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Bleiernes Schweigen

Bleiernes Schweigen

Titel: Bleiernes Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ferruccio Pinotti , Patrick Fogli
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Morgenluft hinaus. Er nimmt sich eine Zigarette, zieht sie aus einem Päckchen, das den Tag nicht überleben wird. Er macht ein paar Schritte, genießt die ersten Züge und blickt sich um.
    Der Sonnenschein und die Ruhe sind genau das, was er braucht, um zu tun, was er tun muss.
    Er wählt die Nummer, hört eine Stimme vom Band, folgt den Anweisungen und drückt die erforderlichen Tasten. Schließlich ist jemand dran. Er bemerkt es nur, weil Stille das Warteschleifengedudel der letzten vierzig Sekunden ablöst.
    »Es wird zu den Akten gelegt. Heute oder morgen«, sagt er. Dann ist die Leitung tot. Die Nachricht folgt unmittelbar.
    Jeder Ahnungslose würde sie für das Angebot einer Telefongesellschaft halten. Doch einen solchen Tarif kann sich kein Anbieter der Welt leisten.
    Er raucht zu Ende. Denkt an die Strecke, die der Anruf zurückgelegt hat, an die Etappen seiner Stimme bis zu ihrem Bestimmungsort. Und an den Mann, der die Information erhalten hat. Ein Mann, den er noch nie gesehen hat und nie sehen wird. Und der für jemanden arbeitet, der nie erfahren wird, was geschehen ist.
    Ab einem gewissen Punkt zählen die Ergebnisse. Bei den Mitteln muss man häufig ein Auge zudrücken.
     
    »Eine interessante Sache.«
    Auf den Knien meines Vaters liegt ein Buch von Norman Mailer. Er spielt mit dem Umschlag, fährt mit den Fingern über den Titel, prüft die Dicke der Seiten, schlägt das Buch weit vor dem Lesezeichen auf und tut so, als läse er. In diesem Moment ist meine Gegenwart in diesem Raum vollkommen überflüssig.
    Er lebt in einer mit Büchern und Jazz vollgestopften Wohnung, in der nichts höher ist als einen Meter fünfzig. So kann er alles vom Rollstuhl aus erreichen.
    Er hat nie zu mir ziehen wollen, selbst als er ganz unvermutet Witwer geworden ist. Ich brauche meine Stille, pflegte er zu sagen. Und es war offensichtlich, dass er sich nach dem Tod meiner Mutter lebendig und nicht behindert fühlen wollte. Ich war dagegen, doch die Meinung zu ändern gehört nicht zu seinen Gewohnheiten. Mit der Zeit wurde mir klar, dass er recht hatte.
    Er rückt die Brille zurecht, klappt das Buch zu und legt es auf den Tisch.
    »Ich habe gehört, der Fall soll zu den Akten gelegt werden«, sagt er.
    »Papa, ich hab keine Lust auf Spielchen. Tu mir den Gefallen und sag mir, woran du wirklich denkst.«
    Er lächelt unmerklich.
    Wir streiten, seit ich zehn bin, und das um jeden Mist. Ein Klassiker zwischen Eltern und Kindern. Doch von den Wortgefechten von einst ist nur noch die Gewohnheit der Widerrede geblieben und der Drang, stets das letzte Wort zu haben.
    »Eine Vendetta wie viele. Vielleicht ein bisschen zu offensichtlich. Das sieht nach einer Inszenierung aus, findest du nicht?«
    Er rollt in die Küche. Winzige Bewegungen aus dem Handgelenk, die ihn geräuschlos von A nach B befördern. Ich bleibe im Wohnzimmer und warte. Das Klappen der Kühlschranktür, dann ein Schrank, etwas wird in ein Glas gegossen, er trinkt und kommt mit einer Wasserflasche auf den Knien in den Flur zurück.
    »Aber das ist nicht das, was du wissen willst, richtig?«
    »Du bist doch der brillante Journalist.«
    »In diesem Stuhl bin ich alles andere als ein Journalist, und brillant war noch nie besonders zutreffend. Aber ich bin dein Vater. Und ich kenne dich.«
    Ich setze mich auf dem Sofa zurecht.
    »Wenn ich wüsste, was ich wissen will, wäre ich nicht hier.«
    »Schmeichler.« Er fährt sich mit den Fingern durch das weiße, einen Tick zu lange Haar und nimmt einen Schluck aus der Flasche.
    »Sag mir, wie deine Geschichte endet.«
    Er sagt es wie nebenbei, als sei es ein x-beliebiger Satz, mit dem er das Gespräch wieder aufnimmt. Also erzähle ich ihm, was er nicht weiß.
    Und von Solara.
    Er wartet, bis ich fertig bin, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Daran erinnere ich mich nicht«, sagt er. Und die Pause, ehe e r antwortet, ist eine Spur zu lang.
    Er fixiert mich mit seinen blitzblauen Augen. Sie wirken abwesend, als suchten sie nach einem Moment, der ihm nicht ins Bewusstsein kommen will. Ein Zögern, das er mit einem langen Seufzer beendet. Er versucht zu lächeln, tut so, als sei nichts.
    »Hast du ihre Notizen noch?«
    Elenas Notizbücher, die enge Handschrift, die Kritzeleien an den Rändern, die Fragen, die auf den Seiten schwebten, die großen Fragezeichen, auf die sich ihre gesamte Arbeit stützte. Stell die richtigen Fragen, pflegte sie zu sagen. Es ist unwichtig, ob du die Antworten findest.
    »Die sind im

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