Bloodman
Hausers Schulter zur weit offenstehenden Tür des Schlafzimmers, das von Halogenscheinwerfern grellweià erleuchtet war. Er zügelte seine Neugier, denn er musste Hauser eine neue Public-Relations-Strategie nahebringen. »Was haben Sie mit den Medien vor?«, fragte er ohne Einleitung.
Hauser schüttelte den Kopf. »Keine Medien.«
»Die Hälfte aller Aufnahmeteams des Landes befindet sich in fünfzig Meilen Umkreis. Die offizielle Politik des FBI lautet, mit den Medien zusammenzuarbeiten. Bauen Sie eine gute Beziehung zu ihnen auf, und Sie werden überrascht sein, dass die Berichterstattung eher Vorteile als Nachteile bringt.«
Hauser zog seine Latexhandschuhe aus und massierte sich die Augen mit Daumen und Zeigefinger. »Ich habe mit derartigen Dingen nicht viel Erfahrung.«
Jake hielt dem Sheriff einen dreiÃigsekündigen Vortrag, wie ein effektiver Plan zum Umgang mit den Medien aussah und bei den Ermittlungen ein nützliches Werkzeug sein konnte. Er schlug Hauser selbst als Pressesprecher vor â er dachte, dass sich der Mann vor der Kamera ganz gut machen würde. Nach diesem schnellen Vortrag und dem Versprechen, bei der Umsetzung des Plans zu helfen, deutete er auf das leuchtende Rechteck der Schlafzimmertür und entschuldigte sich.
Er schlüpfte an Hauser vorbei und schob zwei der Leute des Sheriffs zur Seite. Niemand protestierte oder erhob Einwände, wenn Jake an einem Tatort war â etwas an seiner Ausstrahlung sagte den Menschen, dass man ihm besser aus dem Weg ging.
Er sah sie auf dem Boden liegen, und sein Gehirn tat das, was es immer machte, während seine eingebaute Software automatisch Details sammelte und sie mit der riesigen Datenbank in seiner geistigen Stahlkammer abglich. Jedes Geräusch im Raum verstummte. Die Leute, die sich in seinem Rücken bewegt hatten, verschwanden. Und dann gab es nur noch das grausame Licht der Wahrheit, in dem die Halogenlampen die Toten zeichneten. Reglos blieb er ein paar Sekunden lang auf der Schwelle stehen, aber es hätten ebenso Minuten oder Stunden oder Tage sein können, während er in einem mentalen Datendownload ein Inventar von allem anlegte, was er sah.
Augenblicklich â schneller noch, wenn das überhaupt möglich war â wusste er Bescheid. Wusste es . Mit einer Gewissheit, die ebenso unerklärlich war wie seine Fähigkeit.
Jetzt verstand er das Flüstern im Hinterkopf, das er bei seinem Eintreten nicht ganz hatte deuten können. Es war der Duft der Vertrautheit. Er kannte diese Arbeit. Er war es.
Er.
Jake rührte sich nicht, während die Szene in seinem Schädel herumsummte. Er wusste, was geschehen war. Wie es geschehen war. Wie lange es gedauert hatte.
Die Welt löste sich auf â war ganz einfach verschwunden â, und es existierte kein Laut mehr auÃer dem Heulen des Kindes. Dem Schreien der Frau auf dem Boden. Ein kurzes Knacken wie der Biss in einen Stängel Sellerie, als ihre Rippen unter einem FuÃtritt brachen. Er hörte es krachen, als ihr Kiefer unter einem Schlag mit dem Heft des Jagdmessers zersplitterte, das dazu benutzt werden würde, sie zu häuten. Ihr Kreischen übertönte das Geräusch, mit dem sich die Haut von ihrem Körper löste. Und Jake gurgelte inständige Gebete, dass es endlich aufhörte. Dass der Tod sie erlöste.
Und dann, so schnell, wie es gekommen war, verschwand das Bild wieder. Er stand auf der Türschwelle, und eine Stimme links hinter ihm riss einen Witz. Jemand lachte. Jake wurde aus seiner Arbeit gerissen, aus sich selbst heraus, und er wandte sich um.
Ein ersterbendes Lächeln hing noch auf den Lippen eines groÃen Polizisten mit kahlrasiertem Schädel.
Jake musste sich zwingen, nicht zu brüllen, aber er sorgte dafür, dass jeder im Haus ihn verstand. »Sieht das für Sie in irgendeiner Weise komisch aus, Arschloch?«
Der Polizist, auf dessen Namensschild Scopes stand, richtete den Blick auf Jake. Seine Miene war halb abweisend, halb betreten.
»Wissen Sie, was hier geschehen ist?« Jake wartete, und jeder Laut im Haus verstummte. Alle erstarrten mitten in der Bewegung.
»Eine Frau wurde bei lebendigem Leib gehäutet. Sie wurde überwältigt und gezwungen zuzusehen, wie ein kleiner Junge verstümmelt wurde, während das Kind mit seinem Kreischen wahrscheinlich die Schallmauer durchbrach. Und es verblutete, bevor sein Mörder mit ihm fertig
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