Century Love - Tödliches Fieber: Roman (German Edition)
aufgewacht bist.« Flavia blickte auf ihn hinunter und strich mit dem Finger über sein Kinn. Sethos schloss die Augen und dachte daran,wie kühl Livias Hand auf seinem Haar gelegen hatte. Er hörte einen leisen Seufzer und spürte warme Lippen auf seinen.
Flavia Natalis küsste ihn …
Er war völlig verblüfft, unfähig, sich zu rühren. Er hatte kaum die Kraft, den Kopf wegzudrehen. Sethos konnte sich nicht hinsetzen, geschweige denn davonlaufen. Er war völlig wehrlos, in ihrem Haus gefangen.
Sethos war Schwäche nicht gewohnt. Zugegeben, das war nicht die erste mächtige Frau, die ihn begehrte. Vor ihr hatte es viele andere gegeben, doch noch nie hatte ihn eine ohne seine Zustimmung geküsst. Obwohl er kein römischer Bürger war, war er nicht völlig rechtlos. Doch hier und jetzt entehrte ihn seine Machtlosigkeit.
Und plötzlich verstand er Livias flüchtigen Gesichtsausdruck von eben. Sie hatte ihn warnen wollen.
Als Flavia ihren Mund auf Seths Lippen drückte, schlug ihr Herz schneller. Sie hatte einiges riskiert, als sie ihren Mann bat, den Gladiator herbringen zu lassen, und es war gefährlich, dass sie sich so zu ihm hingezogen fühlte. Andererseits gingen viele römische Frauen neben ihrer Ehe eigene Wege und fanden stets eine Rechtfertigung für ihre Affären. Das würde ihr sicher auch gelingen. Schließlich traf auch ihr Mann andere Frauen. Allerdings wusste Flavia auch, dass für Männer andere Regeln galten als für ihre Ehefrauen.
In den achtzehn Jahren ihrer Ehe mit Domitus war sie nie wirklich in Versuchung gekommen, sich einen Seitensprung zu gönnen. Das lag nicht etwa daran, dass sie ihn liebte. Keineswegs. Er war dreißig Jahre älter als sie und von ihrem Vaterausgewählt worden, doch sie war stets der Meinung gewesen, dass sie zu viel zu verlieren hatte: eine schöne Villa mit vielen Sklaven sowie die Freiheit, zu kommen und zu gehen, wie es ihr gefiel. Ihr Mann schlug sie nicht und hatte sie nicht einmal verlassen, als sie sich als unfruchtbar erwies. Es gab vieles, wofür sie ihm dankbar war, und darüber hinaus war er oft unterwegs.
Und nun lag Sethos Leontis hier in ihrem Haus … so atemberaubend schön … und endlich wieder bei Bewusstsein …
»Herrin, der Arzt ist da.« Vibia stand an der Tür. Flavia warf ihr einen vernichtenden Blick zu und erhob sich rasch. Wie lange stand sie schon da? Was hatte sie gesehen? Was würde ihr Schweigen kosten?
Während ihr all diese Gedanken durch den Kopf gingen, betrat der Arzt den Raum. »Ah, Tychon, schön, dass du kommst!« Sie lächelte anmutig. »Unserem Patienten geht es heute Morgen sehr viel besser.«
Tychon nickte respektvoll und führte seine Helfer direkt zur Bettstatt, sodass Flavia nichts anderes übrig blieb, als sich würdevoll zurückzuziehen.
Seth seufzte erleichtert, doch bald merkte er, dass eine Folter durch eine andere ersetzt wurde.
Tychon nahm den Verband ab. Seths Schulter war noch immer entzündet und pochte von seinem verfrühten Versuch, sich hinzusetzen. Deshalb konnte er die Schmerzensschreie kaum unterdrücken, als der Arzt die blutverkrusteten Verbände löste. Als er endlich kühle Luft an seiner Schulter spürte, atmete er erleichtert auf. Es war vorbei.
Nun, nicht ganz. Überrascht öffnete er die Augen, als erden festen Griff der Arzthelfer an Armen und Beinen spürte. Was hatten sie vor?
Als das Feuerwasser dieses Mal in seine klaffende Schulterwunde gegossen wurde, musste er schreien, ob er wollte oder nicht. Er wand sich unter dem harten Griff der starken Männer, die ihn festhielten, während der Arzt ungerührt weiterarbeitete.
»Sethos Leontis, die Götter waren dir gnädig«, murmelte er zur Beruhigung, ehe er sich an seine Helfer wandte. »Das Fieber ist deutlich zurückgegangen. Das Gleiche gilt für die Hitze in seiner Schulter. Seht ihr, dass die dunkelrote Schwellung um die Wunde kleiner geworden ist? Die giftigen Säfte kommen langsam an die Oberfläche.« Zur Verdeutlichung dieser Erklärungen drückte Tychon absichtlich fest auf die entzündete Haut, um Eiter und Blut aus der Wunde zu holen. Sethos schrie und schrie.
»Selbstverständlich hat er sehr viel Blut verloren. Dennoch müssen wir verhindern, dass sich das Blut um die Wunde herum staut. Daher ist es Zeit für einen besonnenen Aderlass, der den Blutfluss erleichtern wird.«
Seth war in der Kaserne schon häufig Zeuge eines Aderlasses gewesen. Matthias schwor darauf. Doch Seth war weniger begeistert und biss vorsorglich die
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