Campcookies (Perplexity German Edition)
er war trotzdem ein lausiger Betrunkener.
Nachdem das erledigt war, öffnete er eine Dose Bier und sah den anderen beim Arbeiten zu. Das Radio plärrte I’ll Be Home For Christmas und der Kitsch triezte unerwartet sein Gewissen. Seit ein paar Jahren war er nicht nach Hause gefahren; mit dem Vater im Knast und der Mutter unterwegs auf ihrer x-ten Selbstfindungsreise hatte es keinen großen Sinn gehabt. Seine Schwester hatte inzwischen zwei Kinder und war so mit der Familie und ihrer Arbeit beschäftigt, dass er sich nie wohl fühlte sie zu besuchen, obwohl sie immer versuchte, ihn vom Gegenteil zu überzeugen.
Vielleicht nächstes Jahr , sagte er sich. Der Entschluss festigte sich zum Ende des Songs hin. Ich kann immerhin helfen, die Gören im Zaum zu halten.
Ein neues Lied fing an, dieses Mal Elvis. Ty ertappte sich dabei, wie er mit dem Fuß zum Rhythmus wippte, obwohl er den Kerl nie gemocht hatte.
„Ey, Black, komm mal rüber!“, rief Pascuzzo und winkte. „Hilf uns die … wieheißendie? … Streusel auf die, uh, Dinger zu tun.“
Mit einem Seufzen stellte Ty seine leere Bierdose weg. „Danke, dass du dem Kind Alkohol gegeben hast, Boss“, knurrte er. „Ich hoffe, er kotzt dir heute Nacht in die Stiefel.“
„Weißt du, vielleicht solltest du einen Keks essen“, grinste Hadenfeldt. „Diese ganze schlechte Laune kann nicht gesund sein.“
„Ja, leb ein bisschen!“ Pascuzzo griff sich die Whiskyflasche und schüttelte sie einladend. „Hoch die Tassen, Großer!“
Er nahm einen großen Schluck und reichte die Flasche an den Colonel weiter. Auf morbide Art fasziniert sah Ty dabei zu, wie Hadenfeldt ebenfalls einen Schluck trank. Seine Lippen verweilten etwas länger als unbedingt nötig am Glas.
„Und jetzt du”, verlangte Pascuzzo mit schleppender, rauer Stimme.
„Nah, trink du einen für mich mit”, murmelte er und vermied es, Hadenfeldts plötzlich ziemlich kühlem Blick zu begegnen.
Um seine mit einem Mal rastlosen Hände zu beschäftigen, schlurfte er zur unbesetzten Seite des Tisches und nahm sich einen Backpinsel und die Schüssel mit dem Eierlikörgebräu. Hadenfeldt erhitzte derweil die Schokoladenkuvertüre über dem Campingkocher. Zu dritt schafften sie es schnell, die sechs Bleche voller Plätzchen zu verzieren, obwohl das Ergebnis nicht sonderlich hübsch war. Wie McLendon verlangt hatte, hatten sie überall Streusel verteilt, sowohl die aus Schokolade als auch die aus Zucker. Darüber hinaus hatte Hadenfeldt einige wehrlose Exemplare mit Kokosraspeln verspachtelt. Ty fragte sich, ob er die als Waffe bei ihrem nächsten Einsatz nutzen wollte. Es erschien sehr wahrscheinlich, dass ein Opfer, wenn es erst einmal einen solchen Terrorkeks in seinen nichtsahnenden Mund gestopft bekommen hatte, am unweigerlich eingeatmeten Kokosstaub ersticken würde.
Die Ofentür knallte und McLendon verkündete triumphierend: „Das war das letzte Blech!”
„Wird auch Zeit“, murmelte Ty.
„Und, gefällt’s dir?“, fragte Pascuzzo beflissen. „Auf einige haben wir sogar Gummibären gemacht.“
„Wunderschön.“ McLendon nahm ein Plätzchen, das zu gleichen Teilen aus Teig und Streuseln bestand und bewunderte es von allen Seiten, ehe er die Hälfte abbiss. „Mmh, großartig! Nimm eins, Ty!“
„Wenn ich das mache, sterbe ich morgen an Diabetes“, grunzte der.
„Wir werden alle früher oder später sterben“, meinte Pascuzzo philosophisch und nahm sich ein Plätzchen, das einmal ein Flugzeug oder Messer gewesen sein mochte. „Ho, sieht das nicht aus wie ein Mistelzweig?“
„Nein.“ Ty verschränkte seine Arme vor der Brust und starrte finster auf das verstümmelte Plätzchen. „Iss das verdammte Ding einfach.“
„Du weißt, was passiert wenn du unter einem Mistelzweig stehst.“ Das letzte Wort ging in einem betrunkenen Schluckauf unter. Seine glasigen Augen maßen Ty’s abwehrende Haltung, doch dann zuckte er mit den Schultern. „Komm her, Johnny Boy. Froooohe Weihnachten!“
Ty wurde blass, als Pascuzzo McLendon einen großen und sehr feuchten Knutscher auf die Wange verpasste. Der Pilot grinste und war deswegen offensichtlich kein bisschen beunruhigt.
„John geschafft, Black muss noch.“ Pascuzzo stolzierte heran und legte beide Arme um Tys Hals. „Süß, wie nervös du bist. Muss scheiße sein als Albino. Man weiß immer, wenn du verlegen bist.”
„Ich bin kein Albinommmph!“ Für eine schreckliche Sekunde fühlte Ty die fremden Lippen gegen seine eigenen
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