Cato 05 - Beute des Adlers
beiden Leibwächtern folgten der Straße, die zum gewaltigen Feldlager des Generals Plautius führte. Dort hatte man drei Legionen und zwei Dutzend Hilfstruppeneinheiten zusammengezogen – sie sollten zum vernichtenden Schlag gegen Caratacus und seine Armee aus der Handvoll britischer Stämme, die noch offen gegen Rom Widerstand leisteten, ausholen.
Der Decurio interessierte sich brennend dafür, was genau der Grieche mit dem General zu schaffen hatte. Im Morgengrauen hatte ihm der Präfekt der tungerischen Reiterkohorte befohlen, zusammen mit den besten Männern aus seiner Schwadron den Griechen zum General zu eskortieren. Er hatte gehorcht, ohne Fragen zu stellen. Doch jetzt regte sich seine Neugierde, und er warf dem Griechen verstohlen einen Blick zu.
Trotz des gewöhnlichen leichten Umhangs und der einfachen roten Tunika roch der Kerl förmlich nach Reichtum und Kultiviertheit. Seine Fingernägel waren sorgfältig manikürt, wie der Decurio mit Abscheu feststellte, und aus dem schütteren dunklen Haar und dem Bart wehte ihm der Hauch einer teuren Zitronenpomade entgegen. Obwohl der Grieche keine Ringe trug, verrieten doch weiße Stellen auf der Haut seiner Finger, dass er an prunkvollen Handschmuck gewöhnt war. Mit einem verächtlichen Gesichtsausdruck kam der Decurio zu dem Schluss, dass es sich bei ihm wohl um einen jener ehemaligen griechischen Sklaven handelte, die sich ins Herz der imperialen Bürokratie geschlichen hatten. Die Tatsache, dass sich dieser Mann gerade in Britannien befand und es noch dazu sehr offensichtlich darauf anlegte, möglichst nicht aufzufallen, ließ darauf schließen, dass die Botschaft, die er dem General überbringen sollte, so delikat war, um sie nicht den offiziellen Kurieren anvertrauen zu können.
Dann wanderte der Blick des Decurio langsam zu den beiden Leibwächtern, die direkt hinter ihrem Herrn ritten. Sie waren ebenfalls einfach gekleidet. Unter ihren Umhängen trugen sie Kurzschwerter in militärischen Trageriemen. Das waren keine ehemaligen Gladiatoren, wie sie die reichsten Männer Roms gerne als Leibwächter in den Dienst nahmen. Für den Decurio waren sowohl die Schwerter als auch ihre disziplinierte Haltung ein unverkennbares Zeichen, dass es sich bei ihnen um Prätorianer handelte, die vergeblich versuchten, unerkannt zu bleiben. Ein weiterer schlagender Beweis dafür, dass der Grieche in höchstem Auftrag hier war.
Der kaiserliche Beamte sah sich noch einmal um.
»Wartest du auf jemanden?«, fragte der Decurio.
Der Grieche versuchte, seine ängstliche Miene zu verbergen, und zwang sich zu einem kleinen Lächeln. »Und ich hoffe, dass dieser jemand nicht auftaucht.«
»Jemand, der uns Ärger machen könnte?«
Der Grieche starrte ihn einen Augenblick lang an und lächelte abermals. »Nein.«
Der Decurio wartete auf eine Erklärung, doch der Grieche wandte sich wortlos von ihm ab. Schulterzuckend biss der Decurio in seinen Apfel und ließ den Blick über die Umgebung schweifen. Im Süden schlängelte sich der Oberlauf der Tamesis durch die sanft gewellte Landschaft. Die Hügel waren von uralten Wäldern gekrönt, und in den Tälern lagen die verstreuten Siedlungen und Bauernhöfe der Dobunni, eines Stammes, der sich bereits kurz nach der Landung der römischen Truppen vor einem Jahr unterworfen hatte.
Ein schönes Fleckchen, um sich niederzulassen, dachte der Decurio. Sobald er seine fünfundzwanzigjährige Dienstzeit abgeleistet und die Bürgerrechte sowie eine kleine Abfindung erhalten hatte, würde er sich am Rande einer Veteranenkolonie ein kleines Gehöft kaufen, um dort friedlich seinen Lebensabend zu verbringen. Er könnte sogar die Einheimische heiraten, die er in Camulodunum kennengelernt hatte, ein paar Kinder zeugen und sich dem Suff ergeben.
Der schöne Tagtraum wurde jäh unterbrochen, als der Grieche sein Pferd plötzlich zügelte und den Weg hinabstarrte. Die braunen Augen unter den gezupften Brauen verengten sich. Mit einem Fluch hob der Decurio den Arm, um seine Männer anzuhalten, bevor er sich seinem besorgten Schützling zuwandte.
»Was ist jetzt?«
»Dort!« Der Grieche deutete mit dem Finger. »Sieh nur!«
Der Decurio drehte sich müde im Sattel um. Das Leder knarrte unter seiner Reithose. Einen Moment lang konnte er nichts erkennen. Doch als er den Blick zu der Stelle hob, wo der Weg zwischen den Hügeln verschwand, sah er die dunklen Silhouetten von Reitern, die aus den Schatten der Bäume ins Sonnenlicht stürmten. Sie
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