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Blinder Hass

Titel: Blinder Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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Hochebene aus Quarzfels, die sich hundert Meter über die umgebende Landschaft erhob. Zu felsig, um dort Landwirtschaft zu betreiben, war der Hügel immer noch von unberührtem Präriegras bedeckt, das letzte ursprüngliche Gebiet im Stark County.
    Irgendwann in den sechziger Jahren, so hatte man Virgil erzählt, hatte Judd am Osthang des Hügels, der später größtenteils Nationalpark wurde, sein Haus gebaut. Nachdem seine Frau gestorben und sein Sohn ausgezogen war, wohnte Judd dort ganz allein.
    Er führte ein sehr reges Sexualleben, war vielleicht sogar ein richtiger Sexfreak. Es gab Gerüchte über Frauen aus der Gegend, die sich ein bisschen was nebenbei verdienten, Gerüchte über fremde Frauen aus großen Städten, die Rassen angehörten, die man normalerweise auf dem Land nicht antraf; Gerüchte von nächtlichen Orgien und Schreien im Dunkeln, Gerüchte von einem Dracula-Schloss mitten in der Prärie.
    Es waren die Gerüchte, die sich häufiger um einen reichen Mann rankten, der zurückgezogen lebte und gleichzeitig zutiefst verhasst war, dachte Virgil.
    Judd hatte als Anwalt für Zivilrecht begonnen und die großen Getreidehändler aus der Gegend bei Prozessen vertreten. Dann hatte er seine Aktivitäten auf den Handel mit Rohstoffen ausgedehnt sowie auf Immobilien- und Bankgeschäfte. Seine erste Million hatte er gemacht, noch bevor er dreißig war.
    Anfang der achtziger Jahre, als er längst reich und in einem Alter war, in dem die meisten Männer an Ruhestand gedacht hätten, hatte er den Anbau der Jerusalem-Artischocke propagiert. Das war eigentlich gar keine Artischocke, sondern eine Art Sonnenblume, und sie wurde verzweifelten Farmern als absolute Wunderpflanze angedreht: von ähnlichem Nährwert wie eine Kartoffel, eine Quelle für Äthanol, also Biobenzin, und - das Allerbeste - eine Pflanze, die wie Unkraut überall wuchs.
    Das mochte auch alles zutreffen, doch bei der Aktion Anfang der achtziger Jahre, die von Judd und einigen anderen propagiert worden war, hatte es sich im Grunde um ein ausgeklügeltes Schneeballsystem gehandelt, angekurbelt unter Verweis auf den Rohstoffmarkt. Farmer bauten Saatknollen an und verkauften sie an andere Farmer, die ebenfalls Saatknollen anbauten und an weitere Farmer verkauften, und irgendwann würde irgendwer irgendwo daraus Brennstoff machen.
    Bevor es zur Brennstoffherstellung kam, gingen ihnen jedoch die Farmer aus. Und es stellte sich heraus, dass Erdöl über fünfzig Dollar pro Barrel hätte kosten müssen, damit die Sprithersteller wenigstens ihre Kosten hätten decken können, und Anfang der achtziger Jahre kostete Öl nur halb so viel. Die Leute, die ihre Zukunft auf die Jerusalem-Artischocke gesetzt hatten, verloren ihr gesamtes Vermögen.
    Judd hingegen war reicher denn je.
     
    Aber verhasst.
    Sogar verhasst genug, um ermordet zu werden. Niemand wusste, wo das Geld von den Jerusalem-Artischocken geblieben war. Judd behauptete, es wäre alles für Lobbyarbeit draufgegangen, um in St. Paul und Washington Gesetze durchzubringen, für die vorbereitende Planung sowie die Entwürfe der Architekten zum Bau einer Äthanol-Fabrik und für die Rückzahlung von Darlehen. Die meisten Leute glaubten jedoch, dass es in Börsenspekulationen geflossen und dann irgendwo auf einem Bankkonto gelandet war, vermutlich unter einer Nummer statt unter einem Namen.
    Der damalige Sheriff von Stark County, ein Mann namens Russell Copes, war gewählt worden, weil er versprochen hatte, Judd ins Gefängnis zu bringen. Das hatte er jedoch nicht geschafft und war kurze Zeit darauf nach Montana gezogen. Der Generalstaatsanwalt hatte aufgrund der Beweise, die Copes zusammengetragen hatte, einen halbherzigen Versuch unternommen, gegen Judd vorzugehen, und es fand ein Prozess in St. Paul statt. Judd war von einer überforderten Jury freigesprochen worden und wieder in sein Haus auf dem Buffalo Ridge gezogen.
    Warum er dort blieb, war ein noch größeres Mysterium als die ganze Geschichte mit der Jerusalem-Artischocke.
    Stark County, dessen Bevölkerungszahl seit einem halben Jahrhundert stetig schrumpfte, war eine raue, windige Ecke der Great Plains, bitterkalt im Winter, heiß und trocken im Sommer, und es gab so gut wie nichts, was einem reichen Mann Zerstreuung bieten könnte.
    Und nun brannte seine Villa.
    Wahrscheinlich wusste jeder in der Stadt längst von dem Feuer. Trotz des durchziehenden Gewitters waren etwa fünfzig Seelen gekommen, um es sich anzusehen.
    Als Buffalo Ridge zum

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