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Blutige Nacht

Blutige Nacht

Titel: Blutige Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor O. Munson
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doch. Wann?«
    »Wie wäre es mit heute Abend? Mein erster Auftritt ist um zweiundzwanzig Uhr. Er ist ein bisschen gewagt, aber wenn Sie nicht zu denen gehören, deren Zartgefühl leicht Schaden nimmt, dann können Sie gern kommen und es sich ansehen. Und zwischen den Auftritten könnten wir uns auf einen Drink an der Bar treffen.«
    »Klar doch«, sage ich erneut. Es ist schon eine Weile her, seit ich das letzte Mal aus einem anderen Grund als Arbeit oder Blut in der Stadt war.
    »Wunderbar. Ich lasse Ihren Namen auf die Liste setzen.« Ihre Stimme ist so neckisch wie eine Zungenspitze am Ohrläppchen. »Sie werden mich schnell erkennen. Ich bin diejenige mit der roten Federboa und sonst nicht viel.«
    »Und ich bin der mit dem Bogart-Hut.«

Kapitel 2
    I ch parke meinen Oldtimer, einen blutroten Mercedes-Benz 300 SL Roadster, auf einem Parkplatz mit Parkuhr in der Straße etwas oberhalb des Tropicana. Ich habe mein Goldstück im Jahr ’57 neu gekauft, und unsere Liebesgeschichte hat die Zeiten überdauert. Ist Liebe nicht etwas Großartiges?
    Ich bin früh dran, also hole ich mein Besteck heraus und durchlaufe den vertrauten Prozess des Fixens. Ich montiere die Nadel zusammen, binde meinen Arm ab und ziehe das Blut auf. Da meine alabasterweiße Haut nahezu durchsichtig ist, habe ich selten Schwierigkeiten, eine Vene zu finden – selbst diejenigen, die sich zurückziehen. Ich lasse die Spritze hineingleiten, drücke den Kolben hinunter und … alles ist easy.
    Ich lehne mich genüsslich in die liebevolle Umarmung des Benz zurück und erlaube es mir, ein paar Minuten in dem euphorischen Zustand zu dösen und den Rausch zu genießen. Die Lider auf halbmast, beobachte ich die roten Rücklichter der Autos, die die Melrose entlangfahren. Als ich fünfzehn Minuten später langsam wieder zum vollständigen Bewusstsein zurückkehre, ist es fünf nach zehn. Jetzt komme ich zu spät. Na toll! Ich schüttle den Kopf, um wieder klar zu werden, steige aus und gehe die Straße bis zum Club zurück.
    Ich laufe an der langen Schlange der Verlierertypen vorbei, direkt zum Türsteher mit Pferdeschwanz und einem Brustumfang wie ein Bierfass. Ich sage ihm, ich stünde auf der Liste. Und das tue ich sogar. Er hakt die violette Samtkordel auf und lässt mich eintreten.
    Die kleine dunkle Bar im Stil der Vierziger riecht nach Bier und Zigaretten, Sex und Verrat. Alte Aufreißersprüche hängen schwach in der Luft. Der Schuppen hat sich kein bisschen verändert, was meines Erachtens darauf schließen lässt, dass die Besitzer entweder im Hinblick auf die zyklische Natur der Trends hellseherisch begabt oder aber einfach nur knauserig sind. Vielleicht auch beides. Der Raum ist von kleinen, mit lauschigem Kerzenlicht erleuchteten Tischen durchsetzt. Auf der einen Seite beansprucht eine kleine offene Bühne die gesamte Westmauer für sich. Große, nackte Glühbirnen stehen an ihrer Vorderseite stramm wie Soldaten, als wollten sie die sechsköpfige Swing-Band vor dem Gesindel schützen. Außer mir sind die Band-Mitglieder die einzigen, die sich der Lokalität entsprechend gekleidet haben.
    Ich sehe mich nach der Bar um und entdecke sie etwas eingelassen in der Wand auf der gegenüberliegenden Seite der Bühne. Die Musik begleitet mich über den abgetretenen Teppich zu einem Barhocker. Beim Barkeeper mit dünnem Schnurrbart und wässrigen Augen, die mich an zwei schwarze, in Austern versunkene Perlen erinnern, bestelle ich einen Scotch on the Rocks. Seinen vom Gin geröteten Wangen nach zu urteilen ist Barkeeper nicht der passende Job für ihn. Als würde ein Pillensüchtiger in einer Apotheke arbeiten. Doch das ist sein Problem, nicht meins.
    Ich drehe mich auf dem Stuhl um und betrachte die Leute, die die Plätze an den verstreuten Tischen einnehmen. Reesa zieht eine bunte Mischung an. Die meisten sind Schwule und Lesben, doch dazwischen findet man Hollywood-Typen mit gelöster Krawatte, lüsterne Studenten und ein paar anzüglich dreinblickende Perser.
    Alle Augen sind auf die Bühne gerichtet, wo der Bandleader im weißen Smoking das Tempo des Cole Porter herunterfahren lässt und zum Mikro greift, um die betörende, die bezaubernde, die entzückende Reesa van Cleef anzukündigen. Jubel, Applaus, Pfiffe und Gejohle folgen auf die Ankündigung und nehmen an Lautstärke und Intensität zu, als die Lady selbst, verborgen hinter einem Schleier aus roten Federn, die Mitte der Bühne einnimmt.
    Sie ist umwerfend. So atemberaubend wie eine

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