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Blinder Einsatz

Blinder Einsatz

Titel: Blinder Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Lafani , Gautier Renault
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PROLOG

    Boston
    Im Stadtpark, dem Boston Common, ließ sich nicht übersehen, dass der Herbst überraschend früh gekommen war. Der Wind wehte in heftigen Böen, und die Blätter färbten sich bereits rötlich braun, wie es für diese Jahreszeit in Neuengland typisch ist. Am Abend zuvor hatten die Boston Celtics die New York Knicks geschlagen. Die Celtics hatten in der vergangenen Saison die Meisterschaft errungen, und ganz Boston schwelgte noch in der Freude darüber, dass die Basketballmannschaft zu ihrer alten Form zurückgefunden hatte. Der Sport war Tagesgespräch in der heimlichen Hauptstadt Neuenglands, die nun endlich wieder mehr zu bieten hatte als nur eine exzellente Universität und ihre alteingesessenen, ehrwürdigen und schwerreichen Familien.
    Die wenigen Unerschrockenen, die trotz der nächtlich kühlen Temperaturen unterwegs waren, hatten es eilig. Einige wenige wagten sich trotz der späten Uhrzeit durch den Park, dessen Stille kaum durch den entfernten Verkehrslärm beeinträchtigt war.
    In der Nähe des nördlichen Parkeingangs befand sich ein See, der von Hecken vor dem Wind geschützt war. Auf einer Bank saßen dort drei junge Leute, denen die frostigen Temperaturen nichts auszumachen schienen. Man sah, wie weiße Atemwölkchen vor ihren Mündern aufstiegen. Schließlich hatten sie aber doch genug von der Kälte und verließen den Park.
    Nachdem sie sich voneinander verabschiedet hatten, ging einer von ihnen, ein etwa zwanzigjähriger junger Mann, die Tremont Street hinauf. Dort lag das Old State House, der ehemalige Sitz der britischen Kolonialregierung. Er drückte das Kinn in den Kragen seiner Jacke und blies in die Hände. In der Kälte kam ihm der Weg weiter vor als sonst. Seine Gesichtshaut spannte, und seine Augen tränten. Auch der Gedanke an sein Bett vermochte ihn nicht zu wärmen. Als er die State Street erreichte, bog er nach rechts ab und stand mit einem Mal einem Mann von imposanter Statur gegenüber, dessen Augen im Schatten einer Baseballkappe mit dem Logo der Celtics lagen.
    »Entschuldigen Sie, ich suche die Berklee School of Music.«
    »Die Berklee?«
    Komische Frage um diese Uhrzeit. Zumal die Schule am anderen Ende der Stadt lag.
    »Am schnellsten geht es durch den Park, dann rechts in die Boylston Street. Eine gute halbe Stunde, schätze ich. Das Gebäude liegt dann zu Ihrer Linken, es ist nicht zu übersehen.«
    »Danke.«
    Der junge Mann wollte seinen Weg fortsetzen, als er einen dumpfen Schlag auf seinem Schädel spürte und auf dem Bürgersteig zusammenbrach.
    Ein paar Stunden später
    Ron Alberts’ Schicht begann um Punkt 5 Uhr, und das seit nunmehr zweiunddreißig Jahren. Er liebte die Stille der State Street um diese Zeit. Leise vor sich hinpfeifend fegte er die Straßen. Er hatte noch keinen einzigen Tag gefehlt. Nicht dass ihm sein Job so großen Spaß machte, doch wenn er seine fröhlichen Kinder sah, wusste er, warum er ohne Murren jeden Morgen so früh aufstand. Seine Frau drängte ihn oft, sich einen bequemeren Job zu suchen. Doch er antwortete ihr stets:
    »Wenn es Gott gefallen hat, dass sein Sohn als Sühne für die Sünden der Menschheit klaglos das Kreuz nimmt, kann Ron für seine Familie auch klaglos seinen Besen nehmen.«
    Wie an jedem Morgen begann Ron seinen Dienst mit einem Gebet vor dem Old State House, auf dessen Balkon am 18. Juli 1776 die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten verlesen worden war. Das war für ihn ein Ritual, das ihm Vertrauen in seine eigene Zukunft und die seines Landes gab. Als er fertig war, öffnete er die Augen. Da war etwas, das ihn irritierte. Im morgendlichen Dunst erahnte man eine dunkle Masse auf dem Balkon. Erst dachte Ron, irgendjemand habe sich einen Scherz mit dem ehrwürdigen Denkmal erlaubt. Das wäre nicht das erste Mal. Er schickte sich an, die Straße zu überqueren, blieb aber mitten auf der Fahrbahn stehen. Die dunkle Masse, die zunächst kaum zu erkennen gewesen war, trat nun deutlicher hervor. Es handelte sich um den Körper eines Menschen, der kopfüber vom Balkon hing. Doch es war etwas anderes, das Ron wie versteinert verharren ließ. Etwas fehlte, und er brauchte ein paar Sekunden, bis es ihm klar wurde. Der Körper hatte keinen Kopf.
    Der lag auf dem Balkonsims, die leeren Augen auf etwas gerichtet, das Ron nicht gleich erkannte: eine lange Stange mit einer metallenen Spitze und einer breiten Klinge. Es war eine Hellebarde, wie sie die Kämpfer des Mittelalters verwendeten.
    Rolle,

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