Blüten, Koks und blaues Blut
seinen Brief erhielt, hat wohl inzwischen den Mut verloren und
Selbstmord verübt... falls es tatsächlich Selbstmord war
„Davon können Sie getrost ausgehen“, sagte der Kommissar
herablassend. „Ein echter Selbstmord und ein nicht weniger echtes Geständnis.“
Ein Selbstmord als Geständnis? Um was zu
gestehen? Der Teufel sollte mich holen, wenn ich wüßte, warum der Graf mich zu
sich gerufen hatte! In seinem Brief war er nicht weiter darauf eingegangen. Ich
hatte angenommen, daß er das Opfer eines Erpressers oder, besser noch, einer
Erpresserin geworden war. Aber nun hatte sich der Graf umgebracht. Das Ganze
war also ernster gewesen, als ich es genommen hatte.
Ich platzte beinahe vor Neugier, ließ mir aber
nichts anmerken. Der Tag, an dem ich Erklärungen von einem Flic erbitten würde,
mußte erst noch kommen! Ich stieß nur ein möglichst gleichgültiges „Aha!“ aus.
Der mediterrane Charakterzug von Pellegrini würde schon für Informationen
sorgen. Der Korse konnte keine drei Sekunden still bleiben und platzte
ebenfalls beinahe, allerdings vor Ungeduld, mir den Fall auseinanderzulegen.
„Ah, ich habe ganz vergessen, Ihnen meinen
Kollegen vorzustellen“, sagte er mit etwas verspäteter Weltgewandtheit.
Ich folgte seinem Blick und der Geste seiner
Hand. Der Mann, der überall herumschnüffelte, drehte mir sein gelangweiltes
Gesicht zu und nickte kurz zum Gruß.
„Er ist Inspektor der monegassischen Polizei,
Abteilung Glücksspiele.“
„Verstehe“, sagte ich. „Überwachung von Kasinos?“
Pellegrini war bereit, alles auszuspucken, was er wußte. Er legte sofort los:
„Ja. Seit einiger Zeit werden in verschiedenen
Wechselstuben in Cannes, Nizza und Monte Carlo falsche Pfund Sterling in andere
Währungen umgetauscht. Gleichzeitig beklagt sich das Kasino von Monte Carlo
darüber, daß zunehmend gefälschte Banknoten auftauchen... französische
Banknoten! Und nun stellte sich heraus, daß Fabrègues der Spieler war, der das
Falschgeld eingeschleust hatte. Vor ein paar Tagen wurde er in flagranti an der Kasse des Kasinos erwischt. Da er eine bedeutende Persönlichkeit an der
Côte war und der Direktor ihn persönlich kannte, ließ er den Grafen zu sich
kommen und wies ihn höflich darauf hin, daß seine Banknoten gefälscht waren.
Fabrègues reagierte ehrlich überrascht. Aber durch diesen Zwischenfall waren
wir alarmiert. Seitdem überwachten wir den Grafen. Übrigens ohne Ergebnis.
Gestern schließlich haben wir die Dinge ein wenig beschleunigt... Wir konnten
doch nicht ewig warten... Einem hiesigen Kreditinstitut wurde eine bestimmte
Menge Falschgeld angedreht, natürlich in unserem Auftrag, versteht sich.
Diskretion Ehrensache! Das hat einiges Aufsehen erregt. Fabrègues konnte uns
auf die Spur der Täter bringen. Ohne uns zu verraten, konnten wir ihn fragen,
woher er sein Bargeld hatte. Er wurde etwas verlegen, gab uns dann aber
bereitwillig Auskunft. Er habe das Geld von seinem Konto abgehoben, sagte er
aus, die Geldscheine kämen demnach direkt aus der Bank...“
Ange Pellegrini machte eine Pause, um seine
Kippe wegzuwerfen und sich eine neue Zigarette anzuzünden, wozu er ein
Streichholz an seiner Schuhsohle anriß. Dann fuhr er fort: „Nach Auskunft der
Bank hatte der Graf seit einem Monat kein Geld mehr abgehoben. Im übrigen war
sein Konto leergefegt. Möchte wissen, wie Sie an die so großzügig angebotenen
fünftausend Francs kommen wollen... Na ja, dafür, daß Sie so spät eingetroffen
sind
„Machen Sie sich um mich mal keine Sorgen... Und
wie ging’s weiter?“
„Wir haben ihn für heute morgen aufs
Kommissariat bestellt. Fluchtgefahr bestand nicht, er wurde ja ständig
überwacht. Daß er dann diesen Fluchtweg gewählt hat, konnte ich allerdings
nicht ahnen... Jetzt bin ich zwar so klug wie zuvor, aber der Selbstmord
beweist immerhin, daß er kein reines Gewissen hatte. Der Selbstmord... und sein
Hilferuf an die Adresse der Agentur Fiat Lux.“
„Ach, macht das jemanden verdächtig, wenn er
sich an mich wendet?“ lachte ich.
„Sie wissen doch besser als ich, Monsieur Burma,
wozu man einen Privatdetektiv engagiert, oder?“ gab Pellegrini zurück. „Vertrauliche
Aufträge! In diese Schublade paßt alles...“
„Weiß Gott, ja! Jetzt fange ich auch so langsam
an zu ahnen, was der Mann, der eine so hohe Meinung von meinen Fähigkeiten
hatte, von mir erwartete. Ich sollte die hiesige Polizei in die Tasche stecken,
auf falsche Fährten locken und, wenn nötig, Sie
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