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Cécile

Cécile

Titel: Cécile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Hand und sagte: »Setzen wir uns, vielleicht daß wir dann ruhigere Worte finden... Sie suchen es alles an der falschen Stelle. Nicht meine Haltung im Theater ist schuld und nicht mein Lachen oder mein Fächer, und am wenigsten der arme Geheimrat, der mich amüsiert, aber mir ungefährlich ist, ach, daß Sie wüßten, wie sehr. Nein, mein Freund, was schuld ist an Ihrer Eifersucht oder doch zum mindesten an der allem Herkömmlichen hohnsprechenden Form, in die Sie Ihre Eifersucht kleiden, das ist ein andres.
Sie
sind nicht eifersüchtig aus Eifersucht: Eifersucht ist etwas Verbindliches, Eifersucht schmeichelt uns,
Sie
aber sind eifersüchtig aus Überheblichkeit und Sittenrichterei. Da liegt es. Sie haben eines schönen Tages die Lebensgeschichte des armen Fräuleins von Zacha gehört, und diese Lebensgeschichte können Sie nicht mehr vergessen. Sie schweigen, und ich sehe daraus, daß ich's getroffen habe. Nun, diese Lebensgeschichte, so wenigstens glauben Sie, gibt Ihnen ein Anrecht auf einen freieren Ton, ein Anrecht auf Forderungen und Rücksichtslosigkeiten und hat Sie veranlaßt, an diesem Abend einen doppelten Einbruch zu versuchen:
jetzt
in meinen Salon und schon vorher in meine Loge... Nein, unterbrechen Sie mich nicht... ich will alles sagen, auch das Schlimmste. Nun denn, die Gesellschaft hat mich in den Bann getan, ich seh es und fühl es, und so leb ich denn von der Gnade derer, die meinem Hause die Ehre antun. Und jeden Tag kann diese Gnade zurückgezogen werden, selbst von Leuten wie Rossow und der Baronin. Ich habe nicht den Anspruch, den andre haben. Ich will ihn aber
wieder
haben, und als ich,
auch
ein unvergeßlicher Tag, heimlich und voll Entsetzen in das Haus schlich, wo der erschossene Dzialinski lag und mich mit seinen Totenaugen ansah, als ob er sagen wollte: ›Du bist schuld‹, da hab ich's mir in meine Seele hineingeschworen, nun, Sie wissen,
was
. Und ob ich in der Welt Eitelkeiten stecke, heut und immerdar,
eines
dank ich der neuen Lehre: das Gefühl der Pflicht. Und wo dies Gefühl ist, ist auch die Kraft. Und nun sprechen Sie; jetzt will ich hören. Aber sagen Sie mir Freundliches, das mich tröstet und versöhnt und mich wieder an Ihr gutes Herz und Ihre gute Gesinnung glauben macht und mir Ihr Bild wiederherstellt. Sprechen Sie ...«
    Gordon sah vor sich hin, und um seinen Mund war ein Zucken und Zittern, als ob die Worte, die sie so warm und wahr gesprochen, doch eines Eindrucks auf ihn nicht verfehlt hätten. Aber im selben Augenblicke trat das Bild wieder vor seine Seele, davon er, vor wenig Stunden erst, Zeuge gewesen war, und verletzt in seiner Eitelkeit, gequält von dem Gedanken, ein bloßes Spielzeug in Weiberhänden, ein Opfer alleralltäglichster List und Laune zu sein, fiel er in sein kaum beschwichtigtes Mißtrauen und, schlimmer, in den Ton bittren Spottes zurück.
    »Sie sind so beredt, Cécile«, sprach er vor sich hin. »Ich wußte nicht, daß Sie
so
gut zu sprechen verstehen.«
    »Und doch ist es nicht lange, seit ich Ihnen Ähnliches und mit gleicher Eindringlichkeit sagen mußte. Schlimm genug, daß mir Ihr Wiedererscheinen eine Wiederholung nicht ersparte. Was Sie Beredsamkeit nennen, nenn ich einfach ein Herz.«
    »Und ich habe diesem Herzen geglaubt!«
    »Sie
haben
ihm geglaubt. Also in diesem Augenblicke
nicht
mehr! Und was glauben Sie
jetzt
? Was glauben Sie
noch

    »Daß wir uns beide getäuscht haben... Wir bleiben unsrer Natur treu, das ist unsre einzige Treue...
Sie
gehören dem Augenblick an und wechseln mit ihm. Und wer den Augenblick hat...«
    Er brach ab, verbeugte sich und verließ das Zimmer, ohne weiter ein Wort des Abschieds oder der Versöhnung gesprochen zu haben. Im Vorzimmer schoß er, mit allen Zeichen äußerster Erregung, an Dörffel vorüber, der einen Augenblick später in den Salon eintrat.
    Als Cécile seiner ansichtig wurde, stürzte sie dem väterlichen Freund entgegen und beschwor ihn unter Tränen um seinen Beistand und seine Hülfe.

 
Siebenundzwanzigstes Kapitel
     
    Cécile kam spät zum Frühstück, und St. Arnaud, das Zeitungsblatt aus der Hand legend, sah auf den ersten Blick, daß sie wenig geschlafen und viel geweint hatte. Sie begrüßten sich und wechselten dann einige gleichgiltige Worte. Gleich danach nahm St. Arnaud die Zeitung wieder auf und schien lesen zu wollen. Aber er kam nicht weit, warf das Blatt fort und sagte, während er die Tasse beiseite schob: »Was ist das mit Gordon?«
    »Nichts.«
    »Nichts! Wenn

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