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Blitz kehrt heim

Blitz kehrt heim

Titel: Blitz kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Farley
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leblos. Tief in seiner Brust steckte ein Dolch.
    Der Wind hatte sich inzwischen zum Sturm gesteigert und wirbelte dichte Wolken des staubfeinen Wüstensandes auf. Alle erkannten zugleich den zweifachen Ernst ihrer Lage. Sie waren führerlos! Und der Sturm wurde von Minute zu Minute heftiger! Die beiden Beduinen wechselten verstörte Blicke. Alec begriff, daß sie ebenfalls voller Furcht waren, vielleicht noch mehr wie er selbst und seine Kameraden, weil sie Beduinen waren und sich mit einem Ausgestoßenen eingelassen hatten. Der Erstochene hatte für sein Verbrechen nach dem gnadenlosen Gesetz der Wüste bezahlt, doch der Tod konnte ebensogut auf seine Begleiter warten, insbesondere auf die Beduinen. Jedenfalls hatten sie alle guten Grund, sich zu fürchten.
    Das Toben der Naturgewalten um sie herum wurde immer bedrohlicher. „Wir können uns jetzt nicht mit dem Toten befassen“, rief Volence, „wir müssen selber Schutz suchen!“ Sie konnten nur wenige Meter weit sehen, als sie zurück zu ihren Kamelen stolperten. Alec, Raj, Henry und Volence klammerten sich aneinander; die beiden Beduinen entschwanden im Sandstaub ihren Blicken. Als sie ihre Kamele, die sich wieder niedergelassen hatten, erreichten, schrie Raj, sie sollten sich hinter das nächste Tier kauern, um durch seinen Körper etwas Schutz zu haben. Die Köpfe verhüllten sie mit ihren Schals.
    So verharrten sie lange Zeit, während der Sturm pfeifend über sie wegbrauste und sie mit Sand bedeckte. Schließlich war die Sandschicht so dick, daß sie das Brüllen des Sturmes nicht mehr hörten.
    Das erste Zeichen, daß der Orkan nachgelassen hatte, erhielt Alec, als das Kamel seinen schweren Körper bewegte und Anstalten machte, sich zu erheben. Alec versuchte ebenfalls auf die Beine zu kommen; der Sand rann an ihm herab. Er riß den Schal vom Kopf und sah sich um. Der Himmel war blau und wolkenlos, die Sonne strahlte wie früher. Nur eine nach Norden abziehende dunkle Wolkenwand und das den Sand abschüttelnde Kamel neben ihm legten von dem vorübergezogenen Unwetter Zeugnis ab. Die drei Sandhügel an seiner Seite regten sich jetzt auch, und nacheinander tauchten Raj, Volence und Henry auf, emsig bemüht, den Sand wieder loszuwerden.
    Die beiden Beduinen und die andern Kamele waren nirgends zu erblicken.
    „Wo können sie bloß geblieben sein?“ fragte Volence beunruhigt.
    „Vielleicht im Sand begraben?“ vermutete Henry.
    „Nein“, sagte Raj. „Kamele lassen sich nicht vom Sand begraben. Die Beduinen sind weggeritten. Sie haben uns verlassen.“
    „Das ist doch nicht möglich!“ rief Volence. „Sie können uns doch in dieser gefährlichen Situation nicht einfach verlassen haben. Der Sand hat sie sicher irgendwo verschüttet. Schnell, laßt uns nachsuchen, ehe es zu spät ist!“
    Sie rannten alle zu der Stelle, an der sie die Beduinen zum letzten Mal gesehen hatten.
    Raj, der neben Alec lief, schüttelte den Kopf: „Herr Volence ist im Irrtum. Sie haben sich davongemacht, weil sie befürchteten, es könne sie dasselbe Schicksal treffen wie unsern Führer. Ihre Angst davor war größer als die vor dem Sandsturm. Sie sind geflohen und haben die Kamele und alle unsere Vorräte mitgenommen.“
    Tatsächlich blieb ihr Suchen ohne Erfolg, Raj hatte recht. Sie waren treulos verlassen worden. Nun standen sie da, ohne Nahrung, ohne Wasser, mit nur einem Kamel, wahrscheinlich dem sicheren Tode ausgeliefert.

Die Rettung

    Sie verharrten eine ganze Weile schweigend, weit und breit die einzigen Menschen. Das einzige ihnen übriggebliebene Kamel wartete, geduldig auf den Knien liegend, bis es geheißen wurde aufzustehen.
    „So. Und was wird nun?“ fragte schließlich Henry. „Laßt uns gemeinsam beraten!“ erwiderte Volence mit sehr ernster Stimme.
    „Hier ist ein halbvoller Wasserschlauch“, rief Alec, der umhergegangen war und im Sand gestochert hatte, „wenn wir sparsam damit umgehen, wird es uns ein Weilchen weiterhelfen.“
    „Nichts außerdem?“
    „Ich fürchte, nein“, antwortete Raj. „Unsern Proviant trugen ja die anderen Kamele.“ Er machte eine Pause, ehe er — zu Volence gewandt — fortfuhr: „Ich schlage vor, Sir, daß wir in südöstlicher Richtung weiterwandern, denn wir waren gestern nur noch drei Tagereisen vom Gebirge entfernt. Dort stoßen wir vielleicht auf Beduinen, die uns helfen können.“
    „Jawohl, Raj, dein Vorschlag ist gut. Etwas anderes können wir kaum tun, denn der Weg zurück ist zu weit“, meinte Volence.

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