Celaenas Geschichte 1 - Throne of Glass: Roman (German Edition)
letzten zehn Tage auf See verbracht. Warum sollte ich auf dem unbequemen Stuhl da sitzen, wenn der hier viel mehr meinem Geschmack entspricht?«
Sam knurrte. Ehe er etwas sagen konnte, ging die Tür auf.
Sam erstarrte und Celaena nickte zur Begrüßung, als Captain Rolfe, der Piratenlord, sein Hauptquartier betrat.
»Ich freue mich, dass Ihr Euch wie zu Hause fühlt.« Der große, dunkelhaarige Mann schloss die Tür hinter sich. Riskante Entscheidung, wenn man bedachte, wen er vor sich hatte.
Celaena blieb sitzen. Er sah eindeutig nicht so aus, wie sie erwartet hatte. Es kam nicht so oft vor, dass sie überrascht war, aber … Sie hatte ihn sich ein bisschen ungepflegter vorgestellt – und viel auffälliger. Bei den Geschichten von Rolfes wilden Abenteuern, die sie gehört hatte, fiel es ihr schwer zu glauben, dass dieser Mann – schlank aber nicht drahtig, gut gekleidet, aber nicht übertrieben, und wahrscheinlich Ende zwanzig – der legendäre Pirat sein sollte. Vielleicht trug er gegenüber seinen Feinden ebenfalls eine Art Maske.
Sam stand auf und neigte leicht den Kopf. »Sam Cortland«, sagte er zur Begrüßung. Als Rolfe die Hand ausstreckte, fiel Celaenas Blick auf die tätowierte Handfläche und die Finger, die Sams breite Hand umschlossen. Die Landkarte – das war die legendäre Landkarte, für die er seine Seele verkauft hatte. Die Landkarte der Weltmeere, die er sich auf seine Hände hatte tätowieren lassen – die Landkarte, die lebendig war und Stürme, Feinde … und Schätze anzeigte.
Rolfe wandte sich Celaena zu. » Ihr müsst Euch vermutlich nicht vorstellen.«
»Nein.« Celaena lehnte sich tiefer in seinen Schreibtischsessel zurück. »Vermutlich nicht.«
Rolfe lachte in sich hinein und auf seinem sonnenverbrannten Gesicht breitete sich ein schiefes Grinsen aus. Er trat an das Schränkchen, was Celaena Gelegenheit bot, ihn genauer zu mustern: breite Schultern, hoch erhobener Kopf, eine lässige Sicherheit in seinen Bewegungen, die aus dem Wissen herrührte, dass er hier das Sagen hatte. Er trug auch kein Schwert. Noch eine riskante Entscheidung. Aber auch eine kluge, schließlich könnten sie seine Waffen leicht gegen ihn benutzen. »Brandy?«, fragte er.
»Nein danke«, erwiderte Sam. Celaena spürte Sams strengen Blick auf sich, mit dem er sie dazu bringen wollte, die Füße von Rolfes Schreibtisch zu nehmen.
»Und Ihr«, überlegte Rolfe, »könnt mit dieser Maske sowieso nichts trinken.« Er schenkte sich selbst Brandy ein und nahm einen großen Schluck. »Diese ganzen Kleider bringen Euch bestimmt ins Schwitzen.«
Celaena stellte die Füße auf den Boden und ließ die Hände am geschwungenen Rand des Schreibtischs entlanggleiten, bis ihre Arme ausgestreckt waren. »Das bin ich gewohnt.«
Rolfe trank noch einen Schluck und beobachtete sie über den Rand seines Glases hinweg. Seine Augen waren von einem auffälligen Grün, so hell wie das Meer wenige Querstraßen entfernt. Während er das Glas sinken ließ, näherte er sich dem Rand des Schreibtischs. »Ich weiß nicht, wie Ihr es im Norden handhabt, aber hier unten wissen wir gern, mit wem wir reden.«
Celaena reckte den Kopf. »Ihr habt es selbst gesagt, ich brauche mich nicht vorzustellen. Und was das Privileg angeht, mein wunderschönes Gesicht zu sehen – das ist nur wenigen Männern vorbehalten.«
Rolfes tätowierte Finger schlossen sich fester um sein Glas. »Räumt meinen Sessel.«
Augenblicklich spannte Sam sich an. Den Blick wieder auf RolfesSchreibtisch gerichtet, schnalzte Celaena mit der Zunge und schüttelte den Kopf. »Ihr müsst wirklich etwas tun, um dieses Chaos in den Griff zu bekommen.«
Sie spürte, wie der Pirat nach ihrer Schulter greifen wollte, und war auf den Beinen, noch bevor seine Finger die schwarze Wolle ihres Umhangs berühren konnten. Er war einen guten Kopf größer als sie. »Das würde ich an Eurer Stelle lieber nicht tun«, flötete sie.
Bei dieser Kampfansage leuchteten Rolfes Augen auf. »Ihr befindet Euch in meiner Stadt und auf meiner Insel.« Sie standen nur eine Handbreit voreinander. »Es steht Euch nicht zu, mir Anweisungen zu erteilen.«
Sam räusperte sich, aber Celaena starrte in Rolfes Gesicht hinauf. Dessen Augen durchforschten die Schwärze unter der Kapuze ihres Umhangs – die glatte schwarze Maske, die Schatten, die jede Spur ihrer Gesichtszüge schluckten. »Celaena«, warnte Sam und räusperte sich noch einmal.
»Na schön.« Mit einem lauten Seufzer ging
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