Brennendes Wasser
schraubte den Verschluss von einer Flasche Rum, die sie aus der Bar geholt hatte, und hob sie an seine Lippen. Er nippte vorsichtig an dem Alkohol, stellte fest, dass sein Magen nicht sofort revoltierte, und trank einen kräftigen Schluck. Dann verharrte er einen Moment lang, um die weitere Wirkung abzuwarten. Als er sich noch immer nicht übergeben musste, begann er zu lächeln. »Jetzt geht’s mir schon besser. Vielen Dank.«
Sie reichte ihm seine Brille. »Ich fürchte, die ist bei dem Schlag zerbrochen.«
Er warf das Gestell beiseite. »Das war ohnehin nur Fensterglas. Ich komme bestens ohne zurecht.« Der kühle Blick, mit dem er Francesca nun tief in die Augen sah, war nicht der eines verängstigten Mannes. Er schaute zu der geschlossenen Cockpittür. »Wie lange war ich bewusstlos?«
»Ungefähr zwanzig Minuten.«
»Gut, dann bleibt noch genug Zeit.«
»Zeit
wofür
?«
Seine Hand glitt hinunter zum Knöchel und kam mit einem stupsnasigen Revolver wieder zum Vorschein.
»Falls unser Freund nicht so versessen darauf gewesen wäre, mir eins überzubraten, hätte er den hier vermutlich gefunden«, sagte er mit grimmigem Lächeln.
Das war eindeutig nicht mehr derselbe zerknitterte Mann, der eher wie ein zerstreuter Professor als wie ein Leibwächter gewirkt hatte, doch Francescas Erleichterung legte sich sogleich wieder. »Was können Sie denn schon ausrichten? Die beiden haben mindestens zwei Waffen, und wir können die Maschine nicht fliegen.«
»Verzeihung, Senhora Cabral, das ist noch so ein Versäumnis meinerseits.« Er klang beinahe schuldbewusst. »Ich habe vergessen zu erwähnen, dass ich vor meinem Wechsel zum Geheimdienst bei der brasilianischen Luftwaffe war. Bitte helfen Sie mir auf.«
Francesca war sprachlos. Welche weiteren Kaninchen würde dieser Mann wohl noch aus dem Hut ziehen? Sie stützte ihn, bis er sich allein auf zitternden Beinen halten konnte. Eine Minute später schien ihn neue Kraft und Entschlossenheit zu durchströmen. »Sie bleiben hier, bis ich Ihnen weitere Anweisungen erteile«, sagte er im Tonfall eines Mannes, der es gewöhnt war, dass man seinen Befehlen gehorchte.
Dann trat er vor und öffnete die Tür. Der Pilot warf einen Blick über die Schulter. »Na, sieh mal an, wer jetzt schon aus dem Schattenreich zurückgekehrt ist. Ich habe anscheinend nicht hart genug zugeschlagen.«
»Eine zweite Gelegenheit werden Sie nicht erhalten«, sagte Phillipo und drückte dem Texaner schmerzhaft den Lauf des Revolvers hinter das Ohr. »Wenn ich einen von Ihnen er schieße, kann der andere immer noch das Flugzeug fliegen. Meldet sich jemand freiwillig?«
»Verdammt, du hast doch gesagt, du hättest ihm die Waffe abgenommen!«, rief Carlos.
»Ihr Gedächtnis lässt zu wünschen übrig,
cavaleiro
«, entgegnete der Pilot mit ungerührter Stimme. »Wenn Sie uns umlegen, kann niemand mehr die Kiste in der Luft halten.«
»Doch,
cavaleiro
. Ich selbst. Leider habe ich meinen Pilotenschein heute nicht dabei. Sie müssen sich schon auf mein Wort verlassen.«
Riordan wandte den Kopf ein kleines Stück zur Seite und sah das kalte Lächeln auf dem Gesicht des Leibwächters.
»Ich nehme zurück, was ich vorhin über den Umgang mit Profis behauptet habe«, sagte Riordan. »Was nun, Kumpel?«
»Geben Sie mir die beiden Waffen. Eine nach der anderen.«
Der Pilot kam der Aufforderung nach, und Phillipo reic hte die Pistolen an Francesca weiter, die inzwischen hinter ihm stand.
»Jetzt aufstehen«, befahl Phillipo und wich in die Kabine zurück. »Ganz langsam.«
Riordan blickte zu Carlos und stemmte sich aus dem Sitz.
Dann deutete er mit ausgestreckten Fingern eine Drehbewegung an, während sein Körper die Geste vor Phillipo abschirmte. Der Kopilot nickte kaum merklich.
Der Leibwächter trat immer weiter in die Kabine zurück, und der Pilot folgte ihm wie an einer imaginären Leine. »Ich möchte, dass Sie sich mit dem Gesicht nach unten auf das Sofa legen«, sagte Phillipo und behielt die Waffe unterdessen auf Riordans Brust gerichtet.
»Prima, ich habe mich schon auf ein Nickerchen gefreut«, sagte der Pilot. »Das ist wirklich nett von Ihnen.«
Francesca war seitlich auf einen Sitz ausgewichen und hatte die beiden Männer an sich vorbeigelassen. Phillipo bat sie, einige Müllsäcke aus dem Stauraum unter einem der vorderen Plä tze zu holen. Er wollte den Piloten mit Hilfe der Plastiktüten fesseln. Sobald Riordan kaltgestellt war, würde der Leibwächter sich nur noch mit dem
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