Bloodlines - Mead, R: Bloodlines - Bloodlines
mich bewegt hatte, und ich bedauerte sofort, die Aufmerksamkeit auf mich und meine Kenntnisse der Moroi gelenkt zu haben. Dennoch blitzte vor meinem inneren Auge ein Bild von Jill Mastrano auf, hochgewachsen und so aufreizend schlank wie alle Moroi, mit großen, hellgrünen Augen, die immerzu nervös wirkten. Und sie hatte einen guten Grund dafür, nervös zu sein. Mit fünfzehn Jahren hatte Jill herausgefunden, dass sie Vasilisas uneheliche Schwester war, was sie zum einzigen weiteren Mitglied der königlichen Familie der Dragomirs machte. Auch sie hatte mit in dem Schlamassel gesteckt, in den ich mich in diesem Sommer hineinmanövriert hatte.
»Sie kennen ihre Gesetze«, fuhr Stanton fort, nachdem einen Moment lang verlegenes Schweigen geherrscht hatte. Ihr Tonfall vermittelte, was wir alle von den Gesetzen der Moroi hielten. Ein gewählter Monarch? Es ergab keinen Sinn, aber was konnte man sonst schon von solchen unnatürlichen Wesen wie Vampiren erwarten? »Und Vasilisa braucht ein Familienmitglied, um ihren Thron zu halten. Daher haben ihre Feinde beschlossen, ihre Familie loszuwerden, wenn sie die Königin selbst nicht loswerden können.«
Ein kalter Schauder überlief mich angesichts der unausgesprochenen Bedeutung dieser Worte, und wieder machte ich eine Bemerkung, ohne nachzudenken: »Ist Jill etwas zugestoßen?« Diesmal hatte ich zumindest einen Moment gewählt, in dem Horowitz gerade seine Nadel wieder auffüllte, so dass keine Gefahr bestand, die Tätowierung zu vermasseln.
Ich biss mir auf die Unterlippe, damit ich nicht noch etwas anderes sagte, und stellte mir den Tadel in den Augen meines Vaters vor. Sorge um einen Moroi zu zeigen, das war das Letzte, was ich angesichts meines ungewissen Status tun sollte. Ich hatte keine starke Bindung zu Jill, aber der Gedanke, dass jemand eine Fünfzehnjährige ermorden wollte – Zoe war im gleichen Alter – , erschreckte mich, ganz gleich, zu welcher Rasse sie gehörte.
»Das ist es, was unklar ist«, meinte Stanton. »Sie wurde überfallen, so viel wissen wir, aber wir können nicht feststellen, ob sie irgendwelche echten Verletzungen davongetragen hat. Wie dem auch sei, jetzt geht es ihr gut, aber der Anschlag hat sich bei Hof ereignet, was darauf schließen lässt, dass es einen hochrangigen Verräter gibt.«
Barnes schnaubte angewidert. »Was kann man schon erwarten? Es ist mir ein Rätsel, wie es ihrer lächerlichen Rasse gelingen konnte, überhaupt so lange zu überleben, ohne einander zu zerfleischen.«
Zustimmendes Gemurmel wurde laut. »Aber lächerlich oder nicht, wir können nicht zulassen, dass sie einen Bürgerkrieg führen«, sprach Stanton weiter. »Einige Moroi haben aus Protest etwas unternommen, und zwar genug, um damit die Aufmerksamkeit menschlicher Medien zu erregen. Das können wir nicht zulassen. Wir brauchen eine stabile Moroi-Regierung, und das bedeutet, dass wir die Sicherheit des Mädchens gewährleisten müssen. Vielleicht können sie einander nicht vertrauen, aber uns können sie schon vertrauen.«
Es hatte keinen Sinn, darauf hinzuweisen, dass die Moroi den Alchemisten nicht wirklich vertrauten. Aber da wir kein Interesse daran hatten, dass die Moroi-Monarchin oder ihre Familie umkam, nahm ich an, dass wir dadurch vertrauenswürdiger waren als manche anderen.
»Wir müssen das Mädchen verschwinden lassen«, warf Michaelson ein. »Zumindest bis die Moroi das Gesetz außer Kraft setzen können, das Vasilisas Regentschaft angreifbar macht. Es ist im Moment nicht ungefährlich, Jill Mastrano bei ihren Leuten zu verstecken, daher müssen wir sie unter Menschen verbergen.« Verachtung triefte aus seinen Worten. »Aber es ist von höchster Wichtigkeit, dass sie außerdem vor den Menschen verborgen bleibt. Unsere Rasse darf nicht wissen, dass ihre existiert.«
»Nach einer Beratung mit den Wächtern haben wir uns für einen Ort entschieden, den wir alle für sicher halten – sowohl vor Moroi als auch vor Strigoi«, erklärte Stanton. »Um jedoch zu gewährleisten, dass sie – und jene, die bei ihr sind – unentdeckt bleiben, brauchen wir Alchemisten, die sich einzig um ihre Bedürfnisse kümmern, sollten Komplikationen eintreten.«
Mein Vater lachte spöttisch. »Das ist eine Verschwendung unserer Ressourcen, ganz zu schweigen davon, dass es für die Person, die bei ihr bleiben muss, unerträglich ist.«
Ich hatte in Hinsicht auf das Kommende ein schlechtes Gefühl.
»An diesem Punkt kommt Sydney ins Spiel«, erwiderte
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