Blood Dragon 1: Drachennacht - Maeda, K: Blood Dragon 1: Drachennacht
Bild und ihr Amulett. Sie begann, in die Farbschichten hineinzuritzen, aber ein lautes Aufheulen ließ sie innehalten. Dracula hatte seine Zähne in Mirceas Hals gegraben und riss an dessen Kehle. Das Heulen wurde leiser. Mircea röchelte durch das Blut der Wunde hindurch.
„Mircea, nein!“ Elisa zitterte – der Drache hatte sie gehört, denn er hob mühsam den Kopf und blickte in ihre Richtung. Er nickte nur wieder und klammerte sich fester an seinen Bruder. Dessen Zähne gruben sich immer tiefer in die schuppige Haut und das Fleisch darunter – Elisa konnte förmlich sehen, wie das Leben aus ihrem Liebhaber wich.
Sie hatte keine Zeit mehr, um das Bild auf dem Gemälde zu vollenden. Es blieb ihr nur eine Möglichkeit: Das Amulett sank tief in die trockene Farbe, als sie damit über Draculas Augen fuhr. Es war ein tiefer, harter Schnitt. Kaum hatte sie das getan, folgte ein weiteres Aufheulen, aber diesmal war es Dracula. Sein Kopf zuckte panisch hin und her. Er brüllte und sank noch in der Luft in sich zusammen. Mit letzter Kraft umklammerte er Mircea, ehe seine Flügel aufhörten zu schlagen. Mircea versuchte, sich zu lösen, aber er war zu schwach. Hilflos in Draculas Klauen gefangen, riss sein Bruder ihn mit sich in die Tiefe, bis beide Elisas Blicken entschwunden waren.
Elisa wusste nicht, was als Nächstes geschah. Sie schrie und das Bild mit dem Amulett fiel ihr aus der Hand. Sie wollte hinterherspringen, sie wollte Mircea retten, aber große Hände hielten sie zurück. Hinter ihr hörte sie aufgeregte Stimmen, und ein Schemen sprang an ihr vorbei, entfaltete noch im Sturz mächtige Flügel, aber Elisa kümmerte es nicht. Sie wollte selbst hinterher, sie musste einfach!
Schließlich brachten sie sie fort. Fast schon mit Gewalt legten sie Elisa in ihr Bett und hielten sie daraufgedrückt, bis sie sich zumindest nicht mehr wehrte und aus dem Raum stürmen wollte. Elisa beruhigte sich nur langsam. Wie unter Schock lag sie da. Irgendwann ließen die anderen sie allein, nur Naruka blieb. Sie hielt Elisas Hand, aber es zählte nicht mehr. Sie hatte Dracula diesmal wirklich verraten, und als Preis ihren Liebsten Mircea verloren. Nichts war jetzt noch wichtig.
Irgendwann erhellte sich der Raum. Licht drang durch das Gitter. Elisa setzte sich auf, und sofort war Naruka bei ihr. „Geht es? Willst du etwas trinken?“
„Nein.“ Elisa fuhr sich über den Hals – ihre Kehle fühlte sich trocken an, aber sie wollte nicht darüber nachdenken. „Gibt es schon Neuigkeiten?“
„Nun, Neuigkeiten gibt es schon. Aber ich weiß nicht, ob du sie hören willst. “
„Sag sie mir – wisst ihr Genaueres von Mircea?“
„Karad und Darius haben die gesamte Schlucht abgesucht, aber sie haben keine Körper gefunden. Allerdings ist die Schlucht derart zerklüftet … sie könnten irgendwo in einer Spalte liegen.“
Elisa stand auf. Naruka wollte sie zurückhalten, aber Elisa schüttelte nur den Kopf und machte sich los. „Ich muss … ich brauche Ruhe. Bitte.“ Naruka ließ von ihr ab und ließ sie gehen. Elisa konnte in diesem Augenblick einfach keine Rücksicht auf die Gefühle der Freundin nehmen. Sie musste hier raus.
Fast blind fand sie den Weg die Treppe hinauf. Dort, auf dem Berggipfel, hatte sie das Gefühl, ein wenig freier atmen zu können. Auch wenn der Wind an ihr zerrte und sie ob der Kälte zitterte, ging sie nah an den Rand des Gipfels und schaute hinab. Vor ihr breitete sich die Dunkelheit der Schluchten und Täler zwischen den Berggipfeln aus. Die Sterne und der abnehmende Mond gaben nicht genug Licht, um alles zu beleuchten, und so schmolzen die Täler zu tiefen, grundlosen, schwarzen Seen. Und irgendwo dort …
Elisa fiel auf die Knie und schlang die Arme um sich. Sie wiegte sich vor und zurück, während die Tränen haltlos über ihre Wangen liefen. Sie hatte Dracula in den Tod geschickt und Mircea geopfert. Er selbst hatte es ihr angewiesen, aber es änderte nichts daran. Die Schuld drohte, Elisa zu erdrücken, und der Verlust zerriss ihr das Herz. Sie hatte Mircea gerade erst wiedergefunden – und nun musste sie damit leben, ihn wieder verloren zu haben. Kraftlos sank sie nach vorn, als sie etwas hörte, das wie das Rauschen ledriger Flügel klang. Hastig riss Elisa das verweinte Gesicht in die Höhe und lauschte, aber alles, was sie hörte, war der heulende Wind, der mit klammen Fingern an ihren Kleidern und Haaren riss.
Sie schloss die Augen, und plötzlich war es wieder da: das
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