Blitz kehrt heim
ab in der Hoffnung, endlich das Gebirge zu entdecken, dem sie entgegenstrebten. Es war nun bereits der fünfte Tag, und falls Raj sie wirklich in der richtigen Richtung geführt hatte, mußten die Berge doch endlich auftauchen. Doch die Nacht kam, und immer noch war nichts zu sehen wie Sand und Ebene.
Am nächsten Tag war es dasselbe, ebenso am folgenden. Ihre Füße schleppten sich schwer durch den Sand. Nur ein kleiner Rest Kamelfleisch war ihnen übriggeblieben, der letzte Tropfen Wasser getrunken. Alec schlug vor Schwäche hin; Raj half ihm aufstehen.
„Stütze dich eine Weile auf mich, leg deinen Arm um meine Schultern, Alec“, sagte er. „Wir dürfen nicht anhalten, wir müssen aufjeden Fall vorwärts zu kommen versuchen, sonst ist es aus.“
Etwas später fiel Volence in die Knie, ihm folgte Henry. Alec und Raj humpelten zu ihnen zurück, um ihnen aufzuhelfen; aber es gelang ihnen nicht; sie waren alle zu schwach. ,Das ist das Ende‘, dachte Alec, ,das Ende von allem. 4 Dann setzte sein Denken aus, er war zu erschöpft, um noch Sorge und Bedauern zu empfinden.
Als die Sonne sank, wehte eine kühle Brise, von Osten kommend, über die Wüste. Alec kehrte ihr sein Gesicht zu, denn die Kühle tat wohl. Nach einer Weile gelang es ihm, sich aufzurichten und seine Augen zu öffnen, die allmählich ihre durch die grelle Sonne verminderte Sehkraft zurückerlangten. Er spähte umher und entdeckte am Horizont einen dunklen, gezackten Schatten. Sein Herzschlag setzte aus... sollte das etwa... Er schloß die Augen und öffnete sie von neuem: der Schatten war geblieben! Er sah nach rechts — der Schatten setzte sich fort! Nach links ebenfalls! Hoffnung durchzuckte ihn — das konnte doch nur das ersehnte Gebirge sein! Vielleicht Rettung! Ihre Erlösung! Alec drehte sich zu dem neben ihm zusammengesunkenen Raj herum und berührte ihn an der Schulter. Mit vor Schwäche zitternder Hand deutete er nach Osten. Raj sah hin und erhob sich. Langsam erschien ein Lächeln auf seinem hageren Gesicht. Er kniete nieder und flüsterte erst Volence, dann Henry die gute Nachricht zu. „Das Gebirge!“ flüsterte er ihnen in die Ohren. „Dort drüben im Osten! Morgen werden wir es erreichen! Dort gibt es Wasser und auch Früchte und Wild.“
Die Kühle der Nacht umhüllte sie, und Rajs verheißungsvolles „morgen!“ gab ihnen neue Kraft.
Es war bereits hell, als Alec erwachte. Die anderen schliefen noch. Der neue Tag — sie mußten sich wieder zusammenreißen und weiterwandern — seine Gedanken stockten, denn plötzlich fiel ihm ein, was sie am Abend erblickt hatten: das Gebirge! Und jetzt war der ersehnte Morgen! Oder hatte er geträumt? Hatten sie wirklich die Berge im Osten stehen sehen, oder war es ein Trugbild gewesen? So schnell es seine Kräfte erlaubten, richtete er sich auf.
Obwohl es schon hell war, war die Sonne am östlichen Horizont noch nicht sichtbar, denn dort türmten sich wildgezackte Bergketten in die Luft! Also waren sie nicht in die Irre gelaufen, es war kein Traumbild ihrer übermüdeten Hirne gewesen! Vor ihnen lag das Gebirge, das erste Ziel ihrer Reise. Dort würden sie Wasser und Früchte finden. Sie waren gerettet! Ein Freudenschrei entfuhr seiner Brust und weckte die Gefährten.
Am späten Nachmittag erreichten sie die Ausläufer des Gebirges. Die Gewißheit der vor ihnen liegenden Erlösung hatte es ihnen ermöglicht, mit dem Rest ihrer Willenskraft ihre ermatteten Körper durch die letzten Meilen des brennenden Sandes zu schleppen. In kurzer Entfernung von dort, wo die Wüste aufhörte und ein spärlicher, sonnegedörrter Graswuchs begann, erblickten sie eine kleine Quelle, die einem Felsen entsprang.
Schwankend und stolpernd hasteten sie darauf zu und senkten ihren Kopf in das lebenspendende Wasser.
An dieser Stelle rasteten sie zwei Tage lang, da sie in der Nähe bald Datteln und andere Früchte fanden. Am zweiten Morgen ging Raj mit Alec auf die Jagd, und es gelang ihnen, eine junge Gazelle zu erlegen. Als sie das Fleisch gemeinsam verspeisten, kehrten ihre Kräfte rasch zurück.
„Jetzt will’s mir fast so scheinen“, sagte Henry vergnügt, „als ob ich für diese Art Leben geschaffen wäre! Wenn’s so weitergeht, kommen wir doch noch an unser Ziel.“
Auch Volence fühlte sich wieder kräftig genug, um weiterzuziehen. Und Raj und Alec, denen die Elastizität der Jugend half, waren so munter wie eh und je. Ein Umstand machte jedoch allen Sorge: sie hatten zwar das
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