Butler Parker Buch 1 - Der Butler setzt auf Sieg!
James.“
„Oh, ich leide zurzeit an Sodbrennen und möchte meinen Magen schonen.“
„Möchten Sie einen Tee oder Kakao?“
Der Butler lehnte höflich ab und verabschiedete sich.
*
„Sie sind das!“, rief Lady Marbely erstaunt, als der Mann die Zelle betrat. Er trug eine militärische Uniform mit einer doppelten Acht am linken Ärmel seiner Jacke.
„Jawohl, ich bin der zweite Führer , der das so schmählich unterbrochene Werk seines Vorgängers fortsetzen und zur Vollendung bringen wird. Deutschland wird wiederauferstehen aus der Schmach und den Demütigungen des vergangenen Jahrhunderts.“
„Und dafür benötigen Sie das Geld einer alten Engländerin?“
„Falsch. Das Geld eines Deutschen, das durch widrige Umstände an eine Engländerin gefallen ist. Natürlich nur vorübergehend.“
„Also muss diese alte Engländerin sterben, wie so viele in diesem Fall.“
„Persönliche Interessen müssen dem großen Ganzen untergeordnet werden.“
„Sie müssen mich also töten, um an meine Erbschaft zu kommen.“
„Nicht unbedingt. Vielleicht lassen Sie sich für unsere Ziele begeistern.“
„Ach herrje. Und wenn nicht?“
„Dann wird uns letzten Endes nichts anderes übrig bleiben, als ...“
„Und vorher?“
„Vorher sind die Schritte zu setzen, die den legalen Übergang der Erbschaft von Ihnen auf uns ermöglichen.“
„Also ein neues Testament?“
„Ein Testament“, sagte der Mann schließlich, „das uns das nötige Geld sichert, das sonst im Ausland verschwände. Bei unserem Erzfeind.“
„Auf der Insel.“
„Richtig. Ich habe Papier und Kugelschreiber mitgebracht.“
„Und Sie glauben, ich bin so dumm, mein eigenes Todesurteil zu unterschreiben?“
Dieses Mal schwieg ihr Gegenüber.
„Sie wollen, dass ich mein gesamtes Vermögen dem Bund 88 hinterlasse. Oder soll ich schreiben meinen lieben Mördern ?“ Miladys Stimme zitterte.
„Der Stiftung Aufhauser, die von einem Gremium anerkannter Persönlichkeiten vertreten wird. Ich habe einen Mustertext aufgesetzt. Sie müssen nur abschreiben.“
„Ich nehme mir Bedenkzeit.“
„Die bekommen Sie. Allerdings ist unsere Geduld beschränkt. In vier Stunden sehen wir uns wieder. Dann haben Sie entweder unterschrieben ...“
„Oder nicht.“
„Von dieser Möglichkeit rate ich allerdings dringend ab. Wir haben Mittel und Wege, Sie zum Schreiben zu bringen.“
„Folter?“
Der Führer hüstelte dezent.
*
„Was ist mit unserer Lady passiert?“, fragte Stefan Obermann. „Sie hätte doch am Abend zurückkommen sollen.“
„Sie wird in Siegen geblieben sein“, versuchte Ruth ihn zu beruhigen.
„Kennt die Lady eigentlich unsere Telefonnummern?“
„Nein. Und wir kennen die ihre nicht. Sie wird schon wieder kommen. Vielleicht streikt der Wagen. Und ich muss leider noch mal weg.“
„Wohin?“, fragte Stefan.
„Ich muss mich um meine Klienten kümmern. Du könntest dich hier nützlich machen. Am Nachmittag bin ich wieder da.“
„Nützlich in welcher Weise?“
„Holz hacken, Essen machen. Dir wird schon etwas einfallen.“
„Okay. Zuerst frühstücken wir aber.“
Die junge Frau lächelte. „Natürlich. Ich mache das Frühstück, du wäschst ab.“
Nachdem Ruth weggefahren war, fühlte sich Stefan derart träge, dass er sich wenigstens ein paar Minuten ausruhen wollte, bevor er sich dem Alltag im Blockhaus stellen konnte. Kaum lag er auf dem weichen Bett, da war er schon in einen tiefen Schlaf gefallen.
Zur gleichen Zeit fuhr Ruth Henschel in ihre Praxis für Systemische Therapie in die Siegener Leimbachstraße. Drei Klienten warteten an diesem Vormittag auf sie. Wobei man nie wusste, ob sie tatsächlich kamen. Das war bei psychisch Kranken nicht immer vorauszusehen. Das Sitzen und Warten gehörte zu den Tätigkeiten, die Ruth am meisten hasste. Da war es schon spannender, wenn jemand eine akute Krise hatte oder aggressiv wurde. Damit konnte sie umgehen. Ausreichend Erfahrung hatte sie in den drei Jahren ihrer Tätigkeit gesammelt. Sie hatte in der Therapie, die sie in der Ausbildung selbst mitmachen musste, herausgefunden, dass sie aufgrund ihrer eigenen, nicht unproblematischen Geschichte eine natürliche Begabung für das Aufspüren menschlicher Schwächen oder Schwächen in Systemen wie Büros oder Arbeitsgruppen hatte. Die Konstellation in ihrer eigenen Familie war ziemlich verworren gewesen. Der Vater wollte die Familie führen, war aber tatsächlich nichts anderes als ein ewiges Kind geblieben. Ein
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