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Cato 01 - Im Zeichen des Adlers

Titel: Cato 01 - Im Zeichen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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und fragte sich wieder einmal, ob er sich damals wie ein richtiger Soldat verhalten hatte. Ein richtiger Soldat hätte den Mann auf der Stelle niedergestreckt und sich die Flasche genommen. Die Vernunft hingegen sagte ihm, dass man wie ein gemauertes Scheißhaus gebaut sein musste, um es mit dem kräftigen Pulcher aufzunehmen, der Hände wie Schaufeln hatte. Als hätte er seine Gedanken gelesen, hatte Pulcher geknurrt, worauf Cato unwillkürlich einen Schritt zurückgetreten war, was alle zum Lachen brachte. Er hatte geglüht vor Scham, sich aber gleichwohl gesagt, dass es im Grunde nur vernünftig und angemessen sei, überlegenen Kräften zu weichen. Ein freundlicher Soldat aus der Eskorte hatte die Flasche an sich genommen und sie Cato lachend zugeworfen. Pulcher spie in seine Richtung aus, dann trieb ihn der Soldat mit dem Speerschaft in die Reihe zurück.
    »Wir sehen uns im Lager wieder, Kleiner!«, knurrte Pulcher und hob die Ketten. »Sobald ich die los bin.«
    Seit ihrer Ankunft in der Festung waren die Rekruten beschäftigt gewesen, und Cato hoffte, dass Pulcher ihn vergessen hatte. Er hatte sich von dem Mann nach Möglichkeit ferngehalten, war sogar seinem Blick ausgewichen und hatte sich bemüht, unsichtbar zu werden. Jetzt war er zu den Unterkünften zurückgekehrt, anstatt die Freizeit bei den anderen Rekruten zu verbringen. Dabei war ihm klar, dass er unbedingt Freunde gewinnen musste. Aber wie? Und wer kam in Frage? Die anderen hatten sich auf dem Herweg in kleinen Grüppchen zusammengeschlossen – während er den verdammten Vergil gelesen hatte, wie er sich verärgert in Erinnerung rief. Was hätte er dafür gegeben, den Marsch mit seinem jetzigen Wissen noch einmal von vorn beginnen zu können!
    Er war allein, weit entfernt von seinen römischen Freunden. Das Elend überwältigte ihn, und Catos Augen brannten vor Tränen. Er drehte sich zur Wand und barg das Gesicht am rauen Bezug der Strohmatratze. Seine Schulter bebte, und auf einmal war er wütend, wütend auf sich selbst, weil er nicht Manns genug war, die Tränen zu unterdrücken, und weil er in keiner Weise auf dies alles vorbereitet war. All seine blasierten Griechischlehrer und ihre dämliche Bewunderung für erlesene Rhetorik und Poesie – was nützten sie ihm hier? Wie sollte ihn die Poesie vor dem Zenturio Bestia, diesem Tier, schützen? In diesem Moment hätte er seine ganze Bildung für einen einzigen Freund hergegeben.
    Pyrax hielt mit Nähen inne und sah auf, die Nadel über dem Gewand in der Schwebe. Er hatte gehört, wie der Junge sich umgedreht hatte, und machte sich den richtigen Reim auf sein unterdrücktes Schniefen. Pyrax schüttelte betrübt den Kopf. Die meisten Rekruten waren abgehärtet und alt genug, um die Ausbildung zu verkraften. Aber es gab auch Jungen wie diesen, die in der Armee eigentlich nichts verloren hatten. Die Armee konnte sie zum Mann machen, wie einige Soldaten meinten, sie aber ebenso gut auch umbringen.
    Der Junge schluchzte erneut auf, das Gesicht an die Matratze gedrückt.
    »He!«, sagte Pyrax grob. »Könntest du mal damit aufhören? Ich versuche mich hier zu konzentrieren.«
    Cato regte sich. »Tut mir Leid. Ich glaube, ich habe mich erkältet.«
    »Ja.« Pyrax nickte. »Klar. Bei dem Wetter kein Wunder.« Cato rieb sein Gesicht an der Ecke der rauen Militärdecke, trocknete seine Tränen und tat so, als schneuze er sich die Nase. »So.«
    »Besser?«
    »Ja, danke«, antwortete Cato, froh darüber, dass jemand Interesse an ihm zeigte. Sogleich machte er sich jedoch Sorgen, er könnte jetzt, da er Gelegenheit hatte, sich mit Pyrax allein zu unterhalten, gleich wieder gestört werden. »Wo sind die anderen?«
    »Würfeln in der Messe. Ich geh auch rüber, sobald ich hiermit fertig bin. Willst du mitkommen und die Burschen mal kennen lernen?«
    »Nein, danke. Ich brauche Schlaf.«
    »Wie du meinst.«
    »Sag mal« – Cato wandte sich plötzlich herum und stützte sich auf einen Ellbogen auf –, »ist Zenturio Bestia wirklich so ein Schwein, wie es den Anschein hat?«
    »Was meinst du wohl, woher er seinen Namen hat? Aber nimm’s dir nicht zu Herzen, der behandelt alle Rekruten so.«
    »Mag sein«, meinte Cato skeptisch, »aber auf mich scheint er es besonders abgesehen zu haben.«
    »Was hast du denn erwartet?«, fragte Pyrax mit zusammengebissenen Zähnen, während er einen Knoten zuzog und das Fadenende abschnitt. »Du bist gerade mal einen Tag hier und wurdest schon in einen Rang befördert, auf

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