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Bullenball

Bullenball

Titel: Bullenball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Holtkötter
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so zum Spaß ein bisschen Panik verbreiten wollte, beruhigten
sich die Gemüter wieder.
    Das ist mal wieder typisch, dachte Jule, die mit ihrer Klarinette
gegen das Geländer gedrückt stand. Sobald alle auf einem Haufen sind, wird
herumgealbert. Sie wunderte sich, dass über sie und ihre Hochzeitspläne keine
Scherze gemacht wurden. Dafür konnte es nur einen Grund geben: In der Band
wusste noch keiner davon. Jonas hatte dichtgehalten, wie versprochen. Günter
Ehlers, der Leiter der Jazzband, hätte sich bestimmt was einfallen lassen, das
sich ihnen zur Ehre spontan ins Programm einbauen ließe. Mitten auf dem
Münsteraner Weinfest. Sie hätte sich auf eine peinliche Situation gefasst
machen können. Dabei hasste sie es, im Mittelpunkt zu stehen.
    Nach und nach kletterten die Musiker über die wacklige Treppe hinab
in den Schlossgarten und begannen damit, Stühle und Notenständer trocken zu
wischen. Jule stand etwas verloren herum. Die Klarinettenreihe war noch immer
unvollständig, und das, obwohl sie den Soundcheck bereits hinter sich hatten.
Von der ersten Stimme war nur sie da, ihre beiden besten Freundinnen Marie und
Uli fehlten noch. Normalerweise riefen die beiden an, wenn sie sich
verspäteten. Gerade bei einem Auftritt. Sie hatte keine Ahnung, was passiert
sein konnte. Den Gedanken, Uli und Marie könnten von ihrer Hochzeit erfahren
haben und deshalb fehlen, erstickte Jule im Ansatz.
    Plötzlich wurde ihr Name gerufen. Sie wandte sich zum Schotterweg,
und da sah sie Marie zwischen den Rhododendronbüschen auf sie zueilen. Sie war
also doch noch gekommen, gerade rechtzeitig.
    »Marie! Da bist du ja! Wir warten alle auf dich!«
    »Der Zug hatte Verspätung, tut mir leid.«
    Jule musterte das Gesicht ihrer Freundin. Wusste sie schon etwas von
ihren Plänen?
    Tatsächlich grinste Marie und sagte: »Du und Jonas, ihr heiratet?«
    »Oh nein! Das wollte ich dir selbst sagen. Du solltest das nicht von
jemand anders erfahren. Mist.«
    »Macht doch nichts. Meine Mutter hat’s von deiner Mutter. Hast du
deshalb die nächsten zwei Wochen Urlaub genommen, ohne wegzufahren? Weil du die
Hochzeit vorbereiten willst?«
    Jule arbeitete als Rechtsanwaltsgehilfin in Nottuln, und nicht nur
ihr Chef hatte sich gewundert, weshalb es für sie so wichtig war, Urlaub zu
nehmen, wenn sie doch gar keine Reise plante.
    »Ja, schon. Aber glaub mir, wir haben das erst heute öffentlich
gemacht. Ich wollte es dir nach unserm Auftritt sagen. Dass das jetzt so
gelaufen ist, tut mir echt leid.«
    »Ach, komm runter, ist doch kein Drama.« Marie nahm sie in den Arm.
»Ich freu mich für dich. Wirklich.« Dann lachte sie. »Auch wenn ich das
ziemlich schräg finde. Heiraten, mit dreiundzwanzig!«
    Jule lachte erleichtert mit. Womöglich waren ihre Sorgen tatsächlich
unberechtigt gewesen.
    Günter Ehlers rief von Weitem: »Marie, da bist du ja endlich! Beeil dich,
es geht gleich los.«
    Marie zwinkerte ihr zu und lief weiter zum Anhänger der Band, wo
während des Auftritts die Jacken und Taschen verstaut wurden. Sie pellte sich
aus ihrem Mantel. Darunter trug sie bereits ein weißes Hemd mit schwarzer
Weste, die Standardkleidung für die Bühne.
    Am Pavillon herrschte aufgeregtes Durcheinander. Tonleitern und
Melodiefragmente schwirrten herüber. Es wurde eilig in Noten herumgeblättert,
Weingläser wanderten über Köpfe hinweg.
    Marie stieß ihr in die Seite. »Jetzt sag schon: Wie kommt ihr auf so
eine Idee? Heiraten!«
    »Na ja.« Jule war klar, wie sich das für Außenstehende anhören
würde. Als wären Jonas und sie ein bisschen aus dem Jahrhundert gefallen. »Wir
wollen doch im Winter zusammenziehen. Und da dachten wir … du weißt schon … es
wäre halt schöner, wenn man … dann auch richtig zusammen ist, ganz offiziell.
Außerdem wollen wir ja irgendwann Kinder haben, mindestens vier. Versteh mich
bitte nicht falsch, da ist nichts unterwegs. Wir dachten nur, wenn man schon
mal verheiratet ist …« Sie geriet ins Stocken. Es klang tatsächlich ein
bisschen merkwürdig.
    Marie begann zu lachen. »Ist schon okay. Du musst dich nicht
entschuldigen. Heiratet einfach, ganz egal, was die anderen davon halten.«
    »Dann hast du nichts dagegen?« Es war Jule einfach herausgerutscht.
Zu spät, um es ungesagt zu machen.
    Marie runzelte die Stirn. »Warum sollte ich denn was dagegen haben?«
    Jule wagte es nicht, ihr ins Gesicht zu blicken.
    »Mein Gott, Jule! Das war in der sechsten Klasse! Denkst du etwa, ich
bin immer noch in ihn

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