Böses mit Bösem
einem Monat.«
»Spricht er je darüber, für wen er arbeitet?«, fragte ich. »Prahlt er manchmal oder irgendetwas in der Art?«
»Was, Sie meinen so was wie Bettgeflüster?« Sie schaute weg und der Abscheu, den ich nicht empfinden konnte, trat in ihr Gesicht. »Das Einzige, worüber er je gesprochen hat, war er selbst.«
Jennifer zog sich in sich selbst zurück und ich ließ sie in Ruhe. Es war sinnlos, die arme Frau zu befragen, wenn der Drecksack gefesselt im Nachbarzimmer saß.
»Arbeiten Sie für eine Regierungsbehörde?«, fragte Jennifer. »Sind Sie hier, um ihn zu verhaften?«
»Ich bin hier, um dafür zu sorgen, dass er nie wieder jemandem wehtut«, sagte ich. »Lassen wir das so stehen. Jennifer, bitte gehen Sie jetzt nach Hause und vergessen Sie, dass Sie mich je gesehen haben. Versuchen Sie, auch ihn zu vergessen, wenn Sie das können.«
Sie glaubte mir nicht oder war mit der Antwort nicht zufrieden. Es spielte keine Rolle.
Jennifer folgte mir zurück ins Wohnzimmer. Emerson war da, wo ich ihn zurückgelassen hatte. Die Augen hinter dem teuren Knebel sprühten vor Zorn, aber er wirkte zu selbstverliebt, um irgendwas zu versuchen. Ich zerrte ihm den Knebel aus dem Mund.
»Wissen Sie, wer ich bin?«, fragte er keuchend.
|323| »Ich weiß genau, wer Sie sind, David Emerson. Deshalb kommen Sie jetzt mit.«
Jennifer griff in ihren Büstenhalter und hielt plötzlich eine Rasierklinge an Emersons Kehle. »Warum mussten Sie ausgerechnet heute Nacht kommen?«, fragte sie. »Warum konnten Sie nicht früher kommen, als ich den Mut noch nicht hatte?«
»Hören Sie mir genau zu, Jennifer.« Ich würde den Elektroschocker nicht schnell genug erreichen und die Zuckungen, die er auslöste, würden vielleicht erst recht dafür sorgen, dass sie Emerson die Klinge in den Hals drückte. »Ich weiß, dass Emerson es verdient hat.«
»Sie wissen verdammt noch mal gar nichts«, entgegnete sie. »Sie haben keine Ahnung, wie es ist, einen ganzen Monat lang vergewaltigt zu werden und dann zu versuchen, mit dem eigenen Mann zusammen zu sein …«
»Ich habe Sie nicht vergewaltigt«, sagte Emerson. In seinen Augen stand Angst, aber seine Stimme hatte den geschmeidigen Klang des professionellen Lügners. »Wir haben eine Abmachung getroffen.«
»Schnauze oder ich lasse sie tun, was sie will«, sagte ich.
Emerson schloss den Mund.
»Ich will Ihnen erzählen, was ich weiß, Jennifer. Emerson ist Teil eines Systems. Was auch immer er Ihnen gesagt hat, er ist einfach nur ein Rädchen, das ersetzt werden kann. Wenn Sie ihn töten, gibt man den Job an jemand anderen, der genauso schlimm ist, und der Name Ihres Mannes steht dann immer noch auf der Liste.«
Jennifer schluckte kräftig. Sie war jetzt ein bisschen ruhiger, aber die Rasierklinge war immer noch in Position.
»Es tut mir leid«, sagte ich. »Ich kann Ihnen keine Gerechtigkeit verschaffen. Ich kann Ihnen noch nicht einmal die leere Befriedigung lassen, ihn zu töten. Alles, was ich sagen kann, ist, dass es noch andere gibt. Die einzige Art, diesem Albtraum ein Ende zu machen, besteht darin, dass ich |324| an die Leute herankomme, für die er arbeitet, bevor die ihn sich schnappen.«
Keiner der beiden glaubte mir. Ich zeigte ihr Glass’ Mitteilung. Jennifer verstand nicht, was sie las.
»Wer ist General Glass?«
Die Farbe wich aus Emersons Gesicht.
»Sie sind hinter ihm her, Jennifer. Schauen Sie ihn sich an.«
Jennifer blickte auf Emersons blasses Gesicht hinunter, auf dessen Stirn unmittelbar unter ihr sich der Schweiß sammelte.
»Haben Sie ihn je so verängstigt gesehen?«
»Was wird man mit ihm machen?«
»Das weiß Gott«, antwortete ich, »aber ich garantiere Ihnen, dass es schlimmer sein wird als alles, was wir uns ausdenken.«
Sie nahm das Rasiermesser von Emersons Hals, aber er wirkte nicht sonderlich erleichtert.
»Ich biete Ihnen eine Abmachung an«, sagte sie. »Sie vergessen mich und ich vergesse Sie.« Jennifer hob ihre Handtasche vom Boden auf und öffnete die Tür. Sie blieb stehen, als sie den Mann sah, der auf der anderen Seite lag.
»Er lebt«, sagte ich. »Wären Sie so gut, ihn hereinzubringen?«
Der Leibwächter wog mindestens einen halben Zentner mehr als Jennifer, aber sie schaffte es. Sie war aus der Tür, bevor ich mich bedanken konnte. Sie sah weder Emerson noch mich an.
Emerson starrte fasziniert auf seinen Leibwächter. Seine eigene Lage hatte den dicken Panzer aus Privilegien, den er seit dem Tag seiner Geburt
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