Bova, Ben - Asteroiden-Trilogie 3
verhüllte. »Vielleicht kapert er ein paar Schiffe und stiehlt die Vorräte, die er braucht. Er ist schließlich ein Pirat.«
»Deshalb haben wir ihn ja verbannt«, sagte der schafsäugige Lagerhaus-Arbeiter, der neben ihr saß.
»Das ist nicht ganz richtig«, korrigierte George.
»Aber verbannt haben wir ihn doch«, sagte der Lagerist patzig.
»Dann dürfen wir ihm auch nicht erlauben, hier anzudocken.«
»Das war vor zehn Jahren«, sagte eines der älteren Vorstandsmitglieder, ein ehemaliger Bergmann, der eine neue Karriere als Waffentechniker eingeschlagen hatte.
»Aber er wurde auf Lebenszeit verbannt, stimmt’s?«
»Stimmt«, gab George zu.
»Na bitte.«
»Hört mal«, sagte die Frau, die George direkt gegenübersaß – eine pummelige Rothaarige mit künstlich violetten Augen. »Die Hälfte der HSS-Schiffen im Gürtel wird auf der Suche nach Fuchs sein.
Wenn er hier auftaucht, werden sie ihn sich schnappen.«
»Das ist neutrales Territorium«, sagte George. »Jeder weiß das.
Wir haben es mit HSS und Astro vereinbart. Wir fertigen jedes Schiff ab, das zu uns kommt, und dafür finden im Umkreis von tausend Klicks ums Habitat keine Kampfhandlungen statt.«
»Das bedeutet aber nicht, dass wir Fuchs auch abfertigen müssten.
Er ist schließlich ein Exilant.«
»Es ist noch jemand involviert«, fügte George hinzu. »Wir bekommen Besuch von einem Medien-Star. Sie wird morgen hier eintreffen. Edith Elgin.«
»Ich sehe immer ihre Shows von Selene!«
»Ist sie nicht mit Douglas Stavenger verheiratet?«
»Was will die hier?«
»Eine Dokumentation über den Krieg produzieren«, erklärte George.
»Wollen wir überhaupt eine Dokumentation über den Krieg? Ich meine, das ist doch keine gute Publicity für uns?«
»Sie wird Fuchs interviewen wollen, da gehe ich jede Wette ein.«
»Das wäre ein Garant für größte Publikumswirksamkeit: ein Interview mit dem legendären Piraten.«
»Wir werden den Eindruck einer Räuberhöhle machen.«
»Können wir sie nicht aufhalten?«
Alle acht schauten auf George.
George war von dieser Wendung überrascht. »Es wäre ein höllischer Aufwand, sie zu verscheuchen. Sie hat ein Recht auf Berichterstattung.«
»Das heißt aber noch lange nicht, dass wir ihr auch helfen müssen.
Sie soll ihr Interview mit Fuchs gefälligst woanders machen.«
Humphries’ Leute sind schlau genug, um sie zu beobachten und darauf zu warten, dass Fuchs auftaucht. Wo auch immer sie Fuchs interviewt, es wird verdammt gefährlich für sie beide sein.
Asteroid Vesta
Eine einzelne Nanomaschine ist wie eine einzelne Ameise: seelenlos, aber ständig aktiv. Das emsige, endlose Schaffen dient keinem ersichtlichen Zweck; selbst die unermüdlichsten Anstrengungen einer Maschine, nicht größer als ein Virus, sind praktisch unsichtbar auf der Skala menschlichen Tuns.
Während eine einzelne Ameise wenig auszurichten vermag und wegen ihres winzigen Gehirns nur zu Instinkthandlungen fähig ist, besitzt eine Ameisen-Kolonie von vielen Millionen blind umherwuselnder Wesen die Fähigkeit, einen Wald zu entlauben und eine Stadt zu errichten – mit einer Zweckmäßigkeit zu handeln, die an menschliche Intelligenz gemahnt.
So verhält sich das auch mit Nanomaschinen. Eine einzelne Einheit vermag wenig zu leisten. Doch brachte man Millionen dieser virengroßen Entitäten in einem begrenzten Bereich zum Einsatz, wurden sie in einer Dimension schöpferisch – oder zerstörerisch – tätig, die menschlichen Kapazitäten durchaus entsprach.
Der Asteroid Vesta war ein Sphäroid reich an Nickel-Eisen und durchmaß ungefähr 500 Kilometer. Der Stützpunkt von Humphries Space Systems befand sich größtenteils in mehr als zwanzig Metern Tiefe unter der narbigen, kahlen Oberfläche des Asteroiden.
Die Nanomaschinen, die über einem kleinen Abschnitt der Asteroidenoberfläche verstreut wurden, operierten unter ganz anderen dimensionalen und Umweltbedingungen. Ihre Welt war ein Universum endlos schwingender, zuckender Moleküle, wo elektromagnetische Kräfte Atome zu dichten Zusammenballungen formierten und die Brownsche Bewegung Atome, Moleküle und Nanomaschinen gleichermaßen herumstieß. In diesem Maßstab waren die Nanomaschinen riesige mechanische Vorrichtungen – großen Planierraupen oder Kränen vergleichbar –, die sich einen Weg durch die rastlos umherflitzenden Moleküle bahnten.
Jede Nanomaschine verfügte über Greifwerkzeuge mit einem Abdruck der Moleküle, aus denen vergüteter Stahl
Weitere Kostenlose Bücher