Bordeuax
verkaufte meine Bleibe in Newcastle, und ein paar Monate nach
unserer Hochzeit zogen wir um. Es war eine schöne Zeit, wir waren glücklich.
Wir bezogen unser neues Heim und fingen an uns einzurichten. Die Wohnung lag
unmittelbar in einer Seitenstraße der Piccadilly, und alle Orte, die wir gerne
aufsuchten, lagen in der Nähe.
Wir gingen ins Theater und ins Kino,
wir besuchten Konzerte und die Oper, Catherine war ein großer Musikfreund. Fast
jeden zweiten Abend gingen wir zum Essen in ein Restaurant. Catherine fing
wieder an zu singen, einmal die Woche hatte sie Chorprobe. Ich besuchte einmal
die Woche ein Abendseminar über Weinkunde.
Tagsüber saß ich in meinem Büro und
schmiedete Pläne für mein neues Software-Consulting-Unternehmen, das ich
gründen wollte. Catherine war damit beschäftigt, Sachen für die Wohnung zu kaufen,
ließ Sessel und Sofas neu beziehen und Vorhänge nähen. Das Gästezimmer, hatte
sie bereits beschlossen, sollte Kinderzimmer werden, wenn es so weit war.
Wir aßen gemeinsam zu Mittag,
manchmal lange und ausführlich. Ich öffnete ein, zwei Flaschen, wir saßen am
Tisch und unterhielten uns, tranken Wein, obwohl Catherine nie so richtig mithielt;
danach kehrte ich entweder zurück an den Schreibtisch, oder wir schlenderten,
wenn die Sonne schien, durch den nahe gelegenen Green Park, oder wir machten
einen Schaufensterbummel in Knightsbridge; manchmal gingen wir auch einfach nur
nach oben und schliefen zusammen.
Einmal ging ich morgens zur Bank, um
irgendwelche Geldüberweisungen zu veranlassen, und als ich wieder nach Hause
kam, saß Catherine in der Küche und heulte. Ich ging zu ihr, nahm sie in den
Arm und fragte: »Was ist los?«
»Ich habe meine Mutter angerufen.
Ich wollte wissen, wie es ihr geht.«
»Und?«
Mit einer wütenden Geste wischte
sich Catherine die Tränen von der Backe. »Als sie hörte, dass ich dran war, hat
sie aufgelegt.«
Nur gelegentlich fiel ein Schatten,
so wie dieser, auf unser Glück. Wir lernten neue Leute kennen, die die alten
Freunde, die sich nach unserer Hochzeit von uns losgesagt hatten, ersetzten.
Ich lief zufällig einem ehemaligen Kommilitonen über den Weg, Colin Holman,
der eine erfolgreiche Privatpraxis betrieb. Catherine hatte einige alte
Schulfreundinnen ausfindig gemacht, die nach London übergesiedelt waren, und
gelegentlich gingen wir zusammen mit ihnen essen, oder wir luden sie zum Essen
in unsere neue Wohnung ein. Wir waren ziemlich ausgelastet mit unserem Leben;
unseren neuen Freunden war es egal, dass Catherine ihre Verlobung mit Ed Simmonds
gelöst hatte, wenn sie überhaupt je davon erfuhren; und unser vergangenes Leben
war in sehr weite Ferne gerückt, jedenfalls für mich.
Eines Morgens, als wir gerade in der
Küche unseren Frühstückstee tranken - tags zuvor waren wir bei einem unserer
neuen Freunde zum Essen eingeladen gewesen -, sagte Catherine zu mir: »Darling,
ich glaube, du warst gestern Abend ziemlich beschwipst. Du hast viel über Wein
geredet. Das Thema interessiert vielleicht nicht jeden so brennend wie dich,
Darling.«
»Entschuldige bitte«, sagte ich.
»Ich denke nicht, dass ich zu viel getrunken habe. Der Wein hat mir nämlich
überhaupt nicht geschmeckt. Viel zu jung und viel zu tanninhaltig. Widerlich.«
Catherine rührte ihren Tee um. »Ja,
Darling. Bestimmt hast du recht. Aber meinst du nicht, dass du in letzter Zeit
ein klein bisschen zu viel trinkst?«
Die Frage erstaunte mich. »Findest
du? Du darfst Weinkosten nicht mit Trinken verwechseln, Darling. Es zählt zu
den größten Interessen in meinem Leben. Nur deswegen habe ich eingewilligt,
Caerlyon und den Wein von Francis zu kaufen.«
»Das weiß ich doch, Darling. Sei
nicht gleich beleidigt. Ich meine ja nur.«
Ich fand diese Bemerkung von ihr
komisch, und nach ein paar Minuten trank ich meinen Tee aus und sagte: »Ich
gehe mal rüber. Rechnungen bezahlen.«
Zu Mittag öffneten wir zwei Flaschen
Wein, einen guten weißen Burgunder zu einer Vorspeise, die Catherine gekocht
hatte, und zu den pochierten Eiern und dem Salat einen Bordeaux. Diesmal hielt Catherine
mit, Glas für Glas, als wollte sie sich für ihre Bemerkung entschuldigen und
mir sagen, dass sie es nicht so gemeint hatte. Danach traten wir nach draußen
auf die Straße in die grelle Sonne, gingen zu Hatchards und kauften einen
Stapel teurer Hochglanz-Kochbücher für die neue Küche, und für mich Robert
Parkers ultimatives Buch über Bordeauxweine.
Ungefähr ein halbes Jahr
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