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BY702 - Heroin in harten Händen

BY702 - Heroin in harten Händen

Titel: BY702 - Heroin in harten Händen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heroin in harten Händen
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grenzte an Hysterie. Vermutlich hätte er keine Skrupel gehabt, seine eigene Mutter zu betrügen, aber zu Gewalttaten war er nicht fähig. Wir wußten genau, daß es kaum ein zwielichtiges Geschäft gab, in dem er sich noch nicht versucht hatte. Aber wenn irgendwo eine wirklich üble Geschichte passierte, hatte er uns schon oft nützliche Tips gegeben.
    Als ich seine brüchige Stimme am Telefon hörte, packte ich unwillkürlich den Hörer fester. Ich kannte den kleinen Spitzel gut genug, um zu wissen, daß er einen wichtigen Grund haben mußte, die Nummer des FBI-Gebäudes zu drehen.
    »Guten Abend, Goody«, sagte ich. »Hast du mal wieder Durst auf eine Extraration Whisky?«
    Er räusperte sich. »Ich — ich muß Sie mal sprechen, Mr. Cotton«, sagte er dann vorsichtig. »Ich… Es ist wegen…«
    Er stockte, schien zu überlegen. Ich wartete ab. Drängen hatte in dieser Situation keinen Zweck, das wußte ich. Schließlich hörte ich ihn tief einatmen.
    »Sie wissen doch, daß ich nie was mit dem Syndikat zu tun hatte«, sagte er schnell.
    »Ja, das weiß ich.«
    »Und ich will auch nichts damit zu tun haben! Ich…« Er machte wieder eine Pause. Dann sank seine Stimme zu einem Flüstern ab. »Es tut sich was in der Bronx, Mr. Cotton. Es wird so allerhand geredet. Allerhand, das Ihnen nicht gefallen wird.«
    »Was wird geredet, Goody?«
    »Ich will nichts damit zu tun haben! Ich sage Ihnen nur, daß Sie die Augen offenhalten sollen. Kennen Sie Indianer-Johnny?« fragte er dann unvermittelt.
    »Natürlich«, sagte ich. Indianer-Johnny war ein kleiner Rauschgifthändler in der Bronx, gegen den uns bisher immer die Beweise gefehlt hatten.
    »Indianer-Johnny hat einen neuen Boß«, verkündete Jim Goody halblaut.
    Und dann zeigte mir ein Knacken in der Leitung, daß er aufgelegt hatte.
    Zwei, drei Sekunden blieb ich bewegungslos. Dann drückte ich langsam auch meinen Hörer auf die Gabel.
    Jim Goody, der Spitzel, hatte genau das ausgesprochen, was ich seit Wochen befürchtete.
    Es gab einen neuen Rauschgiftboß in der Bronx.
    Mechanisch suchte ich in meiner Tasche nach Zigaretten und ließ das Feuerzeug aufflammen, als ich sie gefunden hatte. Nachdenklich zog ich den Rauch ein und ließ mir noch einmal Goodys Worte durch den Kopf gehen.
    »Du siehst aus, als ob du ein Gespenst gesehen hättest«, stellte Phil fest, als er zwei Minuten später das Office betrat.
    »Das Gespenst sitzt in der Bronx«, sagte ich. »Ein neuer Rauschgiftboß!« Phil zog die Augenbrauen hoch. »Erzähl!« forderte er knapp.
    Ich berichtete über das Gespräch mit dem kleinen Spitzel. Phil hörte aufmerksam zu und trommelte dabei mit den Fingern auf die Schreibtischkante. »Reichlich unklar, diese Andeutung über das Syndikat und den neuen Boß«, stellte er fest.
    »Ja. Goody war äußerst vorsichtig. Er fürchtete offenbar, zuviel zu verraten.«
    »Der einzige Ansatzpunkt ist der Name Indianer-Johnny. Ob wir den Burschen mal besuchen?«
    »Sollen wir ihn vielleicht fragen, wie sein neuer Boß heißt? Damit würden wir ihn nur mißtrauisch machen. Nein! Was wir brauchen, sind nähere Informationen. Wir müssen uns an Jim Goody halten.«
    »Na, dann los!« Phil griff nach seinem Jackett. »Verwandeln wir uns mal wieder in Gangster. Aber diesmal werden wir uns eine andere Verkleidung ausdenken müssen. Unsere Schnurrbärte sind bekannt in der Bronx, seit wir Nick Louis verhaftet haben.«
    Ich drückte meine Zigarette aus und folgte ihm.
    ***
    Eine Viertelstunde später hatte Ben Harper, der Leiter der Fahrbereitschaft, wieder einmal Gelegenheit, unsere Verwandlungskünste zu bestaunen. Wir trugen Perücken, Rollkragenpullover und Schlägermützen.
    »Ihr seht aus wie richtige Buchmacher«, knurrte Harper. »Was für ein Wagen darf’s diesmal sein?«
    »Der da!« Phil wies auf einen grünen Pontiac, dessen vorderer Kotflügel eingedrückt war.
    »Okay! Meinetwegen könnt ihr den noch mehr lädieren. Steve Dillaggio hat ihn gestern dazu benutzt, einen anderen Wagen zu stoppen. — Der Schlüssel steckt.«
    Wir schwangen uns auf die Vordersitze, starteten und rollten durch die Ausfahrt.
    Wir wußten genau, wo wir Jim Goody finden konnten.
    Der kleine Spitzel pflegte abends seine Runde durch die Bronx zu machen, von einer dreckigen Kneipe zur anderen, immer auf der Suche nach ein paar leicht zu verdienenden Dollar oder einem Schnaps. Jim Goody war eine der kümmerlichen Existenzen, wie sie die New Yorker Elendsviertel zu Hunderten hervorbringen.

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