Cato 05 - Beute des Adlers
Ich habe nur ein paar Mal mit ihm gesprochen.«
»Wird er den Kampf fortsetzen?«
Cato nickte. »Ja, Herr, das ganz bestimmt. Männer seines Schlages geben niemals auf. Lieber würde er sterben.«
»Also ist es doch noch nicht vorbei.« Vespasian schüttelte niedergeschlagen den Kopf. »Nach allem, was hier geschehen ist, dachte ich … «
Er beendete den Satz nicht, sondern wandte sich mit erschöpfter Miene ab. Der Legat ging langsam zum Bug des Schiffes und lehnte sich an die Reling. Macro und Cato sahen ihm einen Augenblick lang zu.
»Er lässt sich einfach nicht unterkriegen. Das muss man Caratacus lassen«, sagte Macro.
Cato nickte stumm. »Immerhin war er so nett, sich erst dann aus dem Staub zu machen, nachdem wir den Ruhm für seine Gefangennahme kassiert haben«, sagte er leise.
Macro sah ihn mit großen Augen an. Dann verfiel er in dröhnendes Gelächter und klopfte seinem Freund auf die Schulter. Cato verzog das Gesicht.
Nun, da der letzte Passagier an Bord war, gab der Kapitän den Befehl zum Ablegen. Zwei lange Ruder wurden zu beiden Seiten zu Wasser gelassen. Die Mannschaft legte sich in die Riemen und beförderte das Schiff langsam aus dem Kanal. Sobald die Ajax genügend Abstand zu den anderen Schiffen hatte, wurden die Ruder eingezogen und die Segel gehisst. Eine leichte Brise trug sie auf See hinaus, wo stärkerer Wind herrschte. Das Großsegel wölbte sich wie der Bauch eines dicken Mannes, und der Bug schaukelte im Wellengang des Ozeans. Cato und Macro gingen zum Heck, lehnten sich gegen die Reling und beobachteten, wie die Küste langsam verschwand und Britannien nur noch ein dunkler Fleck am Horizont war. Macro wurde langweilig, und er ging zum Hauptmast, um die Mannschaft für ein Würfelspiel zu begeistern.
Cato blieb an der Reling stehen und fragte sich, wieso es ihn so wehmütig machte, ein Land am Horizont verschwinden zu sehen, in dem er so viel gelitten hatte, so viele Verluste hinnehmen hatte müssen und in dem er mehr als genug Grausamkeit für ein Leben gesehen hatte. Eigentlich hätte er sich doch erleichtert fühlen müssen. Stattdessen verspürte er eine seltsame Leere in sich, als hätte er einen wichtigen Teil seiner selbst an jener Küste zurückgelassen. Einen Augenblick später hob sich der Bug des Schiffes, und Cato erhaschte einen letzten Blick auf die entfernte Küste. Dann folgte die Ajax der Dünung, und Britannien entschwand für immer seinem Blick.
Ein wenig später bemerkte Cato, dass jemand neben ihm stand, und drehte sich um. Macro starrte in das schaumige Kielwasser. »Auf diesem verfluchten Schiff will niemand mit einem Centurio spielen.«
»Da kann ich ihnen keinen Vorwurf machen.« Cato grinste.
»Willst du vielleicht … «
»Nein.«
»Ach ja, richtig.« Macro konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. »Was bläst du hier Trübsal?«
Cato sah seinen Freund einen Moment lang an. Tatsächlich hatte er über die Zukunft nachgedacht. Was nun mit ihnen geschehen würde, da sie nicht mehr zur Zweiten Legion gehörten. Der Legat hatte versprochen, nach ihrer Rückkehr nach Rom ein gutes Wort für sie einzulegen. Er würde seinen Einfluss spielen lassen, um sie einer neuen Legion zuzuteilen. Was natürlich von den gerade zu besetzenden Posten abhängig war. Momentan befanden sich nur die britischen Verbände im Krieg, daher würde der Bedarf an Centurionen im übrigen Imperium überschaubar sein. Cato war nicht gerade begeistert von der Aussicht, monatelang in Gesellschaft eines zusehends unruhiger werdenden Macro in Rom Däumchen zu drehen. Er hoffte, dass der neue Posten seinem Freund die Gelegenheit bieten würde, seine soldatischen Fähigkeiten zum Tragen kommen zu lassen – und zwar bevor er den Verstand verlor.
Cato lächelte. »Nein, ich habe nur nachgedacht.«
»Worüber?«
»Was jetzt passiert. Schlimmer als in den letzten zwei Jahren kann es ja nicht kommen.«
»Meinst du?« Macro schniefte. »Glaub mir, es gibt weit ungemütlichere Orte. Und bei unserem Glück werden wir genau dorthin versetzt.«
Cato drehte sich um. Sein Blick folgte dem Kielwasser der Ajax , bis er auf den Horizont gerichtet war.
»Ob wir Britannien jemals wiedersehen?«
Macro zuckte mit den breiten Schultern. »Wenn ich ehrlich sein soll, mein Freund – genau das befürchte ich.«
NACHBEMERKUNG DES AUTORS
O bwohl Caratacus und seine Krieger bereits ein Jahr nach der römischen Invasion den Legionen auf dem Schlachtfeld unterlagen, setzte der unbezähmbare
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