gerade beim Abendessen, genehmigten sich einen Drink oder schmökerten in einem Buch. Autos strömten vorbei – die Fahrer fuhren langsam, sowohl aus Respekt vor den Nachbarn, als auch aus Sorge um die Federung ihres Wagens auf der unebenen Straße.
Die Menschen da draußen konnten sie weder sehen noch hören. Und das nicht nur, weil die Sinne dieser anderen Rasse im Vergleich zu jenen eines Vampirs stumpf und nur schwach ausgebildet waren.
Oder, wie in ihrem Fall, Halb- Symphathin und Halb-Vampirin.
Selbst wenn sie das Licht an der Decke eingeschaltet und geschrien hätte, bis ihr die Stimme versagte, oder mit den Armen gewedelt, bis sie ihr aus den Schultergelenken sprangen – die Männer und Frauen um sie herum würden sie nicht bemerken und einfach mit dem weitermachen, was sie gerade taten. Keine Menschenseele ahnte, dass sie in diesem Schlafzimmer gefangen gehalten wurde – quasi mitten unter ihnen. Und es war ihr auch nicht möglich, mit dem Nachttisch oder dem Sekretär das Fenster einzuschlagen, die Tür einzutreten oder durch den Lüftungsschacht im Bad davonzukriechen.
All das hatte sie nämlich bereits erfolglos versucht.
Die Unüberwindbarkeit ihrer unsichtbaren Gefängnismauern hatte die Kämpferin in ihr ziemlich beeindruckt. Denn es gab buchstäblich keinen Weg, die Barrieren zu umgehen, zu durchbrechen oder zu überwinden.
Xhex wandte sich vom Fenster ab und wanderte um das große Doppelbett mit seinen seidenen Laken und schrecklichen Erinnerungen vorbei … vorbei am marmornen Bad … und an der Tür, die zum Flur führte. So wie die Sache mit ihrem Entführer lief, benötigte sie eigentlich nicht noch mehr körperliche Ertüchtigung. Aber sie konnte einfach nicht still dasitzen, war voller Unruhe und Nervosität.
Sie hatte dieses unfreiwillige Spiel schon einmal gespielt. Daher wusste sie, dass der Verstand dazu neigte, nach längerer Zeit wie ein Kannibale über sich selbst herzufallen, wenn man ihm keine Nahrung gab.
Ihre bevorzugte Ablenkung waren Cocktails. Nachdem sie jahrelang in verschiedenen Clubs gearbeitet hatte, kannte sie unzählige Rezepte auswendig, und die ging sie nun eins nach dem anderen durch. Sie stellte sich genau vor, wie sie die verschiedenen Zutaten im Shaker oder im Rührglas mixte, den fertigen Cocktail in ein geeignetes Glas goss und ihn dann mit Eis und einer passenden Garnitur servierte.
Diese Barkeeper-Routine sorgte dafür, dass sie nicht verrückt wurde.
Bis jetzt hatte sie darauf gesetzt, dass ihr Kerkermeister einmal einen Fehler machen und sich ihr eine Gelegenheit zur Flucht bieten würde. Aber das war nicht geschehen, und langsam verlor sie die Hoffnung. Sie blickte in ein großes schwarzes Loch, das sie zu verschlingen drohte. Deshalb mixte sie in Gedanken weiterhin einen Cocktail nach dem anderen und suchte weiter nach einem Ausweg.
Die Erlebnisse der Vergangenheit halfen ihr nun auf seltsame Weise. Was auch immer hier mit ihr geschah, wie schlimm es auch werden würde, und wie sehr es sie auch körperlich schmerzte, es war nichts im Vergleich zu dem, was sie damals durchgestanden hatte.
Das hier war nur die zweite Liga.
Oder zumindest versuchte sie, sich das einzureden. Manchmal fühlte es sich schlimmer an.
Xhex setzte ihre Wanderung durch das Zimmer fort, vorbei an den zwei Erkerfenstern an der Vorderseite bis zum Sekretär und dann wieder um das Bett herum. Diesmal ging sie ins Bad. Dort gab es weder Rasierklingen noch Bürsten oder Kämme, nur ein paar leicht feuchte Handtücher und das eine oder andere Stück Seife.
Als Lash sie entführt hatte, und zwar mit Hilfe derselben Magie, die sie jetzt in dieser Zimmerflucht gefangen hielt, hatte er sie in diesen eleganten Unterschlupf gebracht, und die
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