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Bloss kein Kind

Bloss kein Kind

Titel: Bloss kein Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Lotter
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Kinder gekriegt haben? Das war für mich unbegreiflich, dass die das hat fünf Mal über sich ergehen lassen, dabei scheinbar nie irgendwelche Probleme gehabt hat und auch nie groß Federlesens gemacht hat um diese Sache.
     
    Als ich dann Andreas kennen lernte, hat sich meine vehemente Ablehnung ein bisschen gewandelt. Weil er extrem kinderlieb war. Mit seinen eigenen und meinen Nichten und Neffen ist er in einer Weise umgegangen, da hätte man sich nichts anderes vorstellen können, als mit ihm mindestens drei Kinder zu kriegen, weil er einfach ein liebevoller Vater gewesen wäre mit allem, was dazu gehört. In der Schlussphase unserer Beziehung haben wir in Dresden eine gemeinsame Wohnung angeschaut und da habe ich gesagt: und hier könnte das Kinderzimmer sein. Dabei stand ich gleichzeitig so neben mir und habe mich gefragt: was erzählst du denn jetzt hier? Das war eine der wenigen Phasen, wo ich - und sei es auch nur rhetorisch - dieses Wort “Kind” in den Mund genommen habe.
     
    Paul habe ich mit 24 kennen gelernt, und da hat sich das Ganze, wie ich damals fand, auf eine wunderbare Weise gelöst, weil Paul sterilisiert war. Das war für mich eine riesige Erleichterung, auch, weil ich mich um Empfängnisverhütung nicht mehr kümmern musste. Dadurch war das alles jahrelang für mich kein Thema mehr.
     
    Bis zu dem Zeitpunkt, wo meine älteste Schwester Petra dann, nach jahrelangem Kampf, endlich schwanger wurde. Diese Schwangerschaft habe ich sehr nah miterlebt, weil wir im selben Haus wohnten. Ich habe mich zwar sehr für meine Schwester gefreut, aber es gab nur ganz wenige Momente, wo ich das Gefühl hatte: ach, das möchte ich jetzt auch gerne, oder auch, bedauernd: das werde ich nie haben. Ich habe nur gedacht: das ist ja ganz schön, dass du jetzt ein Kind in deiner Nähe hast und Tanten- oder Muttergefühle ausleben kannst.
     
    Das Erlebnis, bei Franks Geburt dabeizusein, war nicht mit dem zu vergleichen, was ich damals während meiner Ausbildung erlebt hatte. Ich war zwar aufgeregt, aber nicht wegen mir, sondern nur, weil ich mich gefragt habe: werde ich Petra eine Hilfe sein können, wird alles gut gehen? Die Geburt selbst habe ich als etwas ganz Positives empfunden. Zum Einen, weil ich ja zu meiner Schwester im Gegensatz zu der Frau damals, ein gefühlsmäßiges Verhältnis habe, zum Anderen, weil ich auch damit beschäftigt war, mich auf Petra zu konzentrieren, um ihr eine Hilfe sein zu können. Außerdem war es eine wirklich schöne Geburt. Es gab keine Komplikationen, es gab keine angstbesetzten Situationen, es ging schnell. Und da hatte ich das erste Mal wirklich das Gefühl: das ist ein Wunder, wie der kleine Frank da rausgeflutscht kam, und plötzlich war er da und es war ein neues Leben geboren.
     
    Trotzdem hatte ich in den Jahren, in denen ich ihn aufwachsen sah, nie anhaltend das Gefühl: das will ich jetzt auch!
     
    Im selben Moment, in dem ich Paul gesagt habe, dass ich mich von ihm trennen werde, dachte ich: ja, und jetzt kannst du auch ein Kind bekommen. Und das hat mich selber so überrascht, dieser Gedanke, dass ich mich gefragt habe: was ist das denn jetzt? Das kam mir so ein bisschen fremdbestimmt vor und ich habe überlegt: ist das etwas, was jetzt hochkommt, was du ewig unterm Deckel gehalten hast und was sich jetzt Platz schafft oder ist es einfach so, dass du weißt, du hast die Möglichkeit, mit einem anderen Mann diesen Gedanken jetzt einfach zuzulassen? Ich konnte es nicht so richtig einordnen.
     
    Zu diesem Zeitpunkt kannte ich Günther schon und hatte mit ihm viele Gespräche darüber. Er hat ja zwei Kinder, die waren damals 10 und 14 Jahre, er selbst Anfang 40, so dass das noch eine realistische Möglichkeit gewesen wäre. Als er mich fragte, sagte ich ihm, dass ich für mich beschlossen hätte, dass ich keine Kinder wolle. Ich erinnere mich genau. Wir lagen in der Platanenallee unten am Neckar, es war ein unheimlich schöner Tag im Mai, und da hat er sich so aufgesetzt und hat gesagt: du kannst doch nicht sagen, dass du keine Kinder willst, was ist denn das für ein Quatsch! Er war der Erste, der das so total in Frage gestellt hat, mir eigentlich fast das Recht abgesprochen hat, so eine Einstellung zu haben. Das war aber für mich gut, weil er mich dadurch gezwungen hat, über einen Entschluss, den ich mal vor vielen Jahren gefällt hatte, nachzudenken und mich zu fragen: stimmt das eigentlich noch? Das hat mich sehr aufgewühlt und einen Prozess in Gang gesetzt,

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