Blamage!
Badeshorts zu tragen, um ihre Geschlechtsteile zu verhüllen. Erst als erwachsene Männer tragen sie dann wieder enganliegende Badehosen. Doch in puncto Körpergefühl gibt es einen groÃen Unterschied zwischen den Geschlechtern: Umfragen haben gezeigt, dass bei männlichen Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 23 die Zufriedenheit mit dem eigenen körperlichen Erscheinungsbild mäÃig zunimmt, während diejenige der Mädchen markant abnimmt. In jedem Fall stellt die »Schamerziehung« für Eltern und andere erwachsene Bezugspersonen eine groÃe Herausforderung dar. Hier lässt sich viel falsch machen, mit erheblichen Langzeitfolgen. So sollten Erwachsene mit ihrem Schamverhalten vorbildlich handeln, das Peinlichkeitsempfinden der Jugendlichen und ihre Intimsphäre respektieren und keinesfalls Beschämung als Strafe einsetzen. Im Verhältnis zu den Kindern kommt es dabei auf die richtige Mischung aus Distanz und Nähe an.
Nicht nur auf der erotischen und körperlichen Ebene, auch sonst finden Jugendliche alles und jeden, vor allem die Eltern, höchst peinlich. Der amerikanische Bestsellerautor Jonathan Franzen berichtete von einem desaströsen Jugenderlebnis, als ihn seine Eltern nach Disneyland mitschleppten, obwohl er dafür eigentlich schon zu alt war. Schlimm genug war allein, dass sie ihn in eine grässliche Sonntagskluft steckten (»Ein Ensemble aus Bügelfalten-Shorts und Bing Crosbyâschem Sporthemd«), die ihm vor den anderen Teenagern peinlich war. SchlieÃlich endete der misslungene Familienausflug auf einem Kleinkindkarussell, auf dem alle Platz genommen hatten, und Jonathan sinnierte über seine Eltern: »Ich war ihr spätes, glückliches Kind gewesen, und jetzt wollte ich nichts sehnlicher, als von ihnen wegzukommen. Meine Mutter schien mir grauenhaft konformistisch und heillos besessen von Geld und der Wahrung des Scheins; mein Vater schien mir gegen jede Art von Spaà allergisch. Das, was sie wollten, wollte ich nicht. Ich schätzte nicht, was sie schätzten. Und wir fanden es alle gleich schade, dass wir auf dem Karussell fuhren, und wir waren alle gleich verlegen um eine Erklärung dessen, was mit uns geschehen war.« 15
Viele Kids wählen die demonstrative Coolness als Maskierung und versuchen so, die vielfältigen und einander widersprechenden Emotionen dieses Lebensalters zu bändigen. Den meisten Jugendlichen ist es auÃerordentlich unangenehm, wenn die Eltern mit anderen in ihrem Beisein über sie sprechen â wie schrecklich, wenn man neben der Mutter steht und die spricht mit dem Lehrer oder Nachbarn über einen in der dritten Person! Ãberaus nervig und deplatziert werden auch die Anekdoten über die eigene Kindheit empfunden, die Eltern und andere erwachsene Verwandte zum Horror der Heranwachsenden in geselliger Runde wieder und wieder auftischen. Gerade wenn sich Jugendliche von der Elterngeneration abgrenzen wollen, sich an den Regeln gleichaltriger Gruppen orientieren und einen eigenen ästhetischen und sprachlichen Code entwickeln, erscheinen ihnen Versuche der Eltern, durch besondere Jugendlichkeit und Kameradschaftlichkeit Nähe herzustellen, unerträglich peinlich: Die Mutter im Girlie-Look, der Vater, der Baggy Pants trägt und Hip-Hop-Slang bemüht. Doch auch wenn man Distanz wahrt, was man auch tut: In einem bestimmten Alter sind den Jugendlichen ihre Eltern immer peinlich, alles an ihnen ist peinlich: die Schuhe, die Kleidung, die persönlichen Macken, der Humor sowieso. Diese Phase ist notwendig, denn im Alter ab zehn Jahren verfeinern die Kinder ihre Beobachtungsgabe, entwickeln ihre Fähigkeit zur Empathie, zur Entschlüsselung kultureller Codes. Und viele verhalten sich auch noch im Erwachsenenalter reichlich pubertär, wenn es um das Verhältnis zu den Eltern geht. So wie der Künstler Julian Schnabel, der, aus der texanischen Provinz kommend, in New York berühmt wurde. Einmal kamen seine Eltern zu einer von Schnabels Vernissagen, auf der sich jede Menge arme Künstler und Bohemiens tummelten: »Und mittendrin tauchte meine Mutter in einem Nerzmantel auf [â¦]. Noch peinlicher wurde es aber, als mein Vater und mein Cousin mit meinen Freunden fortwährend über Geld redeten. SchlieÃlich habe ich beiden in einem ziemlich scharfen Ton gesagt, dass ich das für unangebracht halte, was meine Freunde allerdings nicht verstanden. Am Ende
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