Brandzeichen
verwaschen blau, die Milchglaskugeln der Deckenbeleuchtung waren undurchsichtig und verbreiteten nur mattes, winteriges Licht. Sie überlegte, ob sie die Küche neu timchen, die Beleuchtungskörper austauschen lassen sollte. Allein der Gedanke, in Violet Devons Haus größere Veränderungen vorzunehmen, war schwindelerregend und berauschend. Nora hatte seit Violets Tod ihr Schlafzimmer neu herrichten lassen, und nichts sonst. Jetzt, da sie überlegte, in größerem Umfang neu dekorieren zu lassen, kam sie sich tollkühn, ja aufrührerisch vor. Vielleicht. Es könnte gelingen. Wenn sie es fertigbrachte, sich Streck vom Leib zu halten, würde sie vielleicht auch die Courage aufbringen, ihrer toten Tante die Stirn zu bieten. Ihre Hochstimmung dauerte genau zwanzig Minuten, was ausreichte, die Kuchenform ins Backrohr zu schieben, die Glasur anzurühren und einige Schüsseln und sonstiges Geschirr zu spülen. Dann kam Streck zurück, teilte ihr mit, der Femseher sei jetzt repariert, und gab ihr die Rechnung. Als er die Küche verließ, schien er leicht gedämpft gewesen, jetzt, da er wiederkam, war er frech wie je. Er ließ seine n Blick über ihren Körper wandern, als würde er sie in seiner Fantasie entkleiden. Herausfordernd schaute er ihr in die Augen. Sie fand die Rechnung zu hoch, machte aber keinen Einwand, weil sie ihn schnell aus dem Haus haben wollte, Als sie am Küchentisch saß, um den Scheck auszustellen, wandte er wieder den nun schon bekannten Trick an, sich nah neben sie zu stellen, um sie mit seiner Männlichkeit und Größe einzuschüchtern. Als sie aufstand und ihm den Scheck reichte, schaffte er es, ihn so entgegenzunehmen, daß seine Hand die ihre anzüglich berührte. Auf dem ganzen Weg durch die Halle war Nora fast sicher, er werde plötzlich seinen Werkzeugkasten hinstellen und sie von hinten anfallen. Aber sie erreichte die Tür, und er trat an ihr vorbei auf die Veranda hinaus. Ihr wild schlagendes Herz begann sich auf normaleren Rhythmus umzustellen. Vor der Tür zögerte er.
»Was macht denn Ihr Mann?« Die Frage brachte sie aus der Fassung. Das hätte er sie vorhin fragen sollen, in der Küche, als sie ihren Mann erwähnte. Jetzt schien seine Neugierde nicht am Platz. Sie hätte ihm sagen müssen, daß ihn das nichts anginge, aber sie hatte noch immer Angst vor ihm, Sie fühlte, daß er ein Mensch war, den man leicht zornig machen konnte, daß es nur einer Kleinigkeit bedurfte, die in ihm aufgestaute Gewalttätigkeit zum Ausbruch zu bringen. Also antwortete sie mit einer weiteren Lüge, einer, von der sie hoffte, sie werde ihn davon abhalten, sie weiter zu belästigen:
»Er ist,,. Polizist.« Streck hob die Brauen,
»Wirklich? Hier in Santa Barbara?«
»Richtig.«
»Beachtliches Haus für einen Polizisten. «
»Wie bitte?« sagte sie.
»Ich wußte gar nicht, daß Polizisten so gut bezahlt sind.«
»Oh, ich hab' es Ihnen doch gesagt -das Haus habe ich
von meiner Tante geerbt.«
»Natürlich, jetzt erinnere ich mich wieder, Das haben Sie gesagt. Stimmt.« Bemüht, ihre Lüge zu untermauern, sagte sie;
»Wir hatten eine Wohnung, als meine Tante starb, dann sind wir hierhergezogen. Sie haben schon recht - anders hätten wir es uns nicht leisten können.«
»Nun«, sagte er,
»freut mich für Sie. Wirklich. Eine Frau, die so hübsch ist wie Sie, verdient auch ein hübsches Haus.« Er tippte sich an einen imaginären Hut, zwinkerte ihr zu und ging die Einfahrt zur Straße hinunter, wo sein weißer Lieferwagen am Bordstein parkte, Sie schloß die Tür und beobachtete ihn durch ein durchsichtiges Segment im ovalen Farbglasfenster, das in der Türfüllung angebracht war, Er blickte zurück, sah sie und winkte, Sie trat vom Fenster zurück in die düstere Halle hinein und beobachtete ihn von einem Punkt aus, wo sie nicht gesehen werden konnte, Klar hatte er ihr nicht geglaubt, Er wußte, der Ehemann war gelogen. Sie hätte um Himmels willen nicht sagen dürfen, daß sie mit einem Bullen verheiratet war; es war ein zu deutlicher Versuch gewesen, ihn loszuwerden. Sie hätte sagen sollen, ihr Mann sei Installateur oder Arzt - alles, bloß kein Bulle. Immerhin, Art Streck fuhr weg. Obwohl er wußte, daß sie log, fuhr er weg. Sie fühlte sich erst sicher, als sein Lieferwagen außer Sicht war. Und selbst dann eigentlich nicht richtig sicher.
Nachdem er Dr. Davis Weatherby ermordet hatte, war Vince Nasco zu einer Tankstelle an der Pacific Coast Highwaygefahren. Von der Telefonzelle aus rief
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