Blutiger Halloween
zu nehmen.
Ein paarmal rannten mir Menschen in den Weg ich schaufelte sie zur Seite und hörte das Schreien.
Eine nächste Rakete schoß in den Himmel, zerplatzte, und ihr Licht sprühte wie ein gelbes Zelt auf uns nieder.
Angela stand vor den Toten.
Das Messer hielt sie hoch, und ihre auf dem Schädel sitzende Maske leuchtete jetzt noch stärker.
Das war ihre Stunde, hier fühlte sie sich wohl, und der Blick dieser lodernden Augen richtete sich auf mich, als ich auf sie zustürmte. Ich zog die Beretta. Es gab keinen anderen Weg, als diese kleine Bestie durch Silberkugeln auszuschalten.
Das Schreien der Menschen brandete in meinen Ohren, ich sah die Toten und in diesem Augenblick auch rot. Im Laufen schoß ich. Das Heulen der Kugel war wohl nur Einbildung, und ich hatte überhastet gefeuert, denn ich fehlte.
Beim zweiten Schuß verlöschte das Licht. Wieder geisterte das tanzende Schattenspiel über den Platz, und auch Angela blieb nicht mehr stehen. Sie riß beide Arme in die Höhe und brüllte mit einer quietschenden, sich fast überschlagenden Stimme ein einziges Wort, in dem all das Grauen zusammengefaßt war, das diese Nacht zu bieten hatte.
»Halloween!«
Dann schleuderte sie das Messer.
Sie mußte bemerkt haben, daß sie meinen Kugeln nicht entkommen konnte, und doch Versuchte sie es mit einer Verzweiflungstat. Ich sah den blitzenden Reflex und dachte daran, daß ein Messer nie so schnell war wie eine Kugel. Aus vollem Lauf hechtete ich nach vorn, prallte zu Boden, spürte die Schmerzen, überschlug mich mehrere Male, schrie dabei selbst und hielt meine Beretta wie im Krampf fest. Endlich lag ich still.
Halb auf dem Rücken und halb auf der Seite war ich zur Ruhe gekommen Angela lief. Mit sprunghaften Bewegungen rannte sie auf das Messer zu, das irgendwo hinter mir lag. Sie wollte es noch einmal versuchen.
Dazu ließ ich es nicht kommen. Ich stützte mich auf. Mein linker Arm zitterte, den rechten streckte ich nach vorn. Die Beretta bildete die Verlängerung meiner Hand, und ich brüllte mit Stentorstimme ihren Namen.
»Angela!«
Sie stoppte, drehte sich. Ich starrte in die Maske. Schattenspiele huschten über den Boden und erfaßten auch uns. Durch das Feuer schien der Himmel zu glühen, und ich kam mir vor wie auf einer tanzenden Insel.
Sekundenlang saugte ich diesen schaurigen Anblick auf. Mein Gesicht verzog sich. Ich sah, wie Angela die Hände hob, unter der Maske her wie eine Wilde schrie, und diese Schreie vergingen im peitschenden Krachen meiner mit Silberkugeln geladenen Waffe.
Diesmal trafen die Geschosse. Ich hatte auf die Maske gezielt und sah, wie sie zerplatzte.
Sie zersprühte in einem glühenden Regen. Die Teile jagten kometenartig nach allen vier Seiten davon, und ein kopfloses Geschöpf torkelte plötzlich weiter.
Angela lief genau auf einen Feuerstoß zu.
Ich ließ sie laufen.
Ihre Schritte wurden langsamer, schwächer. Sie konnte sich kaum noch auf den Beinen halten, schaffte es aber und katapultierte sich selbst in die Flammen hinein.
Unter ihrem Gewicht brachen einige angekohlte und dementsprechend schwache Aste zusammen. Funken stoben in die Höhe, der glühende Regen tanzte für einen Moment in der Luft, bevor sich das Feuer der lebenden Leiche bemächtigte und diese zerstörte.
Mit zitternden Gliedern kam ich auf die Füße.
Mein Blick fiel auf die Schule. Im Schatten der Schloßmauern standen die Gäste. Sie hatten das Grauen erlebt und mitbekommen, was mit dieser Mörderin geschehen war.
Ich ging zu den drei toten Schülern und drückte ihnen die Augen zu.
***
Schlimme Stunden folgten Ich gab Erklärungen ab und versuchte die Eltern der getöteten Schüler zu trösten.
Schließlich betrat ich mit dem Rektor, Mr. Fleet, den Keller, in dem wir Caroline Graves zurückgelassen hatten.
Sie sollte uns eine volle Erklärung geben.
Das konnte sie nicht mehr.
Wir fanden eine Tote.
Die Lehrerin hatte sich selbst umgebracht. Damit war sie das letzte Opfer eines blutigen Halloween-Festes geworden.
ENDE
[1] Siehe John Sinclair Taschenbuch Nr. 73 010 »Disco Dracula«
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