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Blinde Flecken: Schwarz ermittelt

Blinde Flecken: Schwarz ermittelt

Titel: Blinde Flecken: Schwarz ermittelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Probst
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kurz umblickte, ließ Burger gerade den Bügel los.
    Aber er schleuderte die Handgranate nicht unter die Demonstranten. Stattdessen hielt er sie mit beiden Händen umfasst.
    Zweihundert Meter, dachte Schwarz, mein Gott.
    Er schloss die Augen und hörte einen dumpfen Schlag.
    Jetzt die Splitter, dachte Schwarz, der brennende Schmerz und dann der Tod. Ich habe so viel Scheiße gebaut in neunundvierzig Jahren. Warum habe ich meine Zeit so verschwendet? Ich muss doch noch mal mit meiner Mutter reden und mit Monika und Luisa.
    Da hörte er Burgers Schrei. Er öffnete die Augen und sah das Entsetzen in dessen Blick. Burger starrte auf seine blutigen Fingerstümpfe. Er hielt sie von sich weg, als gehörten sie ihm nicht.
    Die Handgranate lag am Boden. Der Zünder war herausgerissen, aber sie war nicht explodiert.
    Es war totenstill.
    Burger bewegte verwirrt den Kopf hin und her, zweimal, dreimal, dann raste er los.
    Die Menschen wichen zurück, aber Schwarz rannte sofort hinterher. Er lief, so schnell er konnte, doch Burger war trotz seiner Verletzungen schneller. Bald hatte er ihn aus den Augen verloren und konnte sich nur noch an den Blutflecken auf dem Asphalt orientieren. Sie führten zu einem Fußweg. Wo wollte Burger hin?
    Der Weg mündete in eine weitläufige Grünfläche. Da sah Schwarz Burger wieder. Er hetzte gut hundert Meter entfernt unter Bäumen hindurch und dann über einen Fußballplatz zur anderen Seite der Anlage.
    Schwarz versuchte, den Abstand zu Burger zu verringern, aber er schaffte es einfach nicht und verfluchte seine schlechte Kondition. Im nächsten Moment begriff er, was Burger vorhatte.
    Der Zugang zum Bahndamm war durch einen hohen, zum Teil von Gebüsch verdeckten Maschendrahtzaun versperrt. Auf seiner panischen Flucht hatte Burger den Zaun nicht gesehen und rannte mit voller Wucht dagegen.
    Benommen blieb er am Boden liegen.
    Schwarz holte auf. Er sah, wie Burger sich, beim Versuch aufzustehen, auf seine verstümmelten Hände stützte, und hörte ihn verzweifelt brüllen.
    Dann war er wieder auf den Beinen. Er taumelte zu einem Loch im Zaun und zwängte sich stöhnend hindurch.
    Schwarz erreichte die Stelle nur Sekunden später. Burger hetzte den steilen Bahndamm hinauf. Dann verschwand er aus seinem Blick.
    Als Schwarz endlich keuchend am Gleisbett ankam, sah er nur noch, wie Tim Burger direkt auf den heranrollenden Güterzug zulief. Vom Führerstand kam ein hohes Pfeifen, aber Burger rannte weiter. Die Bremsen kreischten ohrenbetäubend, von den blockierenden Rädern stieg Qualm auf.
    Dann prallte Burgers Körper auf die Lok, und Schwarz schloss die Augen.

68.
    Es dauerte vier Wochen, bis Anton Schwarz zum ersten Mal wieder Lust auf seinen Stammtisch in der Bierhalle hatte. Er fuhr mit dem Fahrrad und ertappte sich dabei, dass er gedankenverloren eine Melodie summte. Die Töne verrutschten ihm leicht, was kein Wunder war, schließlich war er mit Egerländer Volksweisen, nicht mit Klesmer-Musik groß geworden.
    Nachmittags hatte er seine Mutter aus der Klinik abgeholt. Ihre Übungen konnte sie ab jetzt zu Hause machen, außerdem hatte sie endlich wieder zu sprechen begonnen. Zögerlich zwar, aber bei Hildegard Schwarz reichten wenige Wörter, um das Nötigste auszudrücken – und um ihren Kopf durchzusetzen.
    Beim Abschied hatte er seine Mutter bei den Händen genommen. »Es tut mir leid, Mama.«
    Sie hatte ihn verständnislos angesehen.
    »Mein Experiment mit der Klesmer-Musik. Es muss für dich wie Folter gewesen sein. Ich habe ja nicht geahnt, dass in Karlsbad kein Jiddisch gesprochen wurde.«
    Seine Mutter hatte ihn lange stumm angesehen. »Eli hat gered Jiddisch.«
    Eli, ihr Geliebter, hatte Jiddisch gesprochen! Schwarz fiel ein Stein vom Herzen. Es war also doch nicht seine Ahnungslosigkeit gewesen, die seiner Mutter die Tränen in die Augen getrieben hatte.
    »Eli, und alle anderen in Föhrenwald«, sagte sie.
     
    In der Bierhalle waren Buchrieser, Jankl, Stamm und Kolbinger bereits beim zweiten oder dritten Weißbier. Schwarz bestellte eine Halbe Dunkles, und die Akustik war miserabel wie immer.
    »Schon gehört, Anton?«, sagte Kolbinger, »von Medingen hat sich öffentlich entschuldigt.«
    »Für was? Für seine Partei?«
    »Dafür, dass er mit seinem Gutachten für Tim Burger so danebengelegen ist. Er zieht die Konsequenzen und tritt von seinem Amt als Gefängnispsychologe zurück.«
    »Um sich ganz der politischen Arbeit zu widmen«, sagte Jankl bitter.
    Kolbinger zuckte die

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