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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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Prinzessin.« Pam zuckte in geheuchelter Unschuld die Schultern. »Ich wäre vermutlich auch nervös, wenn ich dasselbe vorhätte wie du.«
Herr im Himmel, wem hatte Josh noch von der Sache mit den Kondomen erzählt? Ich drehte mich wieder um, zerrte Papierhandtücher aus dem Spender, trocknete mir scheinbar gelassen die Hände ab. »Ich meine … zum ersten Mal einen Typen flachzulegen, ist schon ein Höhepunkt im Leben einer Frau …« Zack! Mein Blick zuckte hoch, begegnete ihrem im Spiegel. Nur weil ich mich nicht jedem Kerl im Forty-two an den Hals warf, bedeutete das nicht, dass ich noch nie … Auch wenn Cris der Erste war, bei dem ich mir wünschte, ich könnte mehr haben als nur eine oder vielleicht zwei Nächte in seinen Armen. Ich quetschte die Papiertücher zu einem feuchten Ball zusammen. Jetzt konnte sie sich ein Grinsen offenbar doch nicht mehr verbeißen. »Dein Freund ist ja auch Zucker. Ich an deiner Stelle hätte ihn gleich beim ersten Mal rangelassen.« Ich wandte mich erneut zu ihr um. Es war kein Geheimnis, dass Pam nach ihrer Schicht eigentlich nie allein ins Bett ging. Und dass sie einen Typen gewöhnlich auch nie zwei Mal mit nach Hause nahm. Ihr Grinsen wurde noch breiter. »Er steht übrigens an der Bar und wartet auf dich.«
    Cris war da! Mit einem Schlag war alles andere vergessen. Plötzlich hatte ich Herzklopfen wie ein kleines Kind zu Weihnachten. Nicht, dass es für Tante María und mich so etwas wie ein Weihnachtsfest gegeben hätte. Bäume kosteten Geld und wo hätten wir auch nur das kleinste Bisschen Schmuck unterbringen sollen, wenn wir eigentlich nur aus dem Koffer lebten? Und trotzdem: Da war eine Erinnerung – eine, die aus meinem irgendwie nicht existenten Leben vor meiner Zeit mit Tante María stammen musste: eine riesige Tanne; unzählige Lichter tanzten in ihrem Grün; Eiskristalle glitzerten neben in allen Regenbogenfarben schimmernden Kugeln; die Spitzen ihrer
Zweige waren mit kaltem Schnee bestäubt. Da waren Strohsterne. Und ein Hund. Groß; dunkles, seidig langes Fell; eine weiße Halskrause wie eine Löwenmähne; eine schmale, lange Schnauze, die heimlich Wurststückchen aus meinen Händen nahm. Quichotte. Der Name war manchmal wie ein Flüstern in meinen Gedanken.
    Direkt vor meinem Gesicht schnippten Finger. Ich fuhr zurück, blinzelte. »Erde an Mia!« Pam. »Hallo? Jemand zu Hause? – Oder möchtest du meine Schicht übernehmen und ich verbringe den Abend mit deinem Freund?« Anscheinend hatte sie mir diese Frage schon einmal gestellt.
    »Danke, nicht nötig!« Ich erwiderte ihr Grinsen mit einem möglichst lockeren Schulterzucken, beförderte den Papierhandtuchball in den gefährlich überquellenden Mülleimer unter den Waschbecken und schob mich an ihr vorbei in den schmalen Gang, der den Club mit den Waschräumen verband. »Wir sehen uns morgen.« Nur dass es für mich im Forty-two kein ›morgen‹ mehr gab.
    »Viel Spaß, Prinzessin!«
    Ohne mich noch einmal umzudrehen, winkte ich ihr über die Schulter zu und zog die schwere Feuerschutztür auf – und musste zwei jungen Frauen ausweichen, die mir auf Absätzen entgegenstöckelten, auf denen ich mir spätestens beim zweiten Schritt den Hals gebrochen hätte, bevor ich selbst hindurchgehen konnte.
    Obwohl es gerade erst auf zehn Uhr zuging, war das Forty-two schon gut besucht. In den Nischen hatte es sich die übliche Klientel bequem gemacht: junge Männer und Frauen zwischen zwanzig und dreißig, allerhöchstens fünfunddreißig – die vor allem im hinteren Bereich mehr Mommys und Daddys Geld
ausgaben als ihr eigenes. Die Tanzfläche war eine lose Masse dunkler Schatten, über die immer wieder dünne Spotlichtfinger und Stroboskopblitze zuckten. Eine halbe Stunde mehr und es gab nur noch Stehplätze. An der Bar war das jetzt schon der Fall. Heute Nacht durfte es mir ausnahmsweise egal sein, wie viel Arbeit ins Haus stand. Eigentlich hätte meine Schicht auch bis halb drei Uhr gedauert, aber Bratt hatte mir erlaubt, dieses Mal früher zu gehen und meine Überstunden abzubummeln.
    Verglichen mit dem Licht draußen im Gang, das die Glühbirne in ihrem Drahtkäfig unter der Decke verbreitet hatte, war es auf dieser Seite der Feuerschutztür mehr als dämmrig. Trotzdem sah ich Cris sofort. Er lehnte an der Ecke der Bar, direkt neben den Schwingtüren, die in den für Gäste verbotenen Bereich dahinter führten, und unterhielt sich mit Josh – na klasse! –, der in genau diesem Moment an ihm vorbei in meine

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