Butter, Brot und Laeusespray
Scholle zu, nicht dem Plattfisch, sondern der dampfenden Krume, welche das Blaukraut ernährt. Freunde politscher Farbsymbolik stolpern sogleich über die Umgehung des doch viel gewerkschaftsaffiner klingenden Wortes «Rotkohl», aber wir sind in Bayern, und dorten ist die landsmannschaftliche Verankerung mit Dirndl, Duld und Dialekt schon immer stärker als die Bindekraft politischer Weltanschauung. Den Bavarismus «Blaukraut» als Indiz für liberale Neigungen zu missdeuten, sollten wir also tunlichst unterlassen. Auffallend sind jedoch die putzigen Schnörkel am «B» und am «k», die dem Mittelteil dieses Zettels fast ein bauernmalerisches Gepräge geben. Die Graphologie spricht in einem solchen Fall von einer «vollen» Schrift, die auf Breite des Erlebten, auf Phantasie und Anschauungsgabe schließen lässt, andererseits auch auf Unsachlichkeit, Mangel an Abstraktionsvermögen und Gefühlsdenken. Der graphologische Befund stützt die Annahme, dass sich zur Handlungsfreudigkeit dieses Gewerkschaftsjugendlichen Vision und Herzblut gesellen. Hier wagt jemand die konkrete Utopie, ohne jedoch, wie uns der bodenständig-bürgerliche «Braten» verrät, im Wolkenkuckucksheim zu wohnen. Nein, die IG Metall muss sich um ihren Nachwuchs keine Sorgen machen. Hier wächst ein großer Arbeiterführer heran. Ach, was sage ich; womöglich stammt dieser Zettel von einem zukünftigen SP D-Bundeskanzler – und zwar von einem bayerischen. Luja, sog I!
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Wir bleiben in der Welt der Arbeit, genauer gesagt im Tapeziererhandwerk. Der Einsatz von Raufasertapetenresten als Einkaufszettel ist in dieser Berufsgruppe sicher keine Seltenheit. Auf dem vorliegenden Exemplar lesen wir «2 × 80, Bier, Kaffee und Trennscheibe». Es ist nicht gänzlich auszuschließen, dass die einleitende Zahlenangabe etwas mit den nachfolgenden Getränken zu tun hat. Womöglich wollen hier 80 Flaschen Bier und 80 Kaffee eingeholt werden, die der einkaufende Tapezierer – hoffentlich – nicht alleine trinkt. Eine Trennscheibe wiederum ist eine runde, flache Schruppscheibe und Bestandteil eines Winkel- oder Trennschleifers. Während die dickere Schleifscheibe durch Spanabhebung einen flächigen Abtrag erzielt, dient die Trennscheibe meist dem zerschneidenden Materialabtrag entlang einer Linie. Wiewohl ich emotional eher der Getränkethese zuneige, ist durchaus denkbar, dass sich die « 80 mm » auf den Durchmesser der zu erwerbenden zwei Trennscheiben beziehen. Dass es sich um Trenn- und nicht um Tennscheiben handelt, darf ruhigen Gewissens angenommen werden. Raufaser provoziert aufgrund seiner unebenen Struktur Unleserlichkeiten; mitunter werden ganze Wortbestandteile verformt, verschluckt, vernichtet; unter Werkstoffkennern ist Raufaser auch als die Schruppscheibe unter den Schreibpapieren bekannt. In meine Sammlung gelangte dieser Zettel übrigens als Geschenk meiner Mutter. Ja, in meiner Familie weiß man über meine Leidenschaft Bescheid; zu allen möglichen Gelegenheiten werden mir Fundstücke überreicht, und gerne ziehen wir Bonings auch gemeinsam los. Besonders gerne gehe ich mit meiner Schwester Melani auf die Pirsch. Als erfahrene Krankenschwester wird sie weniger von Ekelgefühlen gepeinigt als Normal-Nullen wie ich. Dies ermöglicht ihr einen weit radikaleren Umgang mit Supermarkt-Mülleimern. Einszweidrei hat sie das Ding auf den Kopf gestellt und alles Verwertbare aus dem Schmodder gefischt. Das Verhältnis zwischen mir und meiner Schwester ist durch die Einkaufszettelei auf eine völlig neue Grundlage gestellt worden. Lieb und teuer war sie mir schon immer, nun aber ist mein Respekt ins Unendliche gewachsen. Und wo wir uns gerade mit Unendlichkeit beschäftigen:
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Die meisten heutigen Einkaufszettel werden auf Schreibgründen verfasst, die aus Zellstoffen bestehen; nur sehr selten finden auch andere Materialien Verwendung. Bei diesem stilisierten Kleinwagen handelt es sich um einen Aufkleber aus Plastik. Einen ganzen Nachmittag lang habe ich das Internet durchforstet, um herauszufinden, welcher Wagentyp hier dargestellt sein könnte. Am ehesten ist der indische «Bajaj ULC» in Betracht zu ziehen, ein indischer Zweizylinder-Kleinstwagen.
Obst, Joghurt, Deoroller – die gelistete Produktauswahl ist auf den ersten Blick nur mittelmäßig interessant, verblüffend jedoch finde ich, wie viel bei intelligenter Stapelung in solch einen Kleinstwagen hineinpasst. Im Ernst: Konsumenten, die unverrottbare Zettel bevorzugen, wollen
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