Bloodseal: Flucht ins Ungewisse (German Edition)
echt ziemlich dumm, wenn sie sich selbst abknallen würde.
„Versteck dich“, wies ich an, hielt Lora das Gewehr hin. „Und komm nur raus, wenn du wirklich keine andere Möglichkeit mehr siehst! Bleib am Boden, geduckt! Verwende die Waffe nur als … Schlagstock oder so.“
Sie schluckte. „Ich hab noch nie eine Waffe … Außerdem will ich helfen !“ Sie schüttelte den Kopf. „Warum kennst du dich überhaupt mit so was aus?“
„Du musst ja auch nicht schießen, auch wenn ich überzeugt bin, dass du besser treffen würdest als ich.“ So wie du in diesen ganzen Shoot-Games den Highscore hältst …
„Wie kommst du darauf?“, fragte sie.
Aber ich kam zu keiner Antwort, als unsere Stimmen und das große Lagerfeuer hinter uns erneut von einem Luft durchschneidenden Lärm übertönt wurden.
Lorianna Ambers:
„Und was wollen die nun wieder von mir?“
Matt riss mich zur Seite, als es wieder knallte. Meine Knie schlugen hart auf. Etwas Eisigkaltes streifte meine ohnehin schon demolierte Wange. Ich schrie mehr vor Schreck als vor Schmerz auf, musste wehrlos zulassen, dass Matt mein Gesicht in den Schlamm presste. Ich schmeckte Dinge, die ich nicht einmal benennen wollte.
Als die Hand an meinem Hinterkopf verschwand, riss ich den Kopf hoch und japste nach rauchiger Luft.
Matt hockte neben mir, sein Blick zum Wald gerichtet. Er duckte sich etwas weiter zu mir herab, ließ die Augen jedoch nicht von den stillen Büschen und Bäumen.
„Bleib unten, versuch bis zu den Büschen zu kommen und versteck dich dort, ich werd sie von dir ablenken, so gut es geht“, flüsterte er, strich mit einer Hand über sein verletztes Bein. „Wenn ich nicht mehr zurückkomm und keiner mehr auf dich schießt, ruf Nick an!“
Er will sie ablenken? Ist sein Hirn irgendwie am Schmelzen oder so?
Ich packte seinen Unterarm. Eine Woge voll Wärme füllte jede Faser meines Körpers aus. Ich schluckte schwer. In der anderen Hand hielt ich die Waffe, dessen Material sich gefährlich kalt in meine Handfläche krallte. „Du spielst sicher nicht den Köder!“, zischte ich. „Das … das will ich nicht!“
Matt sah mich kurz schweigend an. In einer strengen Geste riss er sich aus meinem Griff los. „Es spielt keine Rolle, was du willst oder nicht. Ich rette dir dein verdammtes Leben, verstanden?“
Nach diesen Worten warf er noch einen Blick zu der Wand aus Bäumen und Nebel und rannte schließlich ein Stück den Waldrand entlang, bevor er über das Gestrüpp hechtete und verschwand.
Dieser Idiot! Blutet sich das Bein aus und läuft trotzdem einfach los …
Ich lag immer noch am Boden. Meine Kleidung hatte sich mittlerweile mit Nässe und Kälte vollgesogen. Wie mein Schädel mit Leere. Wenige Atemzüge lang rührte ich mich nicht.
Der beißende Schmerz in meiner Wange kam von einer offenen Wunde. Eine Kugel musste mich vorhin gestreift haben. Warm lief das Blut bis zu meinem Kinn und wurde von meinem Wollschal aufgesogen. Außerdem schmerzten wieder mal alle Knochen, die ich besaß oder die anscheinend in den letzten Minuten neu gewachsen waren. Wäre ich doch einfach in Nicks Waggon geblieben … Wann lerne ich eigentlich mal dazu?
Matts Motorrad war von lodernden Flammen eingehüllt, verströmte erstickende Hitze und stinkende Luft. Die haben Waffen , dachte ich. Erst jetzt begriff ich die Tragweite dieser erschreckenden Tatsache. Richtige Waffen, die mich zum Jordan schicken können.
Ich hielt den Atem an, als ich aufsprang und in geduckter Haltung zum ersten Baum torkelte, von dem ich dachte, der Stamm sei breit genug, um mich vollständig zu verdecken. Brüchiges Geäst mit vereinzelten Blättern bildete eine Art Kranz um den unteren Teil des Baumes.
Die Rinde des Stammes hakte sich trotz Jacke in meinen Rücken, als ich mich an ihn drückte. Das Gewehr (eine Waffe, die ich schon um die hundertmal in irgendwelchen Games gesehen hatte) hatte ich fest in beiden Händen. Bereit es jedem über den Schädel zu ziehen, wenn er mir zu nahe kommen sollte.
Dann hörte ich sie plötzlich, wie aus dem Nichts. Durch das Feuergeknister waren sie nur schwer zu erkennen, aber sie waren eindeutig da. Schwere Schritte. Äste gaben unter den Gewichten nach. Vielleicht waren es drei, vielleicht aber auch acht Menschen, die irgendwo hinter mir im Dickicht herumschlichen. Matts geschärfte Sinne mussten in vielerlei Hinsicht praktisch sein. Ich kam mir gerade ziemlich ausgeliefert vor. Herumschlagen, kratzen, beißen, spucken zitierte
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