Blackcollar
zwischen sie.
Dilettanten. Kanai verzog hinter seinem Glasfilter verächtlich das Gesicht. Im Nahkampf stellten die Nadeln der Splitterhandgranaten selbst für Flexarmor eine Gefahr dar; da die Verteidiger in schweren Schutzanzügen steckten, konnten ihnen die Wurfsterne und nunchaku der Angreifer kaum Schaden zufügen... und ihr eklatant übertriebenes Selbstbewusstsein würde allen dreien den Tod bringen. Der Mann mit der Handgranate machte sie scharf, holte zum Wurf aus - und Kanais winzige Kugel prallte gegen sein Handgelenk.
Infolge seines Schutzanzugs verletzte sie ihn natürlich nicht, aber der Schlag war kräftig genug, um ihm die Granate aus der Hand zu schlagen, sodass sie auf den Boden fiel.
Kanai sah nicht, wie sie explodierte: er wollte nicht einmal auf diese Entfernung das Risiko eingehen, dass die Splitter seine Schutzbrille trafen, und drückte das Gesicht ins Gras, bis der tödliche Hagel nicht mehr gegen die Bäume um ihn prasselte. Als er wieder aufblickte, lagen alle drei Verteidiger regungslos auf dem Boden. Daraufhin sah er zu dem zerbrochenen Fenster hinüber, durch das gerade der zweite Angreifer ins Haus verschwand.
Unterstützung im Innern signalisierte sein Pocher.
Er sprang auf und sprintete über den Rasen. Das Kettengeschütz auf dem Dach blieb stumm; offenbar war die Bedienungsmannschaft anderweitig beschäftigt. Während er lief, steckte Kanai die Schleuder in ihre Hülle, zog seinen nunchaku und stellte sich mental vom Kampf aus größerer Entfernung auf den Nahkampf um.
Doch der Kampf war, zumindest für den Augenblick, vorüber. In der Nähe des Fensters lagen vier Leichen auf dem Fußboden, ihre Waffen waren im ganzen Raum verstreut. Die vier Gesichter waren vertraut: Straßenläuse, der billigste und am leichtesten ersetzbare Teil von Regers Organisation. Sie wurden den Angreifern einzig dazu in den Weg gestellt, um deren Tempo zu verlangsamen... was bedeutete, dass die echten Soldaten irgendwo warteten.
Kanai ging gespannt und wachsam weiter.
Den echten Soldaten war es allerdings nicht besser ergangen als ihren dilettantischen Kameraden.
Kanai kam an drei weiteren Leichen vorbei, von denen zwei noch im Tod ihre Pistolen umklammert hielten. Alle drei hatten offensichtlich aus einer Deckung heraus gefeuert, und alle drei waren an lebenswichtigen Stellen von shuriken getroffen worden. Kanai wechselte den nunchaku in die linke Hand und zog zwei Wurfsterne heraus - für alle Fälle -, bevor er weiterging.
Der Korridor führte zu einem Zimmer; auf halbem Weg dorthin vernahm er Stimmen. Es war ein normales Gespräch, die Stimmen klangen ruhig und passten nicht zu dem Blutbad. Kanai erreichte das Zimmer und lugte hinein.
In den letzten Jahren hatte er das Bild, das sich ihm bot, unzählige Male gesehen. Zwei schwarz gekleidete Männer standen lässig ihrem Opfer, einem Mann in mittleren Jahren, gegenüber. Die fünf Leichen auf dem Teppich straften das friedliche Bild allerdings Lügen.
Die Angreifer waren immer die gleichen, auch die Leichen unterschieden sich nicht sehr voneinander; nur das Opfer war immer ein anderes.
Der da bettelt wenigstens nicht, dachte Kanai.
Manx Reger bettelte nicht. Er stand neben seinem Bett, hatte einen Schlafrock umgehängt und sprach im ruhigen Ton eines Mannes, der auf den Tod gefasst ist. »Ich gehe also zu weit«, sagte er gerade zu einem der beiden Männer. »Ist Ihnen vielleicht schon eingefallen, Bernhard, dass Sie zu weit gehen?«
»Ich halte mich an den Vertrag, Reger«, antwortete Bernhard kühl. »Nicht mehr und nicht weniger. Im Augenblick besteht meine Aufgabe darin, Ihnen mitzuteilen, dass Sie nach Ansicht unseres Kunden einen zu großen Teil des Schwarzmarktes in diesem Gebiet für sich beanspruchen.«
»Ihr Kunde? Ich nehme an, dass es sich um Sartan handelt. Schon wieder?«
Bernhard überhörte die Frage. »Ich habe es Ihnen also mitgeteilt und würde vorschlagen, dass Sie etwas unternehmen.« Seine Hand gab ein unmerkliches Zeichen, und die beiden Schwarzgekleideten begannen sich zurückzuziehen.
»Soll das heißen, dass das alles war?«, erkundigte sich Reger vorsichtig.
»Man hat mir aufgetragen, Ihren Ehrgeiz zu stutzen«, antwortete Bernhard ruhig, »und hat es mir überlassen, wie ich das tue. Wenn ich allerdings wiederkommen müsste, würden die Folgen nachhaltiger sein.«
»Aha. Mit anderen Worten, Sartan glaubt nicht, dass er jetzt schon einen regelrechten Krieg führen kann. Ich will ihm als Dank für seine Aufmerksamkeit einen
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