Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bruderkampf

Bruderkampf

Titel: Bruderkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
Vom Netzwerk:
lange dauern. Die Andiron hatte leicht angeluvt. Über der Rauchbank, die die feindliche Fregatte verbarg, sah er ihre oberen Rahen und die durchlöcherten Segel, als würden sie in der Luft schweben, und las aus ihrer Stellung ab, daß die Andiron auf Position ging, um die Phalarope durch langsame, sorgfältig gezielte Schüsse zur Aufgabe zu zwingen.
    Bolitho erkannte seine eigene Stimme nicht, als er automatisch und ohne zu zögern seine Befehle erteilte. »Lassen Sie den Zimmermann die Pumpen untersuchen. Und der Bootsmann soll mehr Leute nach oben schicken, um die Besanwanten zu spleißen.« Es lag nicht mehr viel Sinn darin, aber das Spiel mußte nach den Regeln beendet werden. Er kannte keinen anderen Weg.
    Sein Blick fiel auf einen alten Geschützführer an einem Zwölfpfünder unterhalb des Achterdecks. Dem Mann waren Müdigkeit und Anstrengung anzusehen, doch seine heisere Stimme klang gelassen, ja geduldig, als er seine Mannschaft nachladen ließ. »So ist's recht, Jungs.« Er blinzelte durch den Dunst, während einer seiner Leute die Kartusche hineinrammte und ein anderer die glänzende Kugel in die klaffende Mündung stopfte. Ein Splitter aus der Geschützpforte riß ihm den Arm auf. Aber er stöhnte kaum und wickelte sich einen schmutzigen Lappen um den Oberarm, ehe er hinzusetzte: »Stoß die Kugel kräftig hinein, Junge! Wir woll'n doch nicht, daß das Ding wieder rausrollt.« Er bemerkte, daß Bolitho ihn beobachtete, und bleckte vor Stolz oder Schmerz die fleckigen Zähne. Dann bellte er: »Fertig! Ausrennen!« Die Räder quietschten, als die Kanone vor- und dann zurückrollte, sobald der alte Mann die Abzugsleine zog.
    Vibart tauchte an der Reling auf. Seine Gestalt glich einem festen, blauweißen Felsen. Er wirkte grimmig, aber unerschüttert, und wartete, bis die Neunpfünder gefeuert hatten und zurückgerollt waren, ehe er rief: »Kein Wasser im Schiff, Sir. Sie hat keinen Treffer unterhalb der Wasserlinie abbekommen.«
    Bolitho nickte. Der Amerikaner dachte sicher an eine Prise.
    Es würde nicht lange dauern, die Phalarope in einer der Werften überholen zu lassen, die die Briten aufgeben mußten, als sie sich vo m amerikanischen Kontinent zurückzogen.
    Die Erkenntnis stachelte Bolitho an. Die Phalarope kämpfte um ihr Leben, doch die Mannschaft wurde ihr nicht gerecht. Er wurde ihr nicht gerecht. Er hatte das Schiff und jeden Mann an Bord in diese Situation gebracht. Alle Hoffnungen und Versprechungen waren jetzt bedeutungslos. Schande und Versagen waren die einzige Alternative zu Untergang und Tod.
    Selbst wenn er sich dem Angriff der Andiron hätte entziehen wollen, jetzt wäre es zu spät gewesen. Die Brise ließ mehr und mehr nach, und die von den kreischenden Kanonenkugeln zerrissenen Segel waren nahezu nutzlos.
    Ein Seesoldat krallte die Hand vor das klaffende rote Loch in der Stirn, ehe er zwischen seine Kameraden stürzte. Jedes Wort dehnend, befahl Hauptmann Rennie: »Auffüllen! Wozu, zum Teufel, glaubt ihr, seid ihr da?« Und zu Sergeant Garwood sagte er zynisch: »Notieren Sie den nächsten Mann, der ohne Erlaubnis stirbt.«
    Überraschenderweise lachten einige Seesoldaten, und als Rennie merkte, daß Bolitho herübersah, zuckte er bloß mit den Schultern, als verstünde auch er, daß alles Teil eines gräßlichen Spiels war.
    Das Schiff stampfte, und die Segel dröhnten protestierend, als der abflauende Wind die klatschende Leinwand traf. Bolitho zischte den Rudergänger an: »Achten Sie auf das Ruder! Schiff auf Kurs halten!«
    Doch einer der Rudergänger war gefallen. Aus seinem Mund strömte Blut über die Planken. Ein anderer Mann, ständig auf einem Stück Tabak herumkauend, tauchte von irgendwoher auf und nahm seinen Platz ein.
    »Die Steuerbordbatterie ist ein wildes Durcheinander«, knurrte Vibart. »Wenn wir von Backbord her angreifen könnten, hätten wir Zeit, sie zu reorganisieren.«
    Bolitho sah ihn fest an. »Die Andiron ist im Vorteil. Aber ich beabsichtige, ihr Heck zu kreuzen.«
    Vibart spähte mit kalten, kalkulierenden Augen querab. »Das wird uns die Andiron nie erlauben. Sie hämmert uns in Stücke, ehe wir eine Kabellänge weit sind.« Er sah Bolitho an. »Wir werden die Flagge streichen müssen.« Seine Stimme bebte.
    »Viel mehr können wir nicht mehr einstecken.«
    Bolitho erwiderte ruhig: »Das will ich nicht gehört haben, Mr.
    Vibart. Gehen Sie nach vorn, und bringen Sie die ganze Batterie wieder auf Vordermann.« Es klang kalt und endgültig. »Wenn

Weitere Kostenlose Bücher