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Castello Christo

Titel: Castello Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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einmal besser würde, dass die Wunden verheilten, die jener fatale Tag vor zehn Monaten in seine Seele gebrannt hatte. Erschöpft schloss er die Augen, und die Bilder liefen wieder wie ein Film vor ihm ab.
    Francesca. Das Dorf seiner Eltern, wo sie die Weihnachtsferien verbringen. Der Spaziergang mit seiner wunderbaren, einzigartigen Frau
...
Lachend und eng umschlungen schlendern sie den schmalen Weg zwischen den Feldern entlang, bleiben alle paar Schritte stehen, küssen sich, reiben die Nasen zärtlich aneinander, sehen sich tief in die Augen. Trunken vor Glück merken sie nicht, dass sich am Himmel dunkle Gewitterwolken auftürmen, bis die ersten Regentropfen fallen. Hand in Hand laufen sie los, doch lachen sie noch immer, es macht ihnen nichts aus, nass zu werden.
    Hinter einem Feld entdecken sie ein halb verfallenes Haus. Sie sehen sich nur kurz an, sie brauchen keine Worte. Die Grundmauern stehen noch, und auf dem verfaulten Gebälk liegen auch noch ein paar Ziegel, aber der immer stärker werdende Regen prasselt zwischen den Lücken hindurch, so dass Francesca einen Freudenschrei ausstößt, als sie am Boden eine geöffnete Luke entdeckt. Eine halbwegs stabil erscheinende Leiter führt nach unten. Er zögert, es ist viel zu gefährlich, doch Francesca ist im Nu unten. »Komm schon« , ruft sie ihm zu. »Hier ist es trocken. Komm und sieh, was ich für dich habe, mein Geliebter.« Er steigt die Leiter hinunter. Der Keller ist nicht besonders groß, unverputzt und ohne festen Boden. Es riecht erdig hier unten, ursprünglich. Im schwachen Licht, das durch die Luke herabfällt, sieht er Francesca, die an der sandigen Wand lehnt, vor sich einen Haufen nasser Kleider. Sie ist nackt. Sie ist wunderschön. Sand ist von der Wand auf ihre weißen Schultern gerieselt, und Francesca verreibt ihn nun langsam auf ihren kleinen Brüsten, wo er dunkle Streifen hinterlässt, und sieht ihn dabei an. Er spürt ein Ziehen in seinen Lenden, ein Verlangen nach ihrem Körper, das ihn fast den Verstand verlieren lässt. Er
geht auf sie zu, sie küssen sich. Doch Francesca will mehr, sanft drückt sie ihn zu Boden. Flugs ist sie auf ihm, beginnt, sich mit schaukelnden Bewegungen an ihm zu reiben, stöhnt auf, als er in sie eindringt. Übergangslos wird aus dem zarten Wesen eine leidenschaftlich fordernde, ihre Lust herausschreiende Frau.
    Sie vergessen, wo sie sind, geben sich ganz ihrer Leidenschaft hin. Bis ein gewaltiger Donner das Gemäuer erschüttert. Fast im gleichen Moment, in dem er den ohrenbetäubenden Donnerschlag vernimmt, bricht die Hölle über sie herein, Staub und Schutt prasseln auf sie herab, ihm schwinden die Sinne.
    Als er wieder zu sich kommt, ist es stockfinster um ihn herum. Das Atmen fällt ihm schwer. Er kann sich nicht bewegen, spürt starke Schmerzen am ganzen Körper, keucht unter der Last, die auf ihm liegt. Etwas kitzelt sein Gesicht. Er braucht lange, bis ihm klar wird, dass es die Haare seiner Frau sind. Er flüstert ihren Namen, ruft ihn immer lauter, immer verzweifelter, versucht, eine Hand freizubekommen, ohne Erfolg.
    Es dauert eine Ewigkeit, bis er sich eingesteht, dass Francesca tot ist. Eine Ewigkeit, bis man sie findet. 24   Stunden ist er in dem eingestürzten alten Haus begraben. 24   Stunden liegt seine tote, nackte Frau auf ihm. 24   Stunden, in denen er sein Gottvertrauen verliert.
    Gewaltsam öffnete Varotto die Augen. Über seine Wangen zogen sich feuchte Spuren. Heftig schüttelte er den Kopf, um die schrecklichen Bilder zu vertreiben.
    Kurz darauf rannte er zum Aufzug, um sich oben im Supermarkt ein Sandwich zu kaufen, und fädelte sich fünfzehn Minuten später in den dichten Verkehr ein. Seine Gedanken kreisten nun wieder um die Morde.

Vatikan. Apostolischer Palast
    7
    Mit sorgenvollem Gesicht sah Seine Heiligkeit Papst Alexander IX. den Präfekten der Glaubenskongregation lange wortlos an, wie er es oft tat, wenn sie sich trafen.
    Als vier Jahre zuvor der damalige Kardinalpräfekt der Kongregation für die Bischöfe, Massimo Kardinal Ferdone, als Papst aus dem denkwürdigsten Konklave der Kirchengeschichte hervorgegangen war, hatte er die Führung einer Kirche übernommen, die aufgrund der jahrzehntelangen Machenschaften einer geheimen Bruderschaft vor dem Abgrund stand. Papst Alexander IX., wie er sich fortan nannte, musste Hunderte von Sektenmitgliedern, von denen manche bis in die höchsten Ebenen der Römischen Kurie vorgedrungen waren, aus ihren Kirchenämtern entfernen,

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