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Bleakhouse

Bleakhouse

Titel: Bleakhouse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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aus: »Ach, du lieber Gott!« – wenn es nicht etwa gar die spaßhafte Judy ist, die zwar ganz stumm dasteht, als die Gäste sich erschrocken nach ihr umsehen, deren Lippen aber eben erst vor Hohn und Verachtung gezuckt haben.
    Mr. Bagnets Ernsthaftigkeit vertieft sich noch mehr.
    »Ich glaube, Sie fragten mich doch, Mr. George« – Großvater Smallweed, der die ganze Zeit über die Pfeife in der Hand gehalten hat, ist jetzt der Sprecher – »ich glaube, Sie fragten mich, was der Brief zu bedeuten habe?«
    »Nun ja, das wollte ich wissen«, entgegnet der Kavallerist sorglos. »Aber es liegt mir nicht so gar viel daran, wenn nur jetzt alles in Ordnung ist.«
    Mr. Smallweed tut, als ziele er nach dem Kopf des Kavalleristen, und zerschmettert die Pfeife dann plötzlich auf dem Boden in tausend Stücke.
    »Das hat er zu bedeuten, mein lieber Freund. Zerschmeißen will ich Sie. Ich will Sie vernichten. Zu Staub. Scheren Sie sich zum Teufel!«
    Die beiden Freunde springen auf und sehen einander an. Mr. Bagnets Ernsthaftigkeit hat jetzt ihren Höhepunkt erreicht.
    »Scheren Sie sich zum Teufel!« wiederholt der Alte. »Ich mag nichts mehr von Ihrem Pfeifenrauchen und Ihrem Schwadronieren hören. Was, Sie wollen ein freier unabhängiger Dragoner sein? Sie? Gehen Sie zu meinem Advokaten – Sie wissen, wo er wohnt, Sie sind schon einmal dort gewesen – und beweisen Sie jetzt Ihre Freiheit und Unabhängigkeit. Vielleicht, mein lieber Freund, haben Sie da noch eine Aussicht. Mach die Tür auf, Judy, und geleite diese Prahlhänse schön sanft hinaus. Ruf die Polizei, wenn sie nicht freiwillig gehen... Hinaus mit euch!«
    Er kreischt die letzten Worte so laut, daß Mr. Bagnet seinem Kameraden die Hände auf die Schultern legt und ihn, ehe er sich noch von seinem Staunen erholen kann, eilig hinausschiebt. Triumphierend wirft Judy die Haustür zu. Ganz verwirrt bleibt Mr. George eine Weile davor stehen und starrt den eisernen Klopfer an. Mr. Bagnet geht, das Urbild der Ernsthaftigkeit, vor dem kleinen Wohnstubenfenster auf und ab wie eine Schildwache und wirft jedes Mal einen Blick hinein, als ob er sich irgend etwas überlege.
    »Komm, Mat«, sagt endlich Mr. George, als er sich erholt hat. »Wir müssen es bei dem Advokaten versuchen. Nun, was sagst du zu diesem Schurken?«
    Mr. Bagnet bleibt stehen, wirft einen Abschiedsblick in die Wohnstube und brummt mit einem Kopfnicken, das denen drin gelten soll: »Wenn meine Alte hier gewesen wäre, hätte ich ihm meine Meinung gesagt.«
    Auf diese Art die Ursache seiner Nachdenklichkeit losgeworden, tritt er an des Kavalleristen Seite und marschiert mit ihm in gleichem Schritt, Schulter an Schulter, fort.
    Als sie sich in Lincoln's-Inn-Fields melden, ist Mr. Tulkinghorn beschäftigt und nicht zu sprechen. Er scheint durchaus nicht geneigt, sie vorzulassen. Und als sie eine volle Stunde gewartet haben und der Schreiber, als ihn die Klingel ruft, die Gelegenheit benützt, zu erwähnen, daß sie schon sehr lange draußen warteten, bringt er keine ermutigendere Botschaft zurück, als daß Mr. Tulkinghorn ihnen nichts zu sagen habe. Sie warten jedoch mit militärischer Ausdauer, und endlich schellt die Klingel, und der Klient, der so lange drin gewesen ist, tritt aus Mr. Tulkinghorns Zimmer.
    Der Klient ist eine hübsche alte Dame. Niemand anders als die Haushälterin von Chesney Wold, Mrs. Rouncewell. Sie verläßt das Sanktuarium mit einem hübschen altmodischen Knicks und macht leise die Tür zu. Sie wird hier mit einer gewissen Auszeichnung behandelt, und der Schreiber tritt hinter seinem Pult hervor, um sie durch das Vorzimmer zu geleiten. Die alte Dame dankt ihm für seine Aufmerksamkeit und bemerkt dabei die beiden wartenden Kameraden.
    »Ich bitte um Entschuldigung, Sir, aber sind diese Herren nicht vom Militär?«
    Da der Schreiber die beiden fragend ansieht und Mr. George, vertieft in einen Wandkalender über dem Kamin, sich nicht umsieht, antwortet Mr. Bagnet:
    »Ja, Maam. Gewesen.«
    »Hab mir's gleich gedacht. Auf den ersten Blick. Das Herz geht mir auf, wie ich Sie so sehe, meine Herren. Es geht mir immer so. Gott behüte Sie, Gentlemen. Sie werden es einer alten Frau nicht übelnehmen, aber ich hatte einmal einen Sohn, der unter die Soldaten gegangen ist, einen hübschen prächtigen Jungen und gutherzig in seiner kecken Weise, wenn auch so manche Leute ihn bei seiner armen Mutter herabsetzen wollten. Ich bitte Sie um Entschuldigung, wenn ich Sie gestört habe, Sir.

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