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Castello Christo

Titel: Castello Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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etliche davon sogar exkommunizieren. Und obwohl es ihm seinerzeit gelungen war, mithilfe weniger Getreuer die schlimmsten Dinge zu vertuschen, hatten antiklerikale Medien dennoch die Gunst der Stunde genutzt, um mit dem wenigen, was sie wussten, eine regelrechte Hetzkampagne gegen die katholische Kirche zu entfachen, die eine Welle von Kirchenaustritten ausgelöst hatte. Er hatte eine schwere Bürde übernommen, dieser Papst, und man sah es ihm an.
    Siegfried Kardinal Voigt war in diesen schweren Jahren zu seinem engsten Vertrauten geworden. Und das, obwohl er – wie der Gründer und auch die späteren Führer dieser Bruderschaft   – Deutscher war. In Momenten wie diesen, wenn die Kirche wieder einmal von der unseligen Vergangenheit eingeholt zu werden schien, tat ihm der müde alte Mann im weißen Papstgewand unendlich leid.
    »Denken Sie, er ist für diese Aufgabe bereit?«, brachder Heilige Vater mit zitternder Stimme schließlich das Schweigen.
    Kardinal Voigt zog die Schultern hoch. »Ich weiß es nicht, Eure Heiligkeit, ich habe noch nicht persönlich mit ihm gesprochen. Er lebt nun schon seit vier Jahren in dem Kloster und hat es während der ganzen Zeit kein einziges Mal verlassen. Wie mir der Abt versichert hat, weiß keiner seiner Mönche, wer dieser Mann wirklich ist, der sich seither Matthias nennt. Er führt ein sehr in sich gekehrtes, frommes Leben und hat sich mit Leib und Seele dem Studium obskurer Bruderschaften, Geheimbünde und Logen verschrieben. Sein Wissen darum muss inzwischen immens sein. Ich werde jedenfalls noch heute nach Sizilien fliegen, um zu sehen, ob er mittlerweile psychisch so gefestigt ist, dass wir es wagen können.« Er machte eine kurze Pause und seufzte. »Aber im Grunde bleibt uns und ihm eigentlich keine Wahl. Sie wissen, wie damals die Bedingungen lauteten: Die italienische Justiz hat das Recht, ihn zurate zu ziehen, wann immer es um die Aufklärung von Verbrechen geht, hinter denen eine religiöse Organisation stecken könnte.«
    Die schon etwas trüben Augen des Papstes flackerten jetzt vor Angst. »Glauben Sie, das ist hier der Fall? Müssen wir uns Sorgen machen, Kardinal?... Nach dem Albtraum vor vier Jahren . . .«
    »Ich hoffe nicht, Eure Heiligkeit. Aber lassen Sie mich zuerst mit
ihm
sprechen. Heute Abend bin ich wieder zurück und kann Ihnen berichten.«
    Der Heilige Vater nickte mit kummervollem Gesicht und machte über dem Kardinalpräfekten das Kreuzzeichen.
     
    Als er den Apostolischen Palast verließ, beschloss Voigt, trotz des schlechten Wetters einen Spaziergang durch die Vatikanischen Gärten zu machen. Er brauchte frische Luft. Die letzte Stunde hatte ihm mit ungeheurer Gewalt die schrecklichen Ereignisse vier Jahre zuvor in Erinnerung gerufen, und er sah sich wieder mit Bischof Corsetti in dessen Büro vor einem Stapel Tagebücher sitzen.

Rom. Questura, Via San Vitale 15
    8
    »Was soll diese Geheimniskrämerei, Francesco? Warum wolltest du mir am Telefon nicht sagen, was es mit dem neuen Fall auf sich hat?«
    Francesco Tissone blickte von seinem Computermonitor auf. Wie unglaublich müde er aussieht, dachte er kurz, als er seinen Vorgesetzten auf sich zustürmen sah, und deutete auf den im rechten Winkel zum Schreibtisch stehenden Besucherstuhl.
    »Erst einmal
buongiorno,
Daniele.«
    »
Buongiorno.
Ich hoffe, du hattest einen schönen Urlaub«, grummelte Varotto, während er sich auf den Stuhl fallen ließ. »Ich möchte wissen, wie freundlich du noch wärst, wenn du vier Tage kreuz und quer durch Rom gehetzt wärst und jede Nacht höchstens eine Mütze voll Schlaf abbekommen hättest, weil man dich im Morgengrauen schon wieder mit der nächsten Hiobsbotschaft geweckt hat.«
    Tissone verzog das schmale Gesicht mit der ausgeprägt römischen Nase zu einem breiten Grinsen. »Bestimmt freundlicher, denn ich bin gut zehn Jahre jünger als du und kann bedeutend mehr wegstecken.« Noch während er dieletzten Worte sprach, bereute er sie auch schon. Schnell fügte er hinzu: »Entschuldige bitte, Daniele, das war gedankenlos von mir. Ich weiß ja, dass du . . .«
    »Das gehört nicht hierher«, fiel Varotto ihm barsch ins Wort. »Also, was ist passiert?«
    Tissone zog ein Blatt aus seiner Schreibtischschublade und legte es vor Varotto auf den Tisch, auf dem kein Krümel zu sehen war. Varotto hasste Tissones Ordnungswahn, aber er kannte seinen Kollegen lange genug, um zu wissen, dass dagegen kein Kraut gewachsen war. Er beugte sich über den Computerausdruck.

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