Cäsar Cascabel
schäumenden Bieres, teil an einer seinen Flasche Sherry zum Dessert haben.
Von Clou, ihrem gewöhnlichen Gehilfen, unterstützt, hatte Cornelia das Frühstück im Handumdrehen bereitet. Man deckte den Tisch in der zweiten Abteilung des Wagens, dem sogenannten Wohnzimmer, dessen Temperatur durch den in der ersten Abteilung befindlichen Küchenherd auf gehöriger Höhe erhalten wurde. Wenn Vater, Mutter und Kinder an jenem Tage – wie übrigens alle Tage – mit bemerkenswertem Appetit aßen, so war das durch die Umstände mehr als gerechtfertigt.
Nach der Mahlzeit schlug Herr Cascabel den feierlichen Ton an, in welchem er seine Reden an das Publikum zu halten pflegte, und sprach sich folgendermaßen aus:
»Morgen, Kinder, verlassen wir die edle Stadt Sakramento mitsamt ihren wackern Einwohnern, die wir nur loben können, ob ihre Farbe nun rot, schwarz oder weiß sei. Aber Sakramento liegt in Kalifornien, und Kalifornien liegt in Amerika, und Amerika liegt nicht in Europa. Und Vaterland bleibt denn doch Vaterland, und Europa ist Frankreich, und es ist Zeit, daß Frankreich uns wieder ›in seinen Mauern‹ sehe, nachdem wir so viele Jahre lang von dort abwesend waren. Haben wir ein Vermögen erworben? Eigentlich nicht! Indessen besitzen wir eine gewisse Anzahl von Dollars, die sich in unserer Handkasse recht gut ausnehmen werden, wenn wir sie erst in französisches Gold oder Silbergeld umgesetzt haben. Ein Teil dieser Summe wird uns die Überfahrt über den Atlantischen Ocean auf einem jener schnellen Schiffe ermöglichen, welche die dreifarbige Flagge tragen, die Farbe, die Napoleon einst von Hauptstadt zu Hauptstadt spazieren führte…. Auf deine Gesundheit, Cornelia!«
Frau Cascabel verneigte sich angesichts dieser Freundschaftsbezeigung, welche ihr Gatte ihr häufig erwies, als wolle er ihr auf diese Weise dafür danken, daß sie ihm alkideisch herkulische Helden in seinen Kindern geschenkt habe.
Dann fuhr er fort:
»Ich trinke auch auf eine glückliche Reise für uns. Mögen günstige Winde unsere Segel blähen!«
Er hielt inne, um jedermann ein letztes Gläschen von seinem vorzüglichen Sherry einzuschenken.
»Aber vielleicht meinst du, Clou, daß unsere Kasse nach Deckung der Reisekosten leer bleiben werde?…«
»Nein, Herr Direktor… wenn nicht etwa die Preise der Dampfschiffe im Vereine mit den Preisen der Eisenbahnen…«
»Eisenbahnen, Railroads wie die Yankees sagen!« rief Herr Cascabel. »Aber, du naives und unverständiges Wesen, wir werden ja keine Eisenbahnen benützen! Ich gedenke die Transportkosten von Sakramento nach Newyork zu ersparen, indem ich den Weg in unserem rollenden Hause zurücklege! Einige hundert Meilen werden doch wohl die Familie Cascabel nicht erschrecken, welche daran gewöhnt ist, durch die Welt zu bummeln!«
»Gewiß nicht!« stimmte Jean bei.
»Und welche Freude es für uns sein wird, Frankreich wiederzusehen!« rief Frau Cascabel.
»Unser Frankreich, Kinder,« fuhr Herr Cascabel fort, »das ihr nicht kennt, weil ihr in Amerika geboren seid; unser schönes Frankreich, das ihr endlich kennen lernen werdet! Ach, Cornelia, welch ein Vergnügen für dich, die Provençalin, und für mich, den Normannen, nach zwanzigjähriger Abwesenheit!«
»Ja, Cäsar, ja!«
»Siehst du, Cornelia, wenn man mir jetzt ein Engagement anböte, und wäre es selbst am Theater des Herrn Barnum, ich würde es ausschlagen! Unsere Rückkehr verschieben, niemals!… Eher ginge ich auf den Händen zurück!… Wir sind eben vom Heimweh befallen und das kann man nur durch die Rückkehr ins Vaterland kurieren… Ich kenne kein anderes Heilmittel dafür!«
Cäsar Cascabel sprach die Wahrheit. Seine Frau und er hatten nur mehr einen Gedanken: nach Frankreich zurückzukehren; und welche Befriedigung, in der Lage dazu zu sein, nachdem es nicht an Geld mangelte!
»Also machen wir uns morgen auf den Weg!« sagte Herr Cascabel.
»Und vielleicht wird das unsere letzte Reise sein!« antwortete Cornelia.
»Cornelia,« versetzte ihr Mann mit Würde, »ich kenne nur eine letzte Reise, diejenige, zu welcher Gott keine Retourkarten ausgiebt!«
»Wohl, Cäsar, aber werden wir uns nicht vor dieser Reise ausruhen, wenn wir ein Vermögen erworben haben?«
»Uns ausruhen, Cornelia? Niemals! Ich mag kein Vermögen, wenn dasselbe uns dem Müßiggange entgegenführt. Glaubst du denn, daß du das Recht besitzest, die Fähigkeiten unbenützt zu lassen, mit welchen die Natur dich so reichlich ausgestattet hat?
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