Blutsterne - Teile 1 + 2
ihrem Tun ab und zeigte Respekt.
Gordon lachte erschrocken und verblüfft auf.
„Wer hätte das gedacht? Sind ausgebildete Kampfhunde? Wir haben da sehr strenge Bestimmungen in Deutschland!“, scherzte er.
„Man sollte sie nicht unterschätzen“, erwiderte ich auf seinen Humor.
„Möchtest du etwas trinken?“
Ich wies auf einen ledergepolsterten Stuhl am Tisch, auf dem der Laptop stand.
„Gern“, sagte Gordon und sah sich neugierig um. „Alles ist recht behaglich für ein Arbeitsquartier!“
„Champagner? Tee? Cognac?“
„Bitte einen Tee und einen Cognac!“, gab Gordon sich gelöst.
Wollte er damit seine Unsicherheit überspielen?
„Gute Wahl!“
Ich machte den Wasserkocher an, stellte geschliffene Kristallgläser für den Cognac und russische Teegläser mit silbernen Griffen auf den Tisch.
„Bei Ihnen hat einfach alles einen gewissen Stil“, versuchte er mir zu schmeicheln.
Ich roch seine aufkommende Lust. Er war meinem Bann bereits verfallen, tat aber so, als wäre ich nur eine gewöhnliche Kollegin. Armer Mensch!
„Olga bitte und Du statt Sie!“, wies ich ihn freundlich zurecht.
„Verzeihung, ich muss mich daran erst gewöhnen.“ Gordon ärgerte sich über seinen wiederholten Fauxpas.
Für die Zubereitung ließ ich mir Zeit und meinen Anblick auf ihn wirken.
Es war angenehm in Gordons Nähe, fast wie zu den alten Zeiten. Nur mit wenigen Menschen kann man wortlos zusammen sein und sich gleichzeitig wohl fühlen.
Mama, die Zarin von Russland, hatte immer scherzhaft behauptet, dass das Leben mit einem Mann leicht sein muss. War es das nicht, so war er nicht der Richtige.
Eine angenehme Empfindung von kindlicher Geborgenheit machte sich in meiner steinernen Brust breit und wärmte diese.
Gordon bewunderte mich heimlich. Das gefiel mir auf eine neue, menschliche und gleichzeitig erheiterte es mich auf die gewohnte, vampirische Weise. Wenn er nur wüsste, welchem blutrünstigen, durchtriebenen Monster er diese Gefühle zudachte. Das wiederum machte mich traurig.
Dem Tee fügte ich Kardamom hinzu. Da ich nicht wusste, ob er das Getränk süß mochte, stellte ich Rohrzucker und Honig zur eigenen Bedienung auf den Tisch.
„Das riecht wahrlich gut“, stellte mein Besucher fest.
Wenjera und Aurora beobachteten ihn mit großen Augen vom Sofa aus. Ab und an leckten sie sich die kurzen Schnauzen. Sie waren sich nicht sicher, welche Rolle er spielen sollte. Wenjera lief andauernd Speichel an den Lefzen heraus. Eine kleine Pfütze bildete sich auf dem Leder. Sie hatte ihre Hoffnung noch nicht aufgegeben.
Ich erhob das Cognacglas.
„Na sdarowje!“
„Na sdarowje!“, erwiderte er gut gelaunt den russischen Trinkgruß.
Ich goss den Cognac hinunter.
Der Alkohol stimulierte den Kreislauf des eisigen Vampirblutes ein wenig.
Gordon bediente sich am Honig, um den Tee zu süßen.
„Wir haben wirklich viele Gemeinsamkeiten“, stellte ich fest und griff gleichfalls zum Honiglöffel.
Gordon trank, hielt aber kurz darauf inne.
„Was für ein Tee! Einfach köstlich, dieses Aroma!“
Ich holte noch etwas russisches Konfekt.
„Dann dürfte dir auch das schmecken.“
Mein Gast griff eifrig zu.
„Gibt es Neuigkeiten über den Anwalt oder das verunglückte Mädchen?“, fragte ich nach.
„Leider erhalten wir keinerlei Zugang zu seinen privaten Aufzeichnungen. Diese sind verschlüsselt und keiner kennt den Code. Das schränkt unsere Möglichkeiten ein. Man hält mich einerseits am kurzen Band, andererseits wird verlangt, dass ich ihn schnell finde. Das wirkt, als wird tatsächlich etwas verschleiert.“
Ich dachte nach.
„Gibt es gar keine Hinweise?“
Gordon trank genüsslich seinen Tee. Ich schenkte uns weiteren Cognac ein.
„Wir wissen inzwischen zumindest, wo der Anwalt zuletzt gesehen wurde. Die Spur verliert sich an einem Taxistand. Zuvor hatte er noch mit einem Kollegen in einer Bar gefeiert. Dort hat er mit recht jungen Frau geflirtet, trotzdem aber allein das Lokal verlassen. Sein Begleiter kam bei den Damen wohl besser an, das hatte ihn verärgert. Wir haben den Kollegen und die Frauen verhört. Danach hat er draußen eine weitere Frau oder sie ihn getroffen. Das ist mysteriös. Ein Fahrer aus der Warteschlange an einem Taxistand in der Nähe meinte, er hätte den Anwalt zusammen mit einer äußerst hübschen Begleiterin ein Taxi nehmen sehen. Er war sich sehr sicher. Welcher Chauffeur das Fahrzeug aber gefahren hatte, wüsste er nicht. Hier in Berlin wechselt das
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