Blinder Einsatz
Gründe.«
»Und das drückt Ihre Stimmung? Gehen Sie weniger oder mehr aus als sonst?«
»Eher mehr.«
»Wie ich sehe, lieben Sie Herausforderungen und mögen Computerspiele. Hilft Ihnen das, Ihre Sorgen zu vergessen?«
»Ja, damit kann ich mich abreagieren, ich konzentriere mich dann ganz aufs Gewinnen.«
»Nehmen Sie gewöhnlich Medikamente, wenn Sie sich schlecht fühlen?«
»Das kommt darauf an. Manchmal, wenn ich es nicht aushalte.«
»Wie ich sehe, rauchen Sie nicht viel. Und nur, hm, Tabak?«
»Ja.«
»Sie haben noch nie etwas anderes geraucht?«
Lars verstummte wie ein Kind, das man beim Lügen ertappt hat.
»Es ist eine wichtige Information.«
»Nun ja, kam schon mal vor. Aber ich habe vor mehr als zwei Jahren damit aufgehört!«
»Haben Sie momentan eine Freundin?«
»Ja.«
Das war gelogen, doch Lars wollte nicht zugeben, dass er solo war. Blitzschnell überlegte er, dem Arzt, falls er nachhakte, Laura als seine Freundin zu verkaufen – ein Mädchen aus seinem Jahrgang, für das er eine Schwäche hatte. Der Arzt musterte ihn forschend, als wolle er ihn ganz durchschauen. Lars wurde unbehaglich zumute, aber er sagte sich, dass es sich schließlich um einen wichtigen Medikamententest handelte, für den man die Versuchspersonen sorgfältig auswählen musste.
»Haben Sie mit Ihrer Familie darüber gesprochen, dass Sie an den Tests teilnehmen wollen?«
»Nein.«
»Sie verstehen sicher, dass ich Sie um die allergrößte Diskretion bitten muss. Wir möchten ausschließen, dass gewisse Konkurrenten von unserer Forschungsarbeit profitieren. Es ist außerdem unerlässlich, dass Sie eine Klausel unterzeichnen, die uns von Schadenersatzforderungen freistellt, falls doch stärkere Nebenwirkungen auftreten sollten. Ich betone noch einmal, die Wahrscheinlichkeit dafür ist sehr gering. Im Übrigen ist es ein völlig unproblematischer Test, bei dem unangenehme Effekte nicht zu erwarten sind. Da können Sie ganz beruhigt sein.«
Lars wollte antworten, doch Dr. Neumann brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen. Er kramte in den Unterlagen auf seinem Schreibtisch und reichte ihm ein vierseitiges Dossier.
»Hier der Ablauf für den Test, den ich Ihnen vorschlage. Wir wollen ein Medikament namens Aspectil in einer neuen Darreichungsform auf den Markt bringen. Sie kennen es vielleicht, es ist ein Vitamin- und Aufbaupräparat für Sportler und Leute, die an Energiemangel leiden. Wir wollen es nun auch als Gelkapsel verkaufen. Doch dazu muss die chemische Wirkformel angepasst werden, und wir müssen gewährleisten, dass sich die Wirksamkeit nicht ändert.«
»Aspectil? Da habe ich neulich einen Werbespot gesehen, mit einem amerikanischen Basketballspieler.«
»Genau. Aspectil macht agil! «
»Auch für solche Medikamente werden Tests gemacht?«
»Selbstverständlich! Das Medikament an sich ist unbedenklich, aber wir müssen dennoch Vorsichtsmaßnahmen treffen, wenn wir die Zusammensetzung verändern. Manchmal sind wir selbst überrascht, welche Kettenreaktion es auslösen kann, wenn man nur eine Winzigkeit an der Wirkformel ändert. Der Test von Aspectil dauert insgesamt zwei Monate und ist in vier gleich lange Phasen unterteilt: jeweils drei Tage stationärer Aufenthalt und daran anschließend zwölf Tage, während derer Sie ganz normal zu Hause leben und das Mittel jeden Tag einnehmen. Sie müssen lediglich jeden Morgen Ihren Blutdruck messen und notieren, ob es Veränderungen in Ihrem Befinden gibt. Am Ende des ersten Monats machen wir ein Interview und einen kompletten Check-up, um die Wirkung auf Ihren Organismus zu prüfen – davon hängt das weitere Vorgehen ab. Es kommt vor allem darauf an, dass Sie uns alles mitteilen, was Ihnen ungewöhnlich erscheint, auch wenn Sie es für unwichtig halten.«
»Was verstehen Sie unter ›Veränderungen im Befinden‹?«
»Ihre Stimmung – ob Sie sich eher fröhlich oder bedrückt fühlen, ob es ihnen leichter fällt, sich Schwierigkeiten zu stellen, ob Sie mehr als sonst die Initiative ergreifen, ob es Ihnen besser gelingt, Hemmungen zu überwinden … dazu ist ein gewisses Maß an Selbstanalyse erforderlich. Trauen Sie sich das zu?«
»Ja. Eine Frage noch: Muss ich sonst etwas beachten, darf ich irgendetwas nicht essen oder so?«
»Nein, es besteht kein Zusammenhang zwischen der Ernährung und der Wirkung des Medikaments. Wichtig ist allerdings, dass Sie keine Drogen nehmen. Außerdem müssen Sie angeben, wie viele Zigaretten Sie am Tag geraucht
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