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Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition)

Titel: Bruder Kemal: Ein Kayankaya-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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auf ein interessantes Detail bei der Wohnzimmereinrichtung hingewiesen. Ich fand das lustig. Sie nahm es sportlich: Ihr Kopfschütteln und trockenes Auflachen war ebenso sehr Ausdruck von »Ich-glaub’s-ja-nicht!« wie von »Sie-haben-Nerven!«.
    »Ehrlich gesagt habe ich bisher nur hin und wieder einen Blick auf Ihre Schlange geworfen. Ich nehme jedenfalls an, es ist eine Schlange, der Kopf ist ja leider nicht zu sehen – Pardon: Der Kopf ist nicht zu sehen.«
    Sie ging dazu über, mich anzuschauen wie einen netten Irren, freundlich, mitleidig, ein bisschen abgestoßen. Sie zog an der Zigarette, »Was Sie nicht sagen«, und ging in Gedanken wahrscheinlich schon die Liste mit Frankfurter Privatdetektiven durch, wen sie als Nächsten anrufen könnte.
    »Na schön.« Ich stellte meine Schale Fischhautbrühe auf den Glastisch und lehnte mich im Sessel zurück. »Sie wollen also, dass ich mache, was Sie von mir verlangen. Das würde ich gerne, Frau de Chavannes, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob Sie wissen, was genau Sie von mir verlangen wollen.«
    »Bitte?«
    »Sehen Sie, ich stell’s mir ungefähr so vor: Sie haben den Mann – Erdem oder Evren – irgendwo kennengelernt, im Fitness-Studio oder bei einer Vernissage oder so was. Er hat sich an Sie rangemacht, und Sie wurden ein bisschen neugierig. Vielleicht einfach nur so: Migrationshintergrund, Goldkettchen, ölige Haare – so jemanden treffen Sie nicht jeden Tag, wollten Sie sich mal anhören, was der zu sagen hat. Und als nicht nur der erwartete Angeberblödsinn kam – vermutlich war er witzig, charmant, ein bisschen frech, und auf jeden Fall konnte er Geschichten erzählen, die man am oberen Ende der Zeppelinallee eher selten hört –, jedenfalls da dachten Sie so was wie: Lad ich ihn doch mal zu ’ner Party ein, da werden Frau von Tüddelplüsch und Konsul Hoppelpopp mächtig staunen: Was die de Chavannes da wieder für ’ne Type aufgetrieben hat! Na ja, alles lief glatt, Erdem oder Evren wurde die erhoffte originelle Partynummer, schäkerte mal mit der Tüddelplüsch, ließ sich mal von Hoppelpopp irgendwas erklären, was keinen Menschen interessiert, und erzählte verrückte Dinge von Kumpels, Frauen, Autos, der weiten Welt, ein bisschen was Schlüpfriges, ein bisschen was Orientalisches, bis…«
    Ich hielt kurz inne. Bei Valerie de Chavannes bewegte sich nur noch die zu Boden fallende Zigarettenasche, und ihr Blick lag auf mir, als schaute mich der Fisch an, von dessen Haut ich gerade getrunken hatte.
    »…Ihre Tochter nach Hause kam. In dem Alter sind Partys der Eltern normalerweise nichts, weshalb man nicht ausnahmsweise mal früh ins Bett geht, um für die eigenen Partys in den nächsten Tagen Kraft zu tanken. Aber dann sah Ihre Tochter Erdem oder Evren, und das war doch mal ein erfrischender Anblick auf einer der normalerweise so öden Veranstaltungen mit Tüddelplüschs und Hoppelpopps und Papas besoffenen Malerfreunden – und so weiter. Die Details mögen nicht stimmen, aber die Richtung, aus der Ihre Probleme kommen, dürfte das in etwa sein. Natürlich geht so die harmlose Variante. Es gibt auch eine ohne Party, ohne Ehemann…«
    »Halten Sie den Mund!«
    Ihre Zigarette war bis zum Filter runtergebrannt und erloschen. Trotzdem hielt sie den Stummel noch so, als würde sie rauchen.
    »Ich nehme an, das ist der Grund, warum Sie nicht wollen, dass ich mit Mariekes Freunden spreche. Ich würde erfahren, dass Marieke mit einem Bekannten ihrer Mutter rumzieht. Marieke ist sechzehn, das darf sie, und wenn ihr die Situation Spaß macht… Sie wäre nicht die erste pubertierende Tochter, die es ihrer Mutter zeigen will.«
    Sie sah abwesend zu Boden. Der Zigarettenstummel fiel ihr aus der Hand, sie schien es nicht zu merken. Plötzlich hob sie den Kopf und fragte ungeduldig: »Und jetzt?«
    »Und jetzt was?«
    »Was schlagen Sie vor?« Ihre Stimme war hart und streng, aber das ging nicht gegen mich, das ging gegen sie selber.
    »Sie meinen, was Sie von mir verlangen sollen?«
    »Ich will, dass Sie mir meine Tochter zurückbringen!«
    »Schon klar, Frau de Chavannes. Aber wie wär’s, Sie versuchen es erst mal damit, bei Erdem oder Evren…«
    »Erden! Erden Abakay. Er wohnt über dem erwähnten Café, Schiffer-, Ecke Brückenstraße. Er ist dort ziemlich bekannt, Sie hätten ihn ohne weiteres gefunden.«
    »Und dann?«
    »Dann hätten Sie meine Tochter rausgeholt!«
    »Und hätte ihr verschwiegen, dass Sie mich beauftragt haben?«
    »Ja,

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