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Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Thompson
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abfeuert, um das Tier an der dafür vorgesehenen Stelle zu treffen.
    Wie auch immer, jedenfalls wurde sie schwanger und gebar. Kein Gewusel giftiger Nattern, wie man wohl hätte erwarten können, sondern einen außergewöhnlich gut aussehenden Jungen. Die Tatsache seiner nahezu makellosen Vollkommenheit wurde mir bei ihren Besuchen in meiner Wohnung – und faktisch lebten sie nach Carols Ankunft dort – ständig unter die Nase gerieben. Sie stellten nicht direkt widerwärtige Vergleiche an, doch was sie meinten, war nur zu deutlich. War es nicht sonderbar, dass manche Kinder so kräftig und schön waren und andere so kümmerlich und unscheinbar?
    Trotz alledem, und so komisch sich das anhören mag, ich mochte die kleine Ratte. In der Schule hatte ich keine Zeit für normale Freundschaften. Außerhalb der Schule besaß ich gar keine Freunde, da ich entweder lernen oder bei Mama sitzen musste. In den paar Jahren, in denen Itzop bei uns gewohnt hatte, war das anders gewesen. Aber Itzop machte Mama immer nervöser, und das natürlich zu Recht – also hatte er gehen müssen.
    Der kleine Hadley-Scheißer war also alles, was ich hatte, und man begnügt sich ja mit dem, was man hat. Ich tolerierte und beschäftigte ihn, bis er sich ein Tintenfass schnappte und dessen Inhalt absichtlich über meine Briefmarkensammlung goss. Ich verpasste ihm, was er schon seit Langem gebraucht hatte, eine ordentliche Tracht Prügel auf den hübschen kleinen Hintern.
    Warum auch nicht, zum Teufel? Ich selbst hatte schon für erheblich weniger Schlimmeres abgekriegt. Doch niemand, vor allem nicht die Hadleys, schien das ebenso zu sehen.
    Mrs. Hadley fiel in Ohnmacht, Mr. Hadley rannte wie wild umher, rief einen Arzt und einen Krankenwagen, drohte mit der Polizei und benahm sich auch ansonsten wie der Arsch, der er war. Der kleine Hadley schrie, ich hätte ihn gewürgt und mit einem Knüp pel verdroschen. Das war natürlich eine gottverdammte Lüge. Aber selbstverständlich glaubten sie ihm jedes Wort und mir kein einziges, was für mich verheerende Folgen hatte.
    Die Hadleys bestanden weiter darauf, ich hätte all das getan, was die kleine Ratte mir unterschob. Sie steigerten sich da sogar so weit hinein, dass sie irgendwann überzeugt waren, es selbst gesehen zu haben. Jedenfalls würde ihr kleiner Liebling, wie sie ständig betonten, niemals »Geschichten erfinden«. Nein, niemals!
    Die Lage besserte sich auch dann nicht, als sich der Bursche ein paar Monate später eine Erkältung zuzog und starb. Lungenentzündung, schlicht und einfach, ohne äußere Einwirkungen. Doch nach den Blicken zu urteilen, die die Hadleys mir zuwarfen, wusste ich, dass sie die Wahrheit nicht hören wollten. Nein. Sie waren sicher, das mein »versuchter Mord« an ihrem Sohn zumindest seinen Tod begünstigt hatte.
    Ihre Freundschaft mit Carol blieb ungebrochen; sie war wahrscheinlich eine der ganz wenigen Menschen, die nicht derart von ihrer Hässlichkeit entsetzt waren, dass sie schreiend davonliefen. Was mich anging, blieben sie jedoch so verbittert wie nur was. Ich hegte keinerlei solche Gefühle. Wie auch, gegenüber jemandem, der offenkundig viel zu verachtenswert war, um ihn auch nur anzupissen? Aber ich war ihnen noch etwas schuldig, und das sollten sie auch bekommen.
    Und Carol ebenfalls.
    Heute würde sie den ersten harten Schubser in die Richtung erhalten, die ich für sie vorgesehen hatte.
    Ich schloss die Tür zur Wohnung der Hadleys auf, winkte Carol hinein und behielt den Schlüssel, den sie von ihnen bekommen hatte, in der Hand. Als sie ein paar Schritte in die Wohnung getan hatte, rief ich ihr zu, ich müsse nur schnell in den Drugstore, und eilte davon, bevor sie noch protestieren konnte, sie würde doch gleich fertig sein.
    Ich blieb etwa eine Viertelstunde fort. So lange brauchte ich, um in den nächsten Laden zu gehen und mir einen Zweitschlüssel anfertigen zu lassen. Als ich zurückkam, fand ich Carol im Hausflur vor, wie sie ziemlich mürrisch mit dem Fuß aufstampfte. Also machte ich ein langes Gesicht und erklärte traurig, ich hätte gerade schreckliche Neuigkeiten im Radio gehört.
    »Ich war so geschockt, Mama Carol, ich wäre fast in Ohnmacht gefallen, wenn mir der Drogist nicht etwas Riechsalz gegeben hätte.«
    »Aber, du armer Schatz! Was …«
    »Ich hab es nicht genau mitgekriegt. Nur eine Kurzmeldung. Elf Tote bei einer Schießerei nach einem Würfelspiel.«
    »Wie entsetzlich!«, murmelte Carol.
    »Schließt du bitte wieder ab,

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