Cato 01 - Im Zeichen des Adlers
reibungslose Gelingen des Feldzugs teilen können. Aber Befehl war Befehl, und Plautius wollte, dass die Zweite Legion bei Anbruch des nächsten Tages ausrückte. Vespasian konnte bloß hoffen, dass sich der General des Risikos bewusst war.
Aus den letzten Kundschaftermeldungen ging hervor, dass die Straßen zur westlich gelegenen Front frei waren und dass man die Gegend im Süden bis zu den Sümpfen abgesucht hatte – die, wie die britischen Emigranten ihm versichert hatten, für eine Streitmacht jedweder Größe unpassierbar waren, da die Straßen seit vielen Jahren vernachlässigt wurden und vom Moor weitgehend verschluckt worden waren. Somit blieb noch das bewaldete Gebiet im Norden der Marschstrecke übrig; eine wogende Masse aus Bäumen und Dickichten, durchschnitten von zahlreichen, nur den Einheimischen bekannten Straßen. Sollte es zu einem Angriff kommen, dann war er aus dieser Himmelsrichtung zu erwarten.
Als Macro und seine Männer den stinkenden Torf von der Ladefläche des Wagens geräumt hatten, versank die Sonne bereits im wogenden Nebel. Die Männer waren dreckverkrustet und standen bis zur Hüfte im Morast, aber sie hatten die Truhe endlich gefunden. Als sie vom Dreck befreit war, untersuchte Macro die schwere, mit Eisenbändern eingefasste Holztruhe. Das Holz war zwar fleckig und feucht, doch ansonsten war die Truhe in bemerkenswert gutem Zustand und noch immer mit einem schweren Vorhängeschloss gesichert. Jetzt, da sie den Lohn all ihrer Mühen vor Augen hatten, teilten die Soldaten seine Erregung und halfen bereitwillig, die Truhe auf festeren Boden zu ziehen. Sie war schwerer als erwartet und wäre mehrmals beinahe im Morast versunken, bis es ihnen gelang, sie auf die Grasböschung am Wegrand zu wuchten.
»Na schön, Männer, wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir müssen sie auf den Wagen laden und zur Legion zurückmarschieren. «
Cato sah zum Himmel auf. »Es wird bald dunkel. Vor Einbruch der Dunkelheit schaffen wir es nicht mehr zurück, Herr.«
»Nein. Aber zumindest kommen wir hier weg.« Macro packte einen der Eisengriffe. »Auf geht’s! Bringen wir’s hinter uns.«
Die zwölf Männer schleppten die Truhe die Böschung hinauf. Unter lautem Geschnaufe und mit einer schier übermenschlichen Kraftanstrengung wuchteten sie die Truhe auf die laut knarrende Ladefläche. Anschließend lehnten sich die Männer an den Wagen und schnappten nach Luft. Cato zitterte am ganzen Leib; so müde war er noch nie gewesen. In Armen und Beinen hatte er fürchterliche Muskelschmerzen, und von der anstrengenden Arbeit der letzten Stunden war ihm übel. Als er die Gesichter der anderen Männer musterte, wurde ihm klar, dass sie alle am Ende ihrer Kräfte waren. Allenfalls könnten sie den Wagen bis zum Einbruch der Nacht aus dem Moor herausschaffen, aber mehr war nicht drin.
Macro legte die Arme auf die Truhe. Trotz seiner Erschöpfung schwelgte er im Hochgefühl des Erfolgs. Wenn er die Truhe erst einmal an den Legaten übergeben hatte, konnte er sicher sein, dass er zumindest einen einflussreichen Freund besaß, der ihm den Weg zu weiteren Beförderungen ebnen würde. Er hatte den Gipfel einer Laufbahn erreicht, die allein auf Tüchtigkeit gründete. Das weitere Vorankommen würde von einer Mischung aus Gerissenheit, Intelligenz und persönlichen Beziehungen abhängen. Macro kannte sich gut genug, um zu wissen, dass die ersten beiden Eigenschaften bei ihm nicht besonders stark ausgeprägt waren; die dritte Bedingung hatte er soeben erfüllt. Er tätschelte liebevoll die Truhe.
»Gut gemacht, Zenturio!«, erscholl eine Stimme aus der Düsternis des Nebels und der Abenddämmerung.
Macro fuhr herum und senkte die Hand zum Schwertknauf. Die anderen Männer sprangen eilends auf, einige hatten das Schwert bereits gezogen.
Ein verschwommener Schemen trat aus dem Nebel hervor und nahm die Gestalt eines römischen Stabsoffiziers an – Tribun Vitellius. Hinter ihm tauchten weitere Gestalten auf, Männer in syrischen Gewändern, die Pferde nachführten. Mit einem jähen Schauder erkannte Cato sie wieder. Langsam zog er das Schwert. Und da war auch Pulcher; er führte das Pferd des Tribuns am Zügel.
Vitellius blieb zehn Schritte vor dem Wagen stehen.
»Ich nehme an, das ist die Truhe, die ihr finden solltet?«
Macro erholte sich nur langsam von dem Schock. Er runzelte misstrauisch die Stirn, gab jedoch keine Antwort.
»Nun, Zenturio? Ist das die Truhe?«
»Ja, Herr. Aber was …«
»Du hast deine
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