Cato 05 - Beute des Adlers
auf dem Boden. Die fünf Centurionen stellten sich aufrecht hin und nahmen die Schultern zurück.
»Guten Morgen, meine Herren. Alle Vorbereitungen sind getroffen, nehme ich an?«
»Ja, Herr, aber … «
Vespasian bemerkte das Zögern in Maximius ’ Stimme sofort. »Aber was?«
Macro beobachtete aus den Augenwinkeln, wie Centurio Maximius hilflos den Kopf senkte. »Herr, ich muss leider mitteilen, dass die Gefangenen entkommen sind.«
Einen Augenblick lang stand der Legat einfach da und legte die breite Stirn in Falten. Dann drehte das Pferd den Kopf, riss an den Zügeln, die er immer noch in der Hand hielt und brach so das eisige Schweigen.
»Entkommen? Wie viele?«
»Alle, Herr«, antwortete Maximius und verzog das Gesicht.
»Alle? Dummes Geschwätz, Centurio. Wie hätten denn alle auf einmal fliehen können? Sie standen doch unter Bewachung, oder?«
»Natürlich, Herr.«
»Also?«
»Die Wachen wurden offenbar von Komplizen der Gefangenen überrumpelt, Herr. Sie haben sie gefesselt, die Verurteilten befreit und sind dann durch eine Lücke im Festungswall entkommen.«
»Du hast doch sofort die Verfolgung aufnehmen lassen, nicht wahr?«
Maximius schüttelte schwach den Kopf. »Wir haben eben erst davon erfahren, Herr. Der Alarm wurde mit Sonnenaufgang gegeben.«
Der Legat ballte die Hand zur Faust, kniff fest die Augen zusammen und musste einen Augenblick lang die Wut unterdrücken, die bei dem Geständnis des Kohortenkommandanten in ihm aufstieg. »Glaubst du nicht, dass es angebracht wäre, ihnen auf der Stelle ein paar Männer hinterherzuschicken?«, fragte er schließlich.
»Jawohl, Herr. Sofort, Herr. Tullius, kümmere dich darum.«
Während der Centurio abtrat, um den entsprechenden Befehl zu geben, schnippte Vespasian mit den Fingern nach seinem Obertribun. Der Offizier sprang sofort aus dem Sattel und eilte herüber.
»Plinius, hat die Spähpatrouille irgendwelche ungewöhnlichen Vorkommnisse gemeldet?«
Tribun Plinius dachte nach, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, Herr. Nichts Ungewöhnliches.«
»Na schön. Reite zum Lager zurück und lass die Kundschafter wieder aufsitzen. Sie sollen das Gebiet südlich, westlich und östlich des Flusses absuchen. Wenn sie auf Deserteure stoßen, sollen sie sie unter allen Umständen lebend zurückbringen, damit sie ihre verdiente Strafe empfangen können. Wenn sie Widerstand leisten, sind sie allerdings sofort zu töten. Verstanden?«
»Ja, Herr.«
»Dann los. Mach schon.«
Der Tribun rannte zu seinem Pferd zurück, saß auf und riss an den Zügeln. Dann preschte er so schnell zum Hauptlager zurück, dass die Hufe des Tiers den Schlamm aufwirbelten und auf den Legaten und die Centurionen der Dritten Kohorte spritzen ließen. Macro zuckte zusammen, als ein Erdklumpen gegen seine Wange klatschte.
»Verzeiht, Herr.«
Macro fuhr zu dem Mann herum, den er abgestellt hatte, um die Männer im Kohortenlager zu zählen.
»Ja?«
»Es fehlt wirklich nur ein Mann, Herr. Optio Figulus. Alle anderen Legionäre und Sklaven sind im Lager.«
»Bist du sicher?« Macro hob die dunklen Augenbrauen.
»Ja, Herr. Und noch etwas. Wir haben die Helfer des Quartiermeisters gefesselt und geknebelt im Vorratszelt gefunden. Außerdem fehlen mehrere Waffen.«
»Aha. Nun gut. Abtreten.«
Macro warf Centurio Maximius einen bestürzten Blick zu.
»Was ist, Centurio Macro?«, fragte Vespasian. »Dürfen wir zur Liste der Missgeschicke des heutigen Morgens etwa ein weiteres hinzufügen?«
Macro nickte. »Ja, Herr. Wie es aussieht, ist wohl nur Figulus aus dem Lager desertiert. Die Wachposten behaupten jedoch, sie wären von zwei Männern überrumpelt worden. Dieser zweite Mann befindet sich vermutlich noch im Lager.«
»Dann findet ihn, und zwar schnell«, sagte Vespasian drohend. »Dafür wird General Plautius Köpfe rollen lassen. Und lieber den Kopf dieses Komplizen als den euren – da werdet ihr mir doch zustimmen, oder?«
Die Centurionen antworteten nicht, sondern starrten den Legaten nur mit müden, verzweifelten Mienen an. Hinter ihnen führte Tullius einen Trupp durch die Lücke in der Palisade. In vollem Ornat schlitterten sie recht unbeholfen in den Graben auf der anderen Seite und folgten den Spuren der Ausbrecher bis zur Ecke des Lagers.
Vespasian schüttelte den Kopf. »Die Lage ist mehr als bedauerlich, Centurio Maximius. Du hast nicht nur dich tief in die Scheiße geritten, nein, diese Scheiße wird auch an mir kleben bleiben. Schönen Dank.«
Darauf
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