Butter, Brot und Laeusespray
Blausteinsees, Jülicher Börde, in Nordrhein-Westfalen. Bis 1971 gab es dort eine eigenständige Gemeinde namens Dürwiß (heute ein Ortsteil von Eschweiler).
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Heißa, jetzt geht’s drunter und drüber. Welch Proppenfülle, welch grenzwertiges Eiplanov! Vorab: «Zostex» ist ein Mittel gegen Lippenherpes. Wussten Sie, liebe Leser, dass das Wort «Barock» aus dem Portugiesischen kommt und ursprünglich «schiefe Perle» bedeutet? Ich erwähne dies, weil mir dieser Zettel ausgesprochen barock vorkommt. So wie in der barocken Kunst mit ausufernden Schnörkeleien Gott gehuldigt wurde, so huldigt dieser neobarocke Einkaufszettel dem Konsum. Ganz oben lesen wir «Sparda – Geld überweisen», ein monetäres Motiv, das, wie in der barocken Kunst üblich, als Klammer am Ende wieder auftaucht, dort abgewandelt zu «Sparkasse – Geld holen». In der Mitte dreht sich alles um das zentrale Thema «Tanken» sowie das Nebenthema «Tengelmann» – beide Themen sinnigerweise eingerahmt in Ovale, die sich spielend als schiefe Perlen deuten lassen. In seiner Unübersichtlichkeit spiegelt dieses Werk die Finanzkrise wider; keiner blickt durch, und um das Kuddelmuddel hinter sich zu lassen, muss eine lange To-do-Liste abgehakt werden. Kein Wunder, wenn man in diesem Chaos Herpes kriegt.
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Die neobarocke Finanzkrisenallegorie ist kein Einzelfall; schon mehrfach bin ich auf Zettel gestoßen, die ein ganzes Gedankengebäude, ein in sich geschlossenes Weltbild transportieren. In diesem Beispiel stehen nicht Kraftstoff, Knete und Konsum im Zentrum, sondern: der Swiffer. Er ist Dreh- und Angelpunkt eines kosmologischen Organigramms; IHN schreibt man in Großbuchstaben, ER markiert die Mitte von allem. Direkt drunter: sein Stellvertreter, Duschbad H-W, wobei H-W für Hochwürden stehen könnte. Wie der Swiffer widmet auch Hochwürden Duschbad sein Wirken allein der Sauberkeit. Oberhalb lesen wir «Eier» und «Milchmöpse» – Ursprung und Kraftquell allen Lebens. Da kommen wir her. Ganz unten in diesem Weltbild steht das junge «Gemüse», das «Fleisch» und die «Würstchen» – da gehören wir hin. Etwas «Banane», diese Sichtweise? Mag sein; über allem jedenfalls droht uns «Tee, der Tassenteufel». Der holt uns ab, wenn wir nicht mehr im «Saft» stehen und unsere (Tee-)Stunde schlägt. Im Mittelpunkt der Schöpfung steht also der Swiffer, laut Werbetext des Herstellers ein «Staubmagnet», der angeblich zweimal mehr Staub festhält als herkömmliche Staubwischmethoden. Wir ahnen die Macht eines solchen Staubmagneten; er bindet Materie besser als jedes schwarze Loch und macht womöglich auch Sternenstaub den Garaus. Der liebe Gott kann einpacken. Tät mich nicht wundern, wenn der Swiffer, Duschbad H-W und mit ihnen der Glaube an die Sauberkeit dereinst zu einer echten Bedrohung für die etablierten Kirchen werden würden.
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Auf diesem Zettel steht «Majo» im Mittelpunkt, Sie wissen schon, diese geheimnisvolle, weiße Substanz, die sich, wenn sie verschüttet wird, einem Swiffer hartnäckig zu widersetzen vermag. In der hier skizzierten Kosmologie ist die beliebte Speiseemulsion gleichsam die Majostät, das höchste Wesen, dem sich alles andere unterzuordnen hat, vor allem natürlich ihr Gegenspieler, der Paprikahaifisch. Oder steht dort «Mayo», mit Ypsilon? Wir denken unwillkürlich an den Mayo-Kalender und seine Weissagung des Weltenendes, das am 21. 12. 2012 stattfinden sollte. Der Zettel wurde vor diesem Datum verfasst; vielleicht hat sich der Verfasser von der Weltuntergangsstimmung anstecken lassen. Einkaufszettel, die uns die Welt erklären, verraten die Sehnsucht des Autors nach Ordnung und Einsicht, nach einem höheren Wesen, eben Treibstoff, Swiffer oder Majo, ein Wesen, das ihn an die Hand nimmt und gütig durchs Leben führt. Diese Sehnsucht nach Geborgenheit im Glauben ist den meisten Menschen zu eigen. Der Aufenthalt beim Einzelhändler wird somit zur inneren Einkehr, zum Gottesdienst. Sicher, man kann es für Zufall halten, dass der eine an die Tanke zu glauben scheint, der andere ans Putzmittel, der Dritte an die Majonäse. Allein, ich glaub nicht dran.
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Während religiöse Offenbarungen in Einkaufszettelform nur spekulativ, ohne endgültigen Anspruch auf Wahrheit gedeutet werden können, gibt es auch Zettel, bei denen die Latte ein bisserl niedriger hängt. Sie behaupten nicht, unser Universum aufdröseln zu können, sind aber dennoch beredt; sie bergen ein Geheimnis, aber dieses
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