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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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aufstehen, an ihm rumspielen und nachschauen, ob alles in Ordnung war – Kissen, feuchte Umschläge, Bandagen, alles, womit der Gaffer sein Gewissen beruhigt –, aber ich sagte, sie solle gefälligst sitzen bleiben, ich hätte schon einen Krankenwagen gerufen, außerdem sei es sowieso besser, ihn in Ruhe zu lassen.
    Sie hatte zu zittern begonnen. Es fing in den Händen an, die das Glas festhielten, wanderte zu den Ellbogen und Schultern hoch und wurde jedesmal schlimmer, wenn sie Rayner ansah. Sicher, Zittern ist keine außergewöhnliche Reaktion, wenn man mitten in der Nacht eine Mischung aus Leiche und Kotze auf seinem Teppich vorfindet, aber ich wollte nicht, daß sich ihr Zustand verschlimmerte. Als ich mir am Alabasterfeuerzeug eine Zigarette anzündete – genau, sogar die Flamme war potthäßlich –, versuchte ich, möglichst viele Informationen aufzunehmen, bevor sie dank des Calvados ihr Betriebssystem booten und eine Menge Fragen stellen konnte.
    Ihr Gesicht sah ich gleich dreimal im Zimmer: einmal als Foto in einem Silberrahmen auf dem Kaminsims, da trug sie eine Ray Ban und baumelte an einem Skilift; einmal auf einem riesigen und greulichen Ölgemälde, das am Fenster hing und das jemand gemalt haben mußte, der ihr nicht besonders grün war; schließlich und endlich das entschieden schönste Exemplar auf dem Sofa in drei Meter Entfernung.
    Sie konnte höchstens neunzehn sein, hatte ein breites Kreuz und langes braunes Haar, das winkte und grüßte, bevor es hinter dem Rücken verschwand. Die hohen, ausgeprägten Wangenknochen ließen orientalisches Blut erahnen, aber die Ahnung schwand, sobald man zu den Augen kam, die rund und groß und leuchtend grau waren. Wenn das geht.
    Sie trug einen Morgenrock aus roter Seide und einen eleganten Hausschuh mit kunstvoll eingewirkten Goldfäden über den Zehen. Ich schaute mich im Zimmer um, aber sein Partner war nirgends zu sehen. Vielleicht konnte sie sich nur einen leisten.
    Sie hustete einen Frosch aus dem Hals.
    »Wer ist das?«, fragte sie.
    Schon bevor sie den Mund aufmachte, hätte ich schwören können, daß sie Amerikanerin war. Zu gesund für alles andere. Und wo kriegen die bloß diese Zähne her?
    »Er hieß Rayner«, sagte ich und merkte dann, daß diese Antwort zu wünschen übrig ließ. »Er war ein sehr gefährlicher Mann.«
    »Gefährlich?«
    Das schien sie zu beunruhigen, und wer wollte ihr das verdenken? Vermutlich dachte sie gerade dasselbe wie ich: Wenn Rayner gefährlich war und ich ihn getötet hatte, dann machte mich das hierarchiemäßig sehr gefährlich.
    »Gefährlich«, wiederholte ich und beobachtete sie, als sie wegsah. Sie schien nicht mehr so zu zittern, und das war ein gutes Zeichen. Aber vielleicht marschierte ihr Zittern jetzt auch nur im Gleichschritt mit meinem, so daß es mir weniger auffiel.
    »Und … was hatte er hier zu suchen?«, fragte sie schließlich. »Was wollte er?«
    »Schwer zu sagen.« Jedenfalls schwer für mich. »Vielleicht war er hinter dem Geld her, vielleicht auch dem Silber …«
    »Soll das heißen … er hat es Ihnen nicht gesagt?« Ihre Stimme wurde plötzlich laut. »Sie schlagen diesen Mann, ohne zu wissen, wer er war? Was er wollte?«
    Trotz des Schocks schienen ihre grauen Zellen ganz schön fix auf Touren zu kommen.
    »Ich hab’ ihm eins übergebraten, weil er mich umbringen wollte«, sagte ich. »So bin ich nun mal.«
    Ich versuchte ein spitzbübisches Lächeln, erwischte mich dabei im Spiegel über dem Kaminsims und merkte, daß es ziemlich mißglückt war.
    »So sind Sie nun mal«, wiederholte sie lieblos. »Und wer sind Sie?«
    Nun ja. Da galt es, äußerst behutsam aufzutreten. Die Lage war verfahren genug, aber sie konnte eine noch schlimmere Wende nehmen.
    Ich versuchte überrascht auszusehen, vielleicht mit einer Prise Gekränktheit.
    »Soll das heißen, Sie kennen mich nicht?«
    »Genau.«
    »Oh. Komisch. Fincham. James Fincham.« Ich streckte ihr die Hand hin. Sie ergriff sie nicht, also verwandelte ich die Bewegung in eine nonchalante Geste, mir durchs Haar zu fahren.
    »Das ist ein Name«, sagte sie. »Damit weiß ich nicht, wer Sie sind.«
    »Ich bin mit Ihrem Vater befreundet.«
    Sie dachte kurz darüber nach.
    »Geschäftsfreunde?«
    »Sozusagen.«
    »Sozusagen.« Sie nickte. »Sie heißen James Fincham, Sie sind sozusagen ein Geschäftsfreund meines Vaters, und Sie haben bei uns zu Hause soeben einen Mann ermordet.«
    Ich legte den Kopf auf die Seite und versuchte auszudrücken,

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