Blond wie die Suende
Killian nicht mehr hier. Erst vor drei Tagen ist er eingetroffen. Ist das jetzt Zufall, oder was?”
„Unglaublich.” Cara konnte der Frau kaum erzählen, dass sie Killian von Washington, D.
C, hierher gefolgt war. „Er ist sicher gekommen, um seine Verwandten zu besuchen.”
„Killian hat keine Verwandten, abgesehen von Esther Matthews. Sie war für kurze Zeit seine Pflegemutter, aber sie ist schon vor ein paar Jahren gestorben. Killian ist zu Nick Santos’
und Maggie Smiths Hochzeit gekommen, die nächste Woche ge feiert wird.”
„Nick Santos?” Cara schaute von einem Detektivroman auf. „Doch nicht etwa der Nick Santos, der dreimal natio naler Meister im Motorradrennen war?”
„Genau der”, zwitscherte Tracy fröhlich. „Ist das nicht herrlich, dass eine bekannte Persönlichkeit wie Nick Santos hier in Wolf River wohnt?”
Und ob, dachte Cara, und legte den Krimi zu der Flasche Wasser und dem Schokoladenriegel aufs Laufband. Sie war bereits ein Fan von Nick Santos, seit ihr Bruder Gabe sie mit siebzehn zu einem der Rennen mitgenommen hatte.
Tracy tippte die Beträge ein. „Nick Santos und Lucas Blackhawk waren mehr oder weniger Killians Familie. Er war doch ein Findelkind und so. Wie ist das, möchten Sie noch ein paar getrocknete Aprikosen? Die haben wir heute im Sonderangebot, zwei Packungen ein Dollar.”
„Gut, ich nehme vier.” Sie würde alles tun, damit die Frau weiterredete. „Sie sagten, Killian sei ein Findelkind?”
„Ja. Es heißt, er wurde auf der Treppe vor der Kirche gefunden. Andererseits gab es eine Menge Geschichten über Killian Shawnessy, als er erst mal alt genug war, seinen Gürtel selbst zuzuschnallen.” Tracy lächelte vielsagend. „Wenn Sie wissen, was ich meine.”
Cara konnte sich gut vorstellen, worauf sie hinauswollte. „Er wohnt also bis zur Hochzeit bei Nick?”
„Ach was! Er hat sich in eines der Ferienhäuser von Harper Whitman oben am Silver Tree Lake einquartiert. Vor drei Tagen war er hier und hat sich Lebensmittel auf Vorrat gekauft.
Danach zu urteilen, bleibt er wohl länger.” Tracy blickte auf die Kasse. „Das macht zwölf Doller fünf Cent.”
Das Büro des Grundstücksmaklers und Ferienhausvermieters erwies sich für Cara ebenfalls als ausgezeichnete Informations
quelle. Beverly Patterson, die grauhaarige Leiterin,
informierte sie freundlicherweise, dass es oben am Silver Tree Lake noch weitere Häuser zu mieten gäbe.
„Ist dort schon was vermietet?” Cara warf Beverly einen, wie sie hoffte, ängstlichen Blick zu. „Ich möchte ja nicht neugierig erscheinen, bloß als Frau da oben so allein … Na ja, ich würde mich wohler fühlen, wenn ich wüsste, wer noch da ist.”
„Als Frau kann man nicht vorsichtig genug sein.” Beverly nickte verständnisvoll. „Aber machen Sie sich keine Sorgen, meine Liebe. Flitterwöchner haben gerade Haus Nummer sechs am anderen Ende des Sees gemietet, und Killian Shawnessy bewohnt Haus Nummer drei. Ich werde Ihnen Nummer vier geben, gleich neben ihm.”
„Killian?” Innerlich jubelte Cara, aber nach außen hin, gab sie sich furchtsam. „Kennen Sie ihn?”
„Du meine Güte!” erwiderte Beverly. „Jeder hier in Wolf River kennt Killian. Aber lassen Sie sich keine Geschichten über ihn erzählen. Er hat ein bisschen für Unruhe gesorgt, ehe er zur Armee ging, mehr nicht, und die Probleme, die er damals, vor zwanzig Jahren, wegen Hank Thompson hatte, hatte er nicht verdient. Manche Leute können einfach alte Streitigkeiten nicht vergessen. Killian Shawnessy ist ein netter Kerl. Wenn Sie irgendwelche Probleme da oben haben, wenden Sie sich an ihn.”
Cara wollte sich schon erkundigen, welche Schwierigkeiten er denn mit Hank Thompson gehabt hatte, als die Türglocke läutete. Zwei Männer in Anglerkleidung - der eine untersetzt, mit silbergrauem Haar, und der andere schlank, jünger und mit kurzem blondem Haar kamen herein.
„Ich komme sofort, meine Herren.” Beverly lächelte die Männer an, wandte sich an Cara und schob ihr einen Schlüssel zu. „Alle Ferienhäuser haben Telefon, meine Liebe. Wenn Sie etwas brauchen, rufen Sie einfach an.”
Wenig später bog Cara in die schmale Straße, die von der Hauptstraße zum Silver Tree Lake führte und sich durch einen dichten Wald von Hartriegelsträuchern und Tannen hinaufschlängelte. Nachdem sie ihre Einkäufe ausgepackt hatte, schlüpfte sie in ihren Overall und schnappte sich ihren Rucksack.
Eine Kleinigkeit, hatte sie gedacht, als
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